Hinrichtungstermin festgelegt

Für eine Welt ohne Todesstrafe

Für eine Welt ohne Todesstrafe

Der Hinrichtungstermin des Malaysiers Kho Jabing ist auf den 20. Mai festgesetzt worden. Das Berufungsgericht von Singapur hatte am 5. April einstimmig ein Rechtsmittel, das Kho Jabing gegen sein Todesurteil eingelegt hatte, zurückgewiesen.

Appell an

PRÄSIDENT
His Excellency Tony Tan Keng Yam
Office of the President of the Republic of Singapore
Orchard Road
SINGAPUR 238823
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 65) 6735 3135
E-Mail: istana_feedback@istana.gov.sg

PREMIERMINISTER
His Excellency Lee Hsien Loong
Prime Minister's Office
Istana Annexe, Orchard Road
SINGAPUR 238823
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 65) 6332 8983
E-Mail: lee_hsien_loong@pmo.gov.sg

Sende eine Kopie an

AUSSENMINISTER VON MALAYSIA
His Excellency Dato’ Sri Anifah Aman
Ministry of Foreign Affairs of Malaysia
No. 1, Jalan Wisma Putra Precinct 2
Federal Government Administrative Centre 62602 Putrajuya
MALAYSIA
Fax: (00 603) 8889 1717
E-Mail: anifah@kln.gov.my

BOTSCHAFT DER REPUBLIK SINGAPUR
S. E. Herrn J Sohan Singh
Voßstraße 17
10117 Berlin
Fax: 030-2263 4375
E-Mail: singemb_ber@mfa.sg

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort, so dass sie noch vor dem 20. Mai 2016 eintreffen. Schreiben Sie in gutem Englisch, Mandarin, Malaiisch oder auf Deutsch.

Amnesty fordert:

FAXE, E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich möchte weder die von Kho Jabing begangene Tat entschuldigen noch das dadurch verursachte Leid verharmlosen. Ich weise Sie jedoch darauf hin, dass die Tötung nicht vorsätzlich geschah und dass es keine Belege dafür gibt, dass die Todesstrafe eine höhere Abschreckungswirkung hat als eine Haftstrafe.

  • Daher möchte ich Sie bitten, die Hinrichtung gegen Kho Jabing umgehend auszusetzen und die Entscheidung, sein Gnadengesuch abzulehnen, zu überdenken.

  • Bitte setzen Sie umgehend das offizielle Hinrichtungsmoratorium wieder in Kraft mit dem Ziel, die Todesstrafe ganz abzuschaffen, und wandeln Sie alle verhängten Todesurteile um.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Urging the President to immediately halt Kho Jabing's execution and reconsider the rejection of his clemency application.

  • Noting that, while not seeking to downplay the seriousness of the crime or its consequences, Kho Jabing did not intend to cause death, and there is no evidence that the death penalty deters crime more effectively than imprisonment.

  • Calling on the authorities to immediately re-impose an official moratorium on all executions with a view to abolishing the death penalty, and commute all existing death sentences.

Sachlage

Die Familie von Kho Jabing ist darüber in Kenntnis gesetzt worden, dass er am 20. Mai 2016 hingerichtet werden soll. Seine Angehörigen haben nun die Möglichkeit, ihn ein letztes Mal zu besuchen. Das Berufungsgericht hatte sein Rechtsmittel am 5. April abgewiesen und den vorübergehenden Hinrichtungsaufschub, den es am 5. November 2015 in seinem Fall gewährt hatte, aufgehoben.

Kho Jabing sowie ein weiterer Mitangeklagter waren am 30. Juli 2010 wegen Mordes für schuldig befunden worden. Zur Zeit seiner Verurteilung galt die zwingend vorgeschriebene Todesstrafe bei Morddelikten, sodass beide Männer zum Tode verurteilt wurden. Am 24. Mai 2011 wandelte das Berufungsgericht die Verurteilung des Mitangeklagten wegen Mordes in eine Verurteilung wegen "Raubüberfalls und Körperverletzung" um. Das Gericht erhielt jedoch das Todesurteil gegen Kho Jabing wegen Mordes aufrecht. 2012 wurde ein Gesetz verabschiedet, das die zwingend vorgeschriebene Todesstrafe, die unter bestimmten Umständen bei den Delikten Mord und Drogenhandel galt, abschaffte und in solchen Fällen einen bestimmten Ermessensspielraum einräumte.

Bei Tötungsdelikten gilt seit der Verabschiedung des neuen Gesetzes die zwingende Verhängung der Todesstrafe nur dann, wenn die Tat als vorsätzlich eingestuft wird. In anderen Fällen können Gerichte nach Ermessen entweder die Todesstrafe oder eine lebenslange Haftstrafe und zusätzliche Stockhiebe verhängen. Der Fall von Kho Jabing wurde zur Prüfung an das Hohe Gericht übergeben, welches das Urteil 2013 in eine lebenslange Haftstrafe und 24 Stockhiebe umwandelte. Die Staatsanwaltschaft legte jedoch Rechtsmittel gegen diese Entscheidung ein. Am 14. Januar 2015 entschied das Berufungsgericht mit drei zu zwei Stimmen, Kho Jabing erneut zum Tode zu verurteilen.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Am 18. Juli 2014 wurden in Singapur erstmals seit 2012 wieder zwei Hinrichtungen vollzogen. Zwei Männer waren wegen Drogenhandels schuldig gesprochen worden – ein Straftatbestand, der die Verhängung der Todesstrafe zwingend vorschrieb. Ihrer Hinrichtung war ein seit Juli 2012 bestehendes Moratorium für die Vollstreckung von Todesurteilen vorausgegangen, welches dem Parlament Zeit geben sollte, die strengen Todesstrafengesetze des Landes zu prüfen. Seitdem haben die Behörden in Singapur mindestens vier weitere Personen hingerichtet, drei von ihnen wegen Drogenhandels. 2015 wurden mindestens fünf neue obligatorische Todesurteile verhängt. In vier Fällen wurden die Angeklagten des Drogenhandels für schuldig befunden, in einem Fall des Mordes. Ende 2015 befanden sich in Singapur mindestens 23 Personen im Todestrakt.

Seit der Verabschiedung des überarbeiteten Drogengesetzes und des überarbeiteten Strafgesetzbuchs von 2012 am 14. November 2014 haben die Gerichte in Singapur die Möglichkeit, sich unter bestimmten Umständen gegen die Verhängung der Todesstrafe zu entscheiden. Im Falle von Tötungsdelikten kann von der Todesstrafe abgesehen werden, wenn unter Artikel 300(b) und 300(c) des Strafgesetzbuchs Anklage erhoben wurde und keine Tötungsabsicht vorlag. Aufgrund der neuen Gesetzeslage musste das Berufungsgericht von Singapur entscheiden, welche Strafe im Falle von Tötungsdelikten verhängt werden soll, bei denen sowohl auf die Todesstrafe als auch auf eine lebenslange Haftstrafe in Verbindung mit Stockhieben zurückgegriffen werden kann. Die fünf Richter_innen entschieden am 14. Januar 2015 einstimmig, dass sowohl im Fall von Kho Jabing als auch in allen zukünftigen Fällen die Todesstrafe dann verhängt werden soll, wenn der Tathergang auf "Bösartigkeit oder eine offenkundige Missachtung des menschlichen Lebens" schließen lässt. Die fünf Richter_innen waren sich zudem einig, dass die im Fall von Kho Jabing vorliegenden Beweise keine genaue Rekonstruktion des Tathergangs ermöglichen. Dennoch hatten sie unterschiedliche Ansichten darüber, ob zweifelsfrei bewiesen werden konnte, dass er dem Opfer mehr als zwei Schläge versetzt und somit eine "offenkundige Missachtung der Unantastbarkeit des menschlichen Lebens" an den Tag gelegt hatte. Drei der Richter_innen waren der Ansicht, dass die Handlungen von Kho Jabing mit der Todesstrafe geahndet werden müssen, zwei andere entschieden, dass keine ausreichenden Beweise vorlägen, um zu belegen, dass er das Opfer mehr als zweimal geschlagen hatte. In der Folge wurde er mit einer knappen Mehrheit von drei zu zwei Stimmen erneut zum Tode verurteilt.

Das Rechtsmittel, das die Rechtsbeistände von Kho Jabing im Vorfeld der ursprünglich auf den 5. November 2015 angesetzten Hinrichtung eingelegt hatten, wurde am 5. April 2016 einstimmig abgewiesen. Das Gericht bestätigte das Todesurteil und befand, dass die unterschiedlichen Auffassungen der Richter_innen kein Grund dafür sei, eine Entscheidung zu überprüfen, und dass eine einfache Mehrheit – auch in Todesstrafenfällen – ausreichend sei. Das Gericht setzte zudem neue Richtlinien fest, nach denen Rechtsmittel zur Überprüfung von Urteilen in Strafverfahren nur dann eingelegt werden können, wenn neue Beweise oder rechtliche Argumente vorliegen, die "verlässlich, substantiell und schlagkräftig" sein müssen, bzw. wenn es ein Justizirrtum vorliegen könnte. Dabei muss deutlich sein, dass die Möglichkeit besteht, dass eine Entscheidung falsch war und dass die Entscheidung des Gerichts von Betrug oder Rechtsbrüchen beeinflusst war. Das Gericht hat vorgeschlagen, das Parlament über die neuen Richtlinien beraten zu lassen, um zu regeln, wie mit Rechtsmitteln umzugehen ist, die nach einem Schuldspruch eingelegt werden.

Die zwingende Verhängung der Todesstrafe für bestimmte Delikte stellt einen Verstoß gegen das Völkerrecht dar. Der UN-Menschenrechtsausschuss hat erklärt, dass die zwingende Verhängung der Todesstrafe einen Verstoß gegen Artikel 6, Absatz 1 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte darstelle, wenn dabei die persönlichen Umstände oder die Umstände der betreffenden Straftat in keiner Weise Beachtung finden. Artikel 6, Absatz 1 besagt, dass niemand willkürlich seines Lebens beraubt werden darf.

Amnesty International betrachtet die Todesstrafe als die grausamste, unmenschlichste und erniedrigendste aller Strafen. Sie verstößt gegen das Recht auf Leben, das durch die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte garantiert wird. Amnesty International lehnt die Todesstrafe uneingeschränkt und in allen Fällen ab und unterstützt ein weltweites Moratorium für Hinrichtungen mit dem Ziel, die Todesstrafe ganz abzuschaffen, wie es seit 2007 in fünf Resolutionen der UN-Generalversammlung gefordert wird. Insgesamt haben sich bis heute 140 Staaten in Gesetz oder Praxis gegen die Todesstrafe entschieden. Im asiatisch-pazifischen Raum haben bisher 18 Länder die Todesstrafe vollständig abgeschafft, weitere zehn wenden sie in der Praxis nicht mehr an.