Aktuell Iran 07. September 2023

Iran: Javad Rouhi in Haft verstorben

Das Bild zeigt das Porträtbild eine Mannes

Der Iraner Javad Rouhi starb am 31. August 2023 in Gefangenschaft.

+++ Trigger-Warnung: Dieser Text enthält explizite Beschreibungen brutaler Foltermethoden. +++

Er demonstrierte für Gerechtigkeit und bezahlte dafür mit seinem Leben: Javad Rouhi nahm im September 2022 an den Protesten gegen die iranische Regierung teil. Er wurde gewaltsam festgenommen, in Haft gefoltert und in einem unfairen Verfahren zum Tode verurteilt. Nun ist Javad Rouhi in Gefangenschaft verstorben. Amnesty International hatte sich unter anderem mit Appell-Aktionen für seine Freilassung eingesetzt.

Am 31. August starb Javad Rouhi in Gefangenschaft. Die Behörden teilten mit, dass er kurz zuvor aus dem Gefängnis von Noshahr in der nordiranischen Provinz Mazandaran in ein Krankenhaus gebracht worden war. Nach allen Informationen, die Amnesty International vorliegen, litt er an keinen Vorerkrankungen, bevor er in Haft kam. Dort wurde er aber auf schlimmste Art gefoltert, um ihn zu "Geständnissen" zu zwingen: Schläge und Auspeitschungen, unter anderem auf die Fußsohlen, die besonders schmerzempfindlich sind, während er gefesselt war, und Elektroschocks mit Tasern. Man setzte ihn eisigen Temperaturen aus, legte 48 Stunden lang Eis auf seine Hoden und drohte mehrfach mit vorgehaltener Waffe, ihn zu erschießen. Das führte unter anderem zu Schulterverletzungen, Inkontinenz, Bewegungs- und Sprachstörungen. Eine angemessene ärztliche Behandlung wurde ihm jedoch verweigert.

Javad Rouhi war am 22. September 2022 während der Protestwelle verhaftet worden, die der gewaltsame Tod von Jina Mahsa Amini ausgelöst hatte. Im Dezember 2022 wurde er vor ein Revolutionsgericht gestellt. Wegen seiner Teilnahme an den Protesten und angeblichen Angriffen auf Polizisten wurde er der "Feindschaft zu Gott" und "Verdorbenheit auf Erden" und zusätzlich der "Apostasie" (Abkehr vom rechten Glauben) wegen der angeblichen Verbrennung eines Korans schuldig gesprochen und dreifach zum Tode verurteilt. Das Gerichtsverfahren war grob unfair. Das Urteil beruhte zum großen Teil auf seinen "Geständnissen" unter Folter, die er vor Gericht widerrief. Javad Rouhi durfte sich nicht von einem Rechtsbeistand seiner Wahl vertreten lassen, und der Prozess dauerte nur etwa eine Stunde.

Amnesty-Posting auf Instagram:

Instagram freischalten

Wir respektieren deine Privatsphäre und stellen deshalb ohne dein Einverständnis keine Verbindung zu Instagram her. Hier kannst du deine Einstellungen verwalten, um eine Verbindung zu den Social-Media-Kanälen herzustellen.
Datenschutzeinstellungen verwalten

Der Oberste Gerichtshof hob das Todesurteil im Mai 2023 auf und ordnete eine Neuverhandlung an. Bevor es aber dazu kam, war Javad Rouhi tot.

Amnesty International hat wiederholt belegt, wie Menschen in iranischen Gefängnissen wegen Folter und verweigerter ärztlicher Behandlung an Verletzungen und Krankheiten leiden und sterben. In einem Bericht vom April 2022 ("Im Wartezimmer des Todes") sind 96 Todesfälle zwischen 2010 und 2022 dokumentiert. Die Verweigerung angemessener medizinischer Versorgung ist eine bewusste Strategie, die in zahlreichen Fällen außergerichtlichen Hinrichtungen entsprechen könnte.

Amnesty International hat darüber hinaus vielfach die massive und gezielte Anwendung von Gewalt in iranischen Gefängnissen dokumentiert. Im August 2021 wurden Videoaufzeichnungen aus dem berüchtigten Evin Gefängnis geleakt, die diese Gewalt eindrücklich zeigen. Im März 2023 veröffentlichte Amnesty International eine Untersuchung, die belegt, dass auch Kinder und Jugendliche systematisch Opfer von Gewalt und Folter in den Gefängnissen werden und dass diese Gewalt von den Behörden bewusst angewandt wird, um den andauernden gesellschaftlichen Protest zu unterdrücken.

Die iranischen Behörden weigern sich durchgängig, Gewalt, Folter und Todesfälle in Haft angemessen zu untersuchen, ebenso wie die Gewaltanwendung und Tötungen bei der Niederschlagung der Proteste.

Amnesty International fordert, die Umstände des Todes von Javad Rouhi umfassend und unabhängig zu untersuchen und die Verantwortlichen in einem rechtsstaatlichen Prozess zur Verantwortung zu ziehen. Das systematische Versagen der Behörden und die seit Jahrzehnten andauernde Straflosigkeit in der Islamischen Republik Iran hat Amnesty International umfassend dokumentiert. Neben der Untersuchungskommission des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen kommt deshalb auch Staaten eine besondere Verantwortung zu, Verbrechen nach geltendem Völkerrecht im Rahmen der internationalen Rechtsprechung und dem Weltrechtsprinzip zu ahnden.

Weitere Artikel