Russland: Künstlerin in Haft wegen Antikriegsaktion

Das Bild zeigt das Porträtfoto einer Fau

Die russische Künstlerin Aleksandra Skochilenko protestierte im März 2022 in einem Supermarkt in St. Petersburg gegen die russische Invasion der Ukraine, indem sie Preisschilder durch Anti-Krieg-Slogans ersetzte.

Die Künstlerin Aleksandra Skochilenko wurde am 11. April festgenommen und bis ca. 3:00 Uhr des nächsten Tages verhört. Ihr wird vorgeworfen, am 31. März in einem Supermarkt in Sankt Petersburg Preisschilder durch kleine Zettel mit Antikriegsinformationen und -parolen ersetzt zu haben. Sie wurde der "Verbreitung wissentlich falscher Informationen über den Einsatz der russischen Streitkräfte" angeklagt und befindet sich in Untersuchungshaft. Aleksandra Skochilenko ist durch eine Glutenintoleranz auf spezielle Nahrung angewiesen. Da sie in der Untersuchungshaft weder das erforderliche Essen noch medizinische Versorgung erhält, verschlechtert sich ihr Gesundheitszustand.

Appell an

Staatsanwalt von Sankt Petersburg

Melnik Viktor Dmitrievich

Prosecutor of Saint Petersburg

2/9 Pochtamtskaya street

Saint Petersburg

190000


RUSSISCHE FÖDERATION

Sende eine Kopie an

Botschaft der Russischen Föderation

S.E. Herrn Sergej J. Netschajew

Unter den Linden 63-65

10117 Berlin


Fax: 030-2299 397

E-Mail: info@russische-botschaft.de

Amnesty fordert:

  • Stellen Sie das Strafverfahren gegen Aleksandra Skochilenko bitte unverzüglich ein und lassen Sie sie frei.
  • Bitte stellen Sie bis dahin sicher, dass die Haftbedingungen und die Behandlung von Aleksandra Skochilenko internationalen Standards entsprechen und dass sie Zugang zu angemessener medizinischer Versorgung und angemessener Ernährung zu denselben Standards hat, die außerhalb der Untersuchungshaft verfügbar sind.

Sachlage

Am 11. April durchsuchte die Polizei die Wohnung von Aleksandra Skochilenko, nahm sie fest und verhörte sie bis 3 Uhr des 12. April. Am 13. April verhängte das Bezirksgericht Vasileostrovsky in Sankt Petersburg Untersuchungshaft bis zum 1. Juni 2022 gegen sie. Es ist wahrscheinlich, dass die Untersuchungshaft verlängert wird.

Aleksandra Skochilenko leidet an Zöliakie, einer genetischen Glutenintoleranz. Wenn sie glutenhaltige Nahrung zu sich nimmt, kann das den Beginn eines Organversagens, Krebs oder Autoimmunerkrankungen verursachen. Amnesty International hat erfahren, dass Aleksandra Skochilenko in der Untersuchungshafteinrichtung keine glutenfreien Nahrungsmittel erhält und ihrer Familie nicht gestattet wird, ihr diese zu schicken.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Aleksandra Skochilenko ist eine Songwriterin und Künstlerin aus Sankt Petersburg. Ihr wird vorgeworfen, Preisschilder in örtlichen Supermärkten durch Antikriegsinformationen ersetzt zu haben, darunter Informationen über die Toten durch die Bombardierung des Theaters von Mariupol.

Der Sankt Petersburgerin wird die "öffentliche Verbreitung wissentlich falscher Informationen über den Einsatz der Streitkräfte der Russischen Föderation und die Ausübung der Befugnisse der staatlichen Organe der Russischen Föderation" gemäß dem kürzlich hinzugefügten Paragrafen 207.3 Absatz 2 des Strafgesetzbuchs vorgeworfen.

Aleksandra Skochilenko ist in der Kunstszene bekannt: Sie schreibt Lieder, verfasst Comic-Bücher und Cartoons, organisiert Konzerte und Jamsessions. Außerdem hat sie das bekannte "Buch über Depressionen" geschrieben, das dazu beiträgt, das Stigma psychischer Erkrankungen zu verringern. Das Buch ist äußerst beliebt. Es wurde mehrfach neu aufgelegt und in mehrere Sprachen übersetzt und hat vielen Menschen innerhalb und außerhalb Russlands geholfen. Viele Videos und Ausstellungen wurden durch das Buch inspiriert.

Am 20. April hieß es, dass sich Aleksandra Skochilenkos Gesundheitszustand durch das Fehlen glutenfreier Nahrungsmittel verschlechtert habe. Am 21. April teilte ihr Rechtsbeistand Amnesty International mit, dass die Haftanstalt ihr schließlich erlaubt habe, ein Lebensmittelpaket ihrer Familie zu erhalten, das ihrer glutenfreien Ernährung entsprach.

Am 23. April wurde sie von einer provisorischen Haftanstalt in ein Untersuchungsgefängnis gebracht.

Nach einem Besuch bei Aleksandra Skochilenko in der Untersuchungshaftanstalt am 25. April berichtete einer der Rechtsbeistände, dass sich ihr Gesundheitszustand verschlechtert habe. Sie kann nichts essen, da sie nicht das für sie erforderliche glutenfreie Essen erhält und ihre Familie ihr auch kein Essen schicken darf. Sie fühlt sich die meiste Zeit über schwach. Sie erzählte auch, dass sie von den Wärter_innen der Haftanstalt und ihren Zellengenoss_innen unter Druck gesetzt wurde.