Aktuell 18. März 2024

Auslagerung von Asylverfahren: Weder rechtlich noch praktisch machbar

Das Bild zeigt viele Menschen mit Protestschildern

"Stoppt den Ruanda-Plan": Demonstration in London gegen ein umstrittenes Gesetz, das vorsieht, Schutzsuchende unabhängig von ihrer Herkunft nach Ruanda abzuschieben (Archivaufnahme).

Die allermeisten Schutzsuchenden weltweit leben nicht in Europa, sondern in Ländern des globalen Südens. Knapp drei Viertel aller Schutzsuchenden weltweit befinden sich in ihren jeweiligen Nachbarländern. Dennoch diskutieren gerade Länder des globalen Nordens, wie Dänemark, Australien oder Großbritannien, wie sie die Verantwortung für Schutzsuchende an Länder des globalen Südens, oft sogar an ehemalige Kolonien, auslagern können.

Auch in Deutschland wurden in den letzten Monaten Stimmen laut, die eine Auslagerung von Asylverfahren in Drittstaaten fordern. So hat beispielsweise die CDU diese Idee in den Entwurf ihres neuen Grundsatzprogramms aufgenommen, das Anfang Mai verabschiedet werden soll.

Auch die Ampelregierung prüft nach einem entsprechenden Beschluss der Ministerpräsident*innenkonferenz im November 2023, inwiefern eine Auslagerung von Asylverfahren in Drittstaaten möglich sein könnte.

Die Idee der Auslagerung von Asylverfahren ist nicht neu, sondern wird mit großer Regelmäßigkeit immer wieder diskutiert. In einigen Fällen wurde sie sogar in die Praxis umgesetzt, wie beispielsweise in Australien oder durch den EU-Türkei-Deal. Andere Länder, wie zum Beispiel Großbritannien, Italien oder Dänemark, haben bereits nationale Gesetze verabschiedet und damit zumindest erste Schritte in Richtung praktischer Umsetzung unternommen.

Amnesty International hat alle Modelle, bei denen erste Schritte zur Umsetzung unternommen wurden oder bei denen tatsächlich Menschen in Drittstaaten überstellt wurden, untersucht. Unsere rechtlichen Analysen zeigen: Die Auslagerung von Asylverfahren ist mit erheblichen rechtlichen und praktischen Hindernissen verbunden. Jede praktische Umsetzung dieser Modelle hat zu schweren Menschenrechtsverletzungen geführt. 

Amnesty-Posting auf X (ehemals Twitter):

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Im Jahr 2023 hat nun auch Italien angekündigt, Asylverfahren nach Albanien auslagern zu wollen und ein entsprechendes "Memorandum of Understanding" mit Albanien abgeschlossen. In einer umfassenden rechtlichen Analyse des Memorandums kommt Amnesty International zu dem Schluss, dass eine Auslagerung der Asylverfahren nach Albanien sowohl völker- als auch europarechtswidrig wäre. Insbesondere würde das Memorandum of Understanding zwischen Italien und Albanien zu einer willkürlichen Inhaftierung Schutzsuchender in Albanien führen. Zudem wäre es aller Voraussicht nach nicht möglich, effektiven Rechtsschutz zu garantieren. Besondere Schutzbedarfe könnten weder ausreichend erkannt noch berücksichtigt werden. Insgesamt kann so das Recht auf ein faires Asylverfahren nicht gewahrt werden. 

Anstatt Verantwortung an Drittstaaten auszulagern, sollte Italien allen Personen, die unter italienischer Gerichtsbarkeit Asyl beantragen, Zugang zu fairen Asylverfahren in Italien ermöglichen und denjenigen internationalen Schutz gewähren, die ihn benötigen.

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