Foltergefahr

Deng Xiaoming

Deng Xiaoming

Sieben Aktivist_innen, die sich für Arbeitsrechte in China einsetzen, droht aufgrund ihres Aktivismus eine 15-jährige Haftstrafe. Sie haben keinen Zugang zu ihren Rechtsbeiständen. Dadurch steigt die Gefahr, dass sie gefoltert oder anderweitig misshandelt werden. Offenbar stehen ihre Inhaftierungen mit einem systematischen Vorgehen der Behörden gegen Organisationen in Zusammenhang, die im Bereich der Arbeitsrechte in der südöstlichen Provinz Guangdong tätig sind. Dort eskalieren derzeit die Spannungen im industriellen Sektor.

Appell an

DIREKTOR DER HAFTEINRICHTUNG NR. 1 IN GUANGZHOU
Guangzhou City No. 1 Detention Centre
No. 9 Shigang Beijie

Chatou Guanghailu

Baiyunqu, Guangzhou
VOLKSREPUBLIK CHINA
(Anrede: Dear Director / Sehr geehrter Herr Direktor)

DIREKTOR DER HAFTEINRICHTUNG VON NANHAI
Nanhai District Detention Centre
Shishan Zhaoda Guanliqu
Foshan City
Guangdong province, 528225

VOLKSREPUBLIK CHINA
(Anrede: Dear Direktor / Sehr geehrter Herr Direktor)

Sende eine Kopie an

DIREKTOR DER BEHÖRDE FÜR ÖFFENTLICHE SICHERHEIT DER PROVINZ GUANGDONG
Li Chunsheng
Guangdong Provincial Public Security Department
No. 97 Huanghualu
Guangzhou City, Guangdong Province
VOLKSREPUBLIK CHINA
(Anrede: Dear Director / Sehr geehrter Herr Direktor)
E-Mail: xf@gdga.gov.cn oder info@gdga.gov.cn

BOTSCHAFT DER VOLKSREPUBLIK CHINA
S. E. Herrn Mingde Shi
Märkisches Ufer 54
10179 Berlin
Fax: 030-27 58 82 21
E-Mail: presse.botschaftchina@gmail.com

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Chinesisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 27. Januar 2016 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Bitte lassen Sie Zeng Feiyang, Zhu Xiaomei, He Xiaobo, Deng Xiaoming, Peng Jiayong, Meng Han und Tang Jian unverzüglich und bedingungslos frei.

  • Sorgen Sie bitte dafür, dass alle Inhaftierten bis zu ihrer Freilassung uneingeschränkten Zugang zu ihren Familien und Rechtsbeiständen erhalten und vor Folter und anderweitiger Misshandlung geschützt sind.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Demanding the authorities immediately and unconditionally release Zeng Feiyang, Zhu Xiaomei, He Xiaobo, Deng Xiaoming, Peng Jiayong, Meng Han and Tang Jian.

  • Pending their release, urging them to grant all the detainees regular, unrestricted access to their family and lawyers, and ensure they are not subjected to torture and other ill-treatment.

Sachlage

Am 4. Dezember wurden Zeng Feiyang, der Direktor der Arbeitnehmerorganisation Panyu Workers' Centre und einer der einflussreichsten Aktivisten für Arbeitsrechte, und die Aktivistin Zhu Xiaomei unter dem Vorwurf der "Versammlung einer Menschenmenge, mit dem Ziel die soziale Ordnung zu stören" inhaftiert. Sie befinden sich derzeit in der Hafteinrichtung Nr. 1 in Guangzhou. Die Aktivisten Deng Xiaoming, Peng Jiayong und Meng Han befindet sich ebenfalls in derselben Hafteinrichtung in Haft. Es ist jedoch nicht bekannt, wessen sie angeklagt sind. Der Arbeitsrechtsaktivist He Xiaobo wurde ebenfalls am 4. Dezember wegen mutmaßlicher Unterschlagung in der Hafteinrichtung des Stadtbezirks Nanhai in Foshan inhaftiert. Ein weiterer Aktivist, Tang Jian, befindet sich ebenfalls in Haft. Sein Verbleib und die gegen ihn erhobenen Anklagen sind jedoch unbekannt.

Die Behörden haben den Rechtsbeiständen der Aktivist_innen verweigert, ihre Mandant_innen zu treffen, mit der Begründung, dass sie unter Verdacht stehen, eine "Gefahr für die nationale Sicherheit" darzustellen. Dabei handelt es sich um einen schwerwiegenderen Anklagepunkt als die zuvor genannten, bei dem bei einem Schuldspruch bis zu 15 Jahre Haft drohen. Alle Inhaftierten müssen Zugang zu einem Rechtsbeistand erhalten, unabhängig davon, wie die Anklagen gegen sie lauten. Die Behörden können die Aktivist_innen maximal 37 Tage lang festhalten, bevor sie entscheiden müssen, ob offiziell Haftbefehl gegen sie ergehen soll und welche Anklagen gegen sie erhoben werden.

Die Aktivistin Zhu Xiaomei hat einen Antrag auf Freilassung gegen Kaution eingereicht, der jedoch am 13. Dezember abgelehnt wurde. Bis zu ihrer Inhaftierung hat sie ihre einjährige Tochter gestillt. 33 weitere Aktivist_innen wurden im Zuge des systematischen Vorgehens gegen Arbeitsrechtaktivist_innen verhört und anschließend wieder freigelassen, darunter auch He Minghui.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Die südöstlich gelegene Industrieprovinz Guangdong wird aufgrund der zahlreichen dort angesiedelten Produktionsstätten, aus denen die größten globalen Industriezweige wie die Textil-, Elektronik-, Verbrauchsgüter- und Spielzeugindustrie beliefert werden, auch "die Fabrik der Welt" genannt.

In den vergangenen Jahren hat China Rechtsvorschriften und Verordnungen zum Schutz der Rechte von Arbeitnehmer_innen eingeführt, deren Umsetzung jedoch nicht sehr weit fortgeschritten ist. Unabhängige Gewerkschaften sind verboten und die nationale Gewerkschaftsorganisation ACFTU (All-China Federation of Trade Unions) ist die einzige Institution, der es erlaubt ist, Arbeitnehmer_innen in China zu vertreten. Der ACFTU angehörige Gewerkschaften auf Unternehmensebene unterstehen häufig der Fabrikleitung und bieten daher kaum Möglichkeiten zum Schutz der Interessen der Arbeiter_innen.

In den vergangenen zehn Jahren sind in China zahlreiche NGOs gegründet worden, die sich dem Schutz der Rechte von Arbeiter_innen widmen. Zeng Feiyang, ein führender Aktivist in diesem Bereich, gründete seine NGO 1998. Er befindet sich seit dem 4. Dezember in Haft. Zwar kam es zeitweise zu Drangsalierungen von Arbeitsrechts-NGOs durch die Behörden und zu Gegenwehr seitens der örtlichen Fabriken, dennoch wurden sie weitgehend toleriert. Die Regierungen der Kommunen und Provinzen unterstützten derartige NGOs sogar, weil bekannt ist, dass sie die soziale Stabilität verbessern, indem sie die Arbeiter_innen durch juristische Bildungsangebote, bei der Klageerhebung und nach Arbeitsunfällen unterstützen und weitere soziale Dienstleistungen anbieten.

Vor dem Hintergrund eines nachlassenden Wirtschaftswachstums in China und der Abwanderung zahlreicher Produktionsstätten aus der Provinz Guangdong aufgrund von ansteigenden Kosten sind Arbeitsrechtsaktivist_innen seit über einem Jahr vermehrt Drangsalierungen und sogar physischen Bedrohungen und tätlichen Angriffen ausgesetzt. China Labour Bulletin, eine NGO, die sich in Hongkong für die Rechte von Arbeiter_innen einsetzt, dokumentierte im November 2015 301 Streiks in China, so viele wie nie zuvor. Davon fanden allein 56 Streiks in der Provinz Guangdong statt und damit zweimal mehr als in allen anderen Provinzen.

Erst im Sommer dieses Jahres waren die Behörden mit beispielloser Härte gegen Anwält_innen und Aktivist_innen vorgegangen. 248 Menschen wurden zum Ziel der Behörden, 25 befinden sich weiterhin in Polizeigewahrsam.