Bolivien: Menschenrechtlerin weiter in Gefahr

Diese Urgent Action ist beendet.

Die Menschenrechtsverteidigerin Amparo Carvajal hat nach 52 Tagen ihre Mahnwache beendet und das Gebäude der Organisation Asamblea Permanente de Derechos Humanos de Bolivia (APDHB) in La Paz verlassen, das seit dem 2. Juni von Personen aus dem Umfeld der Regierungspartei besetzt gehalten worden war. Zwölf Tage ihrer Mahnwache hatte die 84-jährige Präsidentin der Organisation auf der Dachterrasse zugebracht. Am 22. Juli verließ sie um etwa 22.30 Uhr in Begleitung des spanischen Konsuls das Gebäude und wurde umgehend in eine Klinik gebracht.

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Die 84-jährige Menschenrechtsverteidigerin Amparo Carvajal hält bereits seit mehr als 45 Tagen bei eiskalten Temperaturen vor dem Gebäude der Organisation Asamblea Permanente de Derechos Humanos de Bolivia (APDHB) in La Paz Mahnwache. Am 2. Juni wurde das Büro der APDHB, deren Präsidentin Amparo Carvajal ist, von Dutzenden Personen durchsucht. Sie zwangen die Mitarbeiter*innen, die Räumlichkeiten zu verlassen. Am 12. Juli gelang es Amparo Carvajal, über eine Leiter in die Büroräume zu gelangen. Seither schläft sie auf einer Dachterrasse des Gebäudes, ohne Zugang zu Wasser oder einer Toilette und ohne angemessenen Schutz vor Kälte und Regen. Sie und ihre Kolleg*innen werden bedroht und eingeschüchtert. Die Büroräume der Organisation APDHB sind nach wie vor nicht zugänglich, und Dutzende von Polizist*innen versperren den Eingang. Die Behörden müssen Amparo Carvajal und den Mitgliedern der APDHB wieder den Zugang zu ihren Büros erlauben, um dort ihrer Menschenrechtsarbeit nachzugehen, und ihre Gesundheit, körperliche Unversehrtheit und Sicherheit gewährleisten.

Appell an

Präsident

Luis Arce Catacora

President

Zona Central

Calle Ayacucho Esq. Potosí

La Paz

BOLIVIEN

Sende eine Kopie an

Botschaft des Plurinationen Staates Bolivien

S. E. Herrn Wilfredo Bernardo Ticona Cuba

Wichmannstr. 6

10787 Berlin


Fax: 030-2639 1515

E-Mail: berlin@embajada-bolivia.de

 

Amnesty fordert:

  • Bitte sorgen Sie dringend für die Gesundheit, körperliche Unversehrtheit und Sicherheit von Amparo Carvajal und ihren Kolleg*innen, wie es die Entscheidung 56/2023 des Verfassungsrichters in La Paz vorsieht.

Sachlage

Die Sicherheit von Amparo Carvajal, der Präsidentin der Organisation Asamblea Permanente de Derechos Humanos de Bolivia – APDHB (Ständige Menschenrechtsversammlung Boliviens), gibt großen Anlass zur Sorge. Sie schläft schon seit Tagen ohne Zugang zu Wasser oder einer Toilette auf dem Dach des Bürogebäudes der APDHB. Dutzende von Polizist*innen versperren den Eingang.

Amparo Carvajal hatte bereits seit Wochen bei eiskalten Temperaturen vor dem Büro der APDHB übernachtet. Am 12. Juli schließlich wies ein Verfassungsrichter die Personen, die die Büroräume der APDHB besetzt halten, an, die Schikanierung und Einschüchterung von Amparo Carvajal zu beenden und ihr aus Gründen der Gesundheit und Sicherheit Zugang zu einer Toilette zu gewähren.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Die Asamblea Permanente de Derechos Humanos de Bolivia – APDHB (Ständige Menschenrechtsversammlung in Bolivien) wurde 1976 gegründet. Die Organisation ist ein Zusammenschluss aus ehrenamtlichen Rechtsbeiständen und Menschenrechtsverteidiger*innen in ganz Bolivien, die Betroffenen von Menschenrechtsverletzungen unentgeltlich Rechtsbeistand leisten und das Bewusstsein für Rechtsstaatlichkeit, Gerechtigkeit und Straflosigkeit im Land schärfen.

Amnesty International dokumentiert immer wieder, dass Menschenrechtsverteidiger*innen in Bolivien von den Behörden regelmäßig schikaniert, stigmatisiert und bedroht werden. 2018 hat Amnesty in einer öffentlichen Stellungnahme über Amparo Carvajal berichtet, gegen die damals unbegründete Anschuldigungen erhoben wurden.

Mitarbeiter*innen der APDHB zufolge wird das Büro der Organisation in La Paz täglich von rund 10 bis 15 Personen auf der Suche nach rechtlicher Beratung und Unterstützung aufgesucht. Darüber hinaus verfügt die Organisation auch in allen Departamentos von Bolivien über Mitarbeiter*innen. Am 2. Juni wurde das Büro von etwa 50 Personen gestürmt, die drei ehrenamtliche Rechtsbeistände und eine*n Mitarbeiter*in der Organisation zwangen, die Räume zu verlassen. Die vorliegenden Informationen deuten auf die Beteiligung von Personen aus dem Umfeld der Regierungspartei hin. Diese hatte in den Jahren 2021 und 2022 versucht, Amparo Carvajal den Status als Präsidentin der APDHB zu entziehen und die Registrierung der Organisation bei der nationalen Steuerbehörde zu unterlaufen.

Seit der Durchsuchung scheinen mehrere wichtige Dokumente der Menschenrechtsorganisation gestohlen, vernichtet oder aus den Räumlichkeiten entfernt worden zu sein. Die APDHB kümmert sich um viele Fälle schwerer Menschenrechtsverletzungen. Zahlreiche Dokumente der APDHB wurden gestohlen oder zerstört, und die rechtliche Verteidigung durch die Rechtsbeistände der Organisation ist zum Erliegen gekommen.

Rechtsbeistände der Organisation haben im Zusammenhang mit der Durchsuchung ihres Büros Klage bei der Staatsanwaltschaft eingereicht. Die Staatsanwaltschaft hat die Klage jedoch abgelehnt und auch keine diesbezüglichen Ermittlungen eingeleitet.

Wie Mitarbeiter*innen der APDHB Amnesty International berichteten, haben Vertreter*innen der Ombudsperson für Menschenrechte zwar Amparo Carvajal vor dem Büro der Organisation aufgesucht, jedoch wenig unternommen, um ihr und ihren Kolleg*innen wieder Zugang zu den Räumlichkeiten zu verschaffen.

Am 12. Juli gelangte Amparo Carvajal über eine Leiter auf eine Dachterrasse des Bürogebäudes der APDHB. Seitdem verweigern ihr die Besetzer*innen den Zugang zu einer Toilette oder zu Wasser und bedrohen sie. Am gleichen Tag, dem 12. Juli, wies ein Verfassungsrichter die Personen, die das Büro der APDHB besetzt halten, an, die Schikanierung von Amparo Carvajal zu beenden und dafür zu sorgen, dass sie Zugang zu Grundversorgungsleistungen erhält. Bei Nichteinhaltung der richterlichen Anordnung würde diese über die Staatsanwaltschaft durchgesetzt. Die Behörden haben auch Amparo Carvajals unabhängigen Arzt und Psychologen nicht zu ihr gelassen, um nach ihr zu schauen. Über eine Leiter erhält Amparo Carvajal Essen, aber dass sie seit Tagen keinen Zugang zu einer Toilette hatte, hat ernsthafte Folgen für ihre Gesundheit.