Drohende Haftverlängerung

Usbekistan

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Der usbekische Schriftsteller Mamadali Machmudow erfuhr am 5. März, dass gegen ihn ein neues Strafverfahren wegen mutmaßlicher Verletzung der Gefängnisregeln eingeleitet wurde. Er hat bereits 14 Jahre unter grausamen, unmenschlichen und erniedrigenden Bedingungen in Haft verbracht und stand nun kurz vor seiner Entlassung. Seine Familie darf ihn nicht besuchen und befürchtet, dass Mamadali Machmudow eine Verlängerung der Haftzeit vielleicht nicht überlebt.

Appell an

STAATSPRÄSIDENT VON USBEKISTAN
President Islam Karimov
Ul. Uzbekistanskaya 43
Tashkent
USBEKISTAN
(Anrede: Dear President / Sehr geehrter Herr Präsident)
Fax: (00 998) 71 139 55 25

GENERALSTAATSANWALT
Rashidzhon Kodirov
Prokuratura Respubliki Uzbekistan
ul. Gulyamova. 66
Tashkent 700047
USBEKISTAN
(Anrede: Dear Prosecutor General / Sehr geehrter Herr Generalstaatsanwalt)
Fax: (00 998) 17 133 39 17 oder (00 998) 17 133 73 68
E-Mail: prokuratura@lawyer.uz

Sende eine Kopie an

INNENMINISTER
Bahodir Ahmedovich Matlubov
Ministerstvo vnutrennikh del
ul. Junus Rajabiy 1
Tashkent 100029
USBEKISTAN
(Anrede: Dear Minister / Sehr geehrter Herr Innenminister)
Fax: (00 998) 71 233 89 34
E-Mail: mvd@mvd.uz oder info@mvd.uz

BOTSCHAFT DER REPUBLIK USBEKISTAN
S. E. Herrn Bakhtiyar Gulyamov
Perleberger Str. 62
10559 Berlin
Fax: 030-3940 9862
E-Mail: botschaft@uzbekistan.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Kirgisisch, Russisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 7. Mai 2013 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

E-MAILS, FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich fordere Sie höflich auf, Mamadali Machmudow umgehend freizulassen, da er sich in sehr schlechter gesundheitlicher Verfassung befindet. Hinzu kommt, dass seit über 13 Jahren wiederholt und bisher vergebens gefordert wird, die Untersuchung seines Falls in Übereinstimmung mit den internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren vorzunehmen. Dies bedeutet auch, alle von ihm erhobenen Foltervorwürfe unverzüglich und unparteiisch zu untersuchen.

  • Stellen Sie bitte sicher, dass Mamadali Machmudow umgehend jegliche nötige medizinische Behandlung erfährt und Besuch von seiner Familie erhalten darf.

  • Ich möchte Sie daran erinnern, dass Sie nach internationalen Menschenrechtsnormen die Pflicht haben, für das körperliche und seelische Wohlbefinden aller Gefängnisinsassen zu sorgen.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Calling on the Uzbekistani authorities to promptly release Mamadali Makhmudov on the grounds of his seriously deteriorated state of health and also because repeated calls for the investigation into his case to be conducted in a manner consistent with international standards for a fair trial, including a prompt and impartial investigation into all allegations of torture, have gone unheeded for over 13 years.

  • Urging them to ensure that Mamadali Makhmudov is immediately provided with all necessary medical treatment and is allowed family visits.

  • Reminding the authorities that under international human rights law they have a duty to protect the physical and psychological wellbeing of those in custody.

Sachlage

Der 72-jährige Mamadali Machmudow, ein bekannter usbekischer Schriftsteller, wurde im August 1999 zu einer Gefängnisstrafe von 14 Jahren verurteilt. Die Vorwürfe gegen ihn lauteten auf versuchten gewaltsamen Umsturz der verfassungsmäßigen Ordnung und Gründung einer kriminellen Gruppe sowie verbotener öffentlicher und religiöser Organisationen. Mamadali Machmudow hat die Vorwürfe stets bestritten und ausgesagt, dass er in Untersuchungshaft gefoltert worden war, um ein "Geständnis" zu erzwingen. Am 5. März dieses Jahres teilte man Mamadali Machmudow mit, dass der Staatsanwalt eine Anklageschrift gegen ihn unterschrieben habe, weil er insgesamt 31 Mal gegen die Gefängnisregeln verstoßen haben soll. Er selbst gibt an, von den Gefängnisbehörden bisher nie über irgendeinen Verstoß in Kenntnis gesetzt worden zu sein. Nun drohen ihm erneut bis zu fünf Jahre Haft auf der Grundlage von Artikel 221 des usbekischen Strafgesetzbuches, der sich mit "Ungehorsam gegenüber rechtmäßigen Anordnungen der Verwaltung einer Strafvollzugseinrichtung" befasst. Seine Familienangehörigen versuchen seit Februar dieses Jahres, Mamadali Machmudow im Gefängnis zu besuchen. Der letzte Besuch eines Familienmitglieds fand am 14. November 2012 statt, als seine Tochter ihn im Gefängniskrankenhaus von Taschkent besuchte, wohin er am 26. Oktober 2012 verlegt worden war. Mamadali Machmudow leidet an Tuberkulose, Bluthochdruck und allgemeinem Schwächegefühl.

Recherchen von Amnesty International haben ergeben, dass es bestimmte Gruppen von Häftlingen gibt, die in usbekischen Gefängnissen besonders harscher Bestrafung ausgesetzt sind und deren Haftzeit oft selbst für geringe Verstöße gegen die Gefängnisregeln erheblich verlängert wird. Hierzu zählen u. a. MenschenrechtsverteidigerInnen, gewaltlose politische Gefangene, RegierungskritikerInnen sowie Personen, die für schuldig befunden wurden, Mitglied einer islamistischen Partei oder Gruppe zu sein oder einer in Usbekistan verbotenen islamischen Bewegung anzugehören. Amnesty International betrachtet die Einleitung eines neuen Strafverfahrens gegen Mamadali Machmudow mit Sorge und sieht es als weiteren Ausdruck eines langjährigen Musters der Schikanierung zivilgesellschaftlicher AktivistInnen und MenschenrechtsverteidigerInnen durch die usbekischen Behörden an.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Am 11. Februar 2013 wollte Mamadali Machmudows Sohn ihn in einer Strafkolonie in Chirchiq im Osten Usbekistans besuchen, wo er seit Juni 2001 seine Gefängnisstrafe ableistete. Er durfte Mamadali Machmudow jedoch nicht sehen, und die Gefängnisbehörden weigerten sich zudem, die Arznei- und Lebensmittel anzunehmen, die er seinem Vater mitgebracht hatte. Etwas später am selben Tag fanden seine Angehörigen heraus, dass Mamadali Machmudow in ein Gefängnis in Taschkent verlegt worden war. Dort befinden sich im Allgemeinen Personen, die auf ein Gerichtsverfahren oder nach ihrer Verurteilung auf die Verlegung in ein anderes Gefängnis warten. Am 12. Februar 2013 versuchte Mamadali Machmudows Tochter, ihn dort zu besuchen, es kam jedoch kein Treffen zustande. Sie konnte dem Gefängnispersonal allerdings einige Medikamente für ihren Vater geben.

Mamadali Machmudow wurde ursprünglich wegen mutmaßlicher Beteiligung an einer Reihe von Bombenanschlägen im Februar 1999 in der usbekischen Hauptstadt Taschkent verurteilt, welche die Behörden als Mordanschlag auf den usbekischen Präsidenten Islam Karimov ansahen. Präsident Islam Karimov machte "islamistische Extremisten" und andere Personen, die vorgeblich die Regierung unterwandern wollten, für die Anschläge verantwortlich. Mamadali Machmudow wurde 1999 fast drei Monate lang ohne Kontakt zur Außenwelt in Untersuchungshaft gehalten. In einer schriftlichen Stellungnahme sagte er aus, dass er während dieser Zeit systematisch gefoltert wurde, u. a. durch: ständige Schläge, Verbrennen seiner Hände und Füße, Einführen von Nadeln unter seine Nägel, Aufhängen an seinen auf dem Rücken zusammengebundenen Händen, Aufsetzen einer Gasmaske mit abgestellter Luftzufuhr sowie Androhen von Vergewaltigung und Tod. Des Weiteren sagte man ihm, man habe seine Frau und Kinder in Gewahrsam genommen und würde sie vor seinen Augen vergewaltigen, wenn er kein Geständnis vor der Kamera abgebe.

Von April bis Juli 2000 befand sich Mamadali Machmudow im Gefangenenlager Jaslyk in der nördlichen Region Karakalpakstan. Der UN-Sonderberichterstatter über Folter gab 2003 in seinem Bericht über Usbekistan unter anderem die Empfehlung ab, "ernsthaft [zu] erwägen, das Lager Jaslyk zu schließen, dessen Haftbedingungen schon aufgrund seiner Lage grausamer, unmenschlicher und erniedrigender Behandlung oder Strafe gleichkommen, und zwar sowohl für die Häftlinge als auch für ihre Familienangehörigen...".

Mamadali Machmudow berichtete in einem Brief, dass er während seiner Zeit in Jaslyk ständig geschlagen wurde und 24 Kilogramm abnahm. Seit der Eröffnung des Lagers Jaslyk im Jahr 1999 haben verschiedene Menschenrechtsorganisationen, darunter auch Amnesty International, über zahlreiche Todesfälle in Gewahrsam berichtet, die unter verdächtigen Umständen eingetreten sind.

Nachforschungen von Amnesty International haben ergeben, dass bestimmte Gruppen von Häftlingen besonders häufig in Strafzellen verlegt werden. Bei diesen Zellen handelt es sich laut Aussagen ehemaliger Insassen um kleine, unbeheizte Räume aus Zement ohne natürliches Licht und Frischluft, in denen noch nicht einmal ein Bett Platz hat. Die Gefängnisinsassen erhalten häufig keine angemessene medizinische Versorgung und müssen schwer und lange arbeiten. Oft handelt es sich um harte körperliche Arbeit wie z. B. Bauarbeiten oder Ziegelherstellung, die mit einfachstem Werkzeug, ohne angemessene Arbeitskleidung und bei unzureichender Nahrungs- und Wasserzufuhr verrichtet werden muss. Ehemalige Gefangene haben berichtet, während ihrer Haftzeit regelmäßig von Gefängniswärtern und anderen Insassen geschlagen worden zu sein.