Kirgisistan: Angeklagte freilassen!

Demonstrant*innen in der kirgisischen Hauptstadt Bischkek kritisieren die Festnahme mehrerer Aktivist*innen, die sich gegen ein neues Grenzabkommen mit Usbekistan ausgesprochen hatten (24. Oktober 2022). 

Eine Reihe von Personen wurde in Kempir-Abad wegen ihrer Teilnahme an friedlichen Protesten gegen ein umstrittenes neues Grenzabkommen mit Usbekistan festgenommen. Einige von ihnen stehen unter Hausarrest, andere befinden sich nach wie vor unter schlechten Bedingungen in Untersuchungshaft. Die Anklage gegen einige von ihnen lautet "Versuch des gewaltsamen Sturzes der Regierung", ein Vergehen, das mit bis zu 15 Jahren Gefängnis bestraft werden kann.

Appell an

Präsident von Kirgisistan
Sadyr Japarov
President of Kyrgysztan
Presidential Administration
205 Chuy Prospect
Bishkek
KIRGISISTAN

Sende eine Kopie an

Botschaft der Kirgisischen Republik
S.E. Herrn Omurbek Tekebaev
Otto-Suhr-Allee 146
10585 Berlin
Fax: 030-347 81 337
E-Mail: kgembassy.de@mfa.gov.kg

Amnesty fordert:

  • Hiermit bitte ich Sie, alles in Ihre Macht Stehende zu tun, damit die Vorwürfe gegen die Angeklagten, die allein auf der Wahrnehmung ihrer Rechte auf freie Meinungsäußerung und friedliche Versammlung zurückzuführen sind, fallengelassen und alle, die sich noch in Haft befinden, sofort freigelassen werden.

Sachlage

Eine Reihe von Personen wurde nach friedlichen öffentlichen Protesten in Kempir-Abad willkürlich festgenommen. Einige von ihnen werden der schweren Straftat des "Versuchs des gewaltsamen Sturzes der Regierung" angeklagt, nur, weil sie friedliche Proteste organisiert bzw. daran teilgenommen und Kritik an der Regierung geübt hatten.

Die Staatsanwaltschaft hat bisher noch keine glaubwürdigen Beweise für die schweren Vorwürfe gegen die Angeklagten vorgelegt. Es ist offensichtlich, dass ihr einziges "Verbrechen" darin besteht, friedlich protestiert und Kritik geübt zu haben an der Entscheidung der Regierung, das Wasserreservoir in Kempir-Abad an Usbekistan abzugeben.

Einige der Angeklagten werden unter unmenschlichen Bedingungen festgehalten und erhalten keinen Zugang zu der medizinischen Behandlung, die sie angesichts ihres sich verschlechternden Gesundheitszustandes benötigen.

Die kirgisische Regierung ist verpflichtet, das Recht auf friedliche Versammlung zu respektieren und zu fördern. Außerdem muss sie gewährleisten, dass Beschränkungen dieses Rechts notwendig und zur Erreichung eines legitimen Ziels angemessen sind. Die Kriminalisierung von Personen allein wegen ihrer Teilnahme an friedlichen Protesten stellt einen Verstoß gegen ihre Menschenrechte dar.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Mehr als 20 friedlich Protestierende wurden im Oktober 2022 im Zusammenhang mit einer umstrittenen Übergabe des Kempir-Abad-Stausees festgenommen. Derzeit befinden sich in diesem Fall 27 Personen in Untersuchungshaft oder unter Hausarrest.

Die Festnahmen erfolgten, nachdem eine Gruppe von Politiker*innen und Aktivist*innen das "Komitee zum Schutz von Kempir-Abad" gegründet hatte, um dagegen zu protestieren, dass es bei der neuen Grenzziehung zwischen Kirgisistan und Usbekistan keine Konsultationen mit der lokalen Bevölkerung gab. Im Rahmen des neuen Grenzabkommens würde das Frischwasserreservoir in Kempir-Abad in der Provinz Andijon im Austausch für landwirtschaftliche Nutzflächen an Usbekistan übergeben.

Die Behörden nahmen im Oktober 2022 und in den darauffolgenden Wochen mehrere Mitglieder des Komitees sowie mit ihnen in Verbindung stehende Personen fest. Die Angeklagten wurden in Gefängnisse gebracht. Einigen von ihnen wurde der Zugang zu einem Rechtsbeistand verweigert.

Sieben Anklagte, die sich im Untersuchungsgefängnis Bischkek (SIZO 1) befinden, klagen über unmenschliche Haftbedingungen. Sie haben weder Zugang zu sauberem Wasser noch zu angemessenen Sanitäreinrichtungen, haben keine Bewegungsmöglichkeit und erhalten weder notwendige medizinische Behandlungen noch Familienbesuch. Es handelt sich um:

  1. Rita Karasartova, Menschenrechtsaktivistin und Leiterin des nichtstaatlichen Instituts für öffentliche Analyse. Sie ist außerdem Mitglied der Vereinigten Demokratischen Bewegung Kirgisistans.
  2. Ali Shabdan, Aktivist, der sich der von Klara Sooronkulova geführten Reformpartei angeschlossen hat.
  3. Erlan Bekchoroev, Aktivst und Mitglied der demokratischen Turan-Partei.
  4. Zhenish Moldokmatov, Aktivist und Parteiführer der demokratischen Turan-Partei.
  5. Aidanbek Akmatov, Journalist, tätig für die BBC und Azattyk Radio (RFE/RL).
  6. Atay Beyshenbek, Blogger und Aktivist.
  7. Marat Bayazov, Aktivist, Unternehmensberater und Mitglied der Vereinigten Demokratischen Bewegung Kirgisistans.

Fünf weitere Angeklagte stehen unter Hausarrest:

  1. Asiya Sasykbayeva, Menschenrechtsaktivistin und ehemalige Parlamentsabgeordnete.
  2. Klara Sooronkulova, Mitglied der Vereinigten Demokratischen Bewegung Kirgisistans.
  3. Gulnara Dzhurabaeva, Aktivistin und ehemaliges Mitglied der Zentralen Wahlkommission.
  4. Perizat Suranova, Aktivistin, die verschiedene internationale Projekte geleitet hat, darunter das UNIFEM-Landrechteprojekt "Women's Rights to Land", und 2021 bei den Parlamentswahlen kandidierte.
  5. Ulugbek Mamatayev, Politiker und Aktivist, der 2020 und 2021 bei den Parlamentswahlen kandidierte.

Die Vereinigte Demokratische Bewegung Kirgisistans ist eine oppositionelle Bewegung, die im März 2022 von einer Reihe Aktivist*innen und Menschenrechtsverteidiger*innen gegründet wurde, von denen einige an den Protesten beteiligt waren. Zu den Zielen der Bewegung gehört die Wiederherstellung demokratischer Institutionen, die Schaffung eines gerechten Justizsystems, die Entwicklung von Maßnahmen zur Bekämpfung der Wirtschaftskrise und der Kampf gegen Armut.