Aktuell Iran 21. September 2023

Neues Kopftuchgesetz im Iran: Härtere Strafen bei Verstößen

Das Foto zeigt vier Mädchen bzw. junge Frauen mit langen Haaren von hinten fotografiert. Drei von ihnen heben eine Hände und formen mit Zeige- und Mittelfinger das Victory-Zeichen. Eine von ihnen schreibt auf die Tafel.

Mutig gegen die Repression: Schülerinnen in einem Klassenzimmer im Iran legen ihre Kopftücher ab und schreiben den Protest-Slogan "Women. Life. Freedom." auf ein Whiteboard (Aufnahme aus dem Jahr 2022).

Das iranische Parlament hat einen neuen Gesetzentwurf zum Kopftuchzwang verabschiedet. Er sieht weitere drakonische Strafen vor, die die Rechte von Frauen und Mädchen schwer verletzen. Außerdem erhöht er die Haft- und Geldstrafen für die Missachtung der erniedrigenden und diskriminierenden Verschleierungsgesetze des Irans.

Diana Eltahawy, stellvertretende Direktorin für den Nahen Osten und Nordafrika bei Amnesty International, sagt dazu:

"Dieser Gesetzentwurf ist ein verabscheuungswürdiger Angriff auf die Menschenrechte von Frauen und Mädchen, der die Gewalt und Diskriminierung gegen sie im Iran weiter verfestigen wird. Sollte das Gesetz vom iranischen Wächterrat gebilligt werden, wird es die ohnehin schon erdrückende Überwachung und Kontrolle von Frauenkörpern noch weiter verschärfen. Es verpflichtet die verschiedenen politischen, sicherheitspolitischen und administrativen Instanzen der Islamischen Republik dazu, die Einhaltung der Verschleierungspflicht zwanghaft zu überwachen und das Leben von Frauen und Mädchen zu kontrollieren.

Die iranischen Behörden verschärfen die Strafen gegen Frauen und Mädchen, die ihre Menschenrechte auf freie Meinungsäußerung, Religions- und Glaubensfreiheit und körperliche Selbstbestimmung einfordern. Dieser massive Angriff ist Teil der anhaltenden Versuche der Behörden, den Widerstandsgeist derjenigen zu brechen, die es gewagt haben, sich mit dem Ruf 'Frau, Leben, Freiheit' gegen die jahrzehntelange Unterdrückung und Ungleichheit zu erheben.

Die Staatengemeinschaft muss die iranischen Behörden dringend auffordern, das Gesetz zu widerrufen und alle entwürdigenden und diskriminierenden Gesetze und Vorschriften zur Zwangsverschleierung abzuschaffen. Sie muss auch juristische Wege auf internationaler Ebene beschreiten, um iranische Beamt*innen für die Anordnung, die Planung und die Begehung solch weit verbreiteter und systematischer Menschenrechtsverletzungen gegen Frauen und Mädchen zur Rechenschaft zu ziehen."

Amnesty-Posting auf Instagram:

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Hintergrund

In dem Bestreben, dieses Vorgehen weiter zu festigen und zu verschärfen, legten die Justiz- und Exekutivbehörden dem Parlament am 21. Mai 2023 den "Gesetzentwurf zur Unterstützung der Kultur der Keuschheit und des Hijab" vor. Der Gesetzentwurf muss vom iranischen Wächterrat gebilligt werden, um in Kraft treten zu können. Er würde die Befugnisse und Fähigkeiten der Geheimdienst- und Sicherheitsorgane erweitern (einschließlich der Revolutionsgarden, der paramilitärischen Basidsch-Miliz und der Polizei), um Frauen und Mädchen zu kontrollieren und weiter zu unterdrücken.

Das Gesetz setzt die Entschleierung mit "Nacktheit" gleich und sieht Gefängnisstrafen von bis zu zehn Jahren für alle vor, die sich der Verschleierungspflicht widersetzen. Das Gesetz macht auch die "Beleidigung oder Verspottung des Hidschab" zu einer Straftat, die mit einer Gefängnisstrafe, einem Reiseverbot und/oder einer Geldstrafe geahndet wird. Und es ermutigt Bürger*innen, Unternehmen und regierungsnahe Bürgerwehren, die Verschleierung durchzusetzen.

Im Mai 2023 legten die Behörden dem Parlament den "Gesetzentwurf zur Förderung der Kultur der Keuschheit und des Hijab" vor. Im August 2023 stimmten die Abgeordneten dafür, dass der überarbeitete Gesetzentwurf, der zu diesem Zeitpunkt nicht veröffentlicht wurde, in einem geschlossenen internen Sonderausschuss angenommen werden sollte, um die Verabschiedung zu beschleunigen, wodurch Transparenz und öffentliche Kontrolle weiter umgangen wurden. Am 20. September billigte der interne Sonderausschuss den Text des Gesetzes. Er wurde dann dem Wächterrat zur endgültigen Genehmigung vorgelegt. Die Entscheidung des Wächterrats steht noch aus.

Das Bild zeigt mehrere Personen mit Schildern, die vor einem Gebäude stehen.

Amnesty-Protestaktionen in Berlin gegen Menschenrechtsverletzungen an Frauen im Iran (März 2023)

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