Jemen: sechs Baha'i immer noch willkürlich inhaftiert

Ein Soldat steht auf einem zerstörten Dach

Am 25. Mai stürmten bewaffnete Huthi-Truppen in der jemenitischen Hauptstadt Sana'a eine friedliche Versammlung der Religionsgemeinschaft der Baha'i. Sie nahmen 17 Personen fest und ließen sie verschwinden, darunter Menschenrechtsverteidiger*innen und Mitarbeiter*innen von Hilfsorganisationen. Auf internationalen Druck wurden elf Personen seither freigelassen. Sechs der Entführten befinden sich jedoch nach wie vor in willkürlichem Gewahrsam der Huthi-Sicherheitskräfte bzw. des Geheimdienstes. Sie haben keinen Zugang zu Rechtsbeiständen. Ihnen drohen weitere Menschenrechtsverletzungen durch die Huthi-Behörden, darunter Folter und andere Misshandlungen. Die sechs Angehörigen der Baha’i müssen sofort und bedingungslos freigelassen werden, weil sie keine Straftat begangen, sondern lediglich ihre Menschenrechte wahrgenommen haben.

Appell an

SPRECHER DER HUTHI, 
ANSARULLAH-VERTRETER BEI DEN FRIEDENSGESPRÄCHEN
Mohamed Abdelsalam
- Keine Postadresse verfügbar -

X: @abdusalamsalah

 

Sende eine Kopie an

Botschaft der Republik Jemen
S. E. Herrn Yahia Mohammed Abdullah Al-Shaibi
Schmidt-Ott-Str. 7
12165 Berlin 
Fax: 030 – 89 73 05 62
E-Mail: info@botschaft-jemen.de

Amnesty fordert:

Sachlage

Sechs Angehörige der Baha'i, darunter eine Frau, werden seit einer Razzia am 25. Mai 2023 bei einer friedlichen Versammlung der Baha'i-Gemeinschaft – einer religiösen Minderheit im Jemen – willkürlich von den Huthi-Behörden festgehalten. Dies stellt eine Verletzung ihrer Rechte auf Religions- und Glaubensfreiheit sowie auf Schutz vor willkürlicher Festnahme dar.

Abdul'elah Muhammad al-Boni, 30-jähriger Vater von zwei Kindern und Mitarbeiter einer Hilfsorganisation, und Abdullah al-Olofi, 45-jähriger Vater von vier Kindern und Menschenrechtsaktivist, werden in dem von den Huthi geführten Sicherheits- und Geheimdienstzentrum in Hadda festgehalten, während die anderen vier inhaftierten Baha'i in dem ebenfalls den Huthi unterstehenden Sicherheits- und Geheimdienstzentrum in Sana'a festgehalten werden. Seit ihrer Festnahme wird allen Gefangenen das Recht auf einen Rechtsbeistand verweigert.

Elf der 17 verschleppten Angehörigen der Baha'i sind inzwischen freigelassen worden – obwohl sie gar nicht erst hätten inhaftiert werden dürfen. Den übrigen sechs inhaftierten Baha'i drohen jedoch weitere Menschenrechtsverletzungen, darunter Folter und andere Misshandlungen. Amnesty International hat die Fälle von Dutzenden von Journalist*innen, Menschenrechtsverteidiger*innen, Aktivist*innen, Akademiker*innen, Angehörigen der religiösen Minderheit der Baha'i und anderen, die als Gegner*innen oder Kritiker*innen der Huthi angesehen werden, dokumentiert. Dabei geht es um willkürliche Inhaftierungen, Folter und andere Misshandlungen, Verschwindenlassen und unfaire Gerichtsverfahren unter Anwendung der Todesstrafe durch die De-facto-Behörden der Huthi. Die Betroffenen wurden angegriffen, weil sie ihre Menschenrechte, einschließlich der Rechte auf freie Meinungsäußerung, Vereinigungsfreiheit und Glaubensfreiheit, friedlich wahrgenommen haben.

Seit der Festnahme der Baha’i haben die Huthi-Behörden verstärkt zu Gewalt und Diskriminierung gegen diese religiöse Minderheit aufgerufen, wodurch weitere Personen der Gefahr schwerer Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt sind.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Seit 2015 hat Amnesty International die Situation von 82 Angehörigen der Religionsgemeinschaft der Baha’i im Jemen dokumentiert, die die De-facto-Behörden der Huthi inhaftierten. Die Behörden verweigerten ihnen das Recht auf einen fairen Prozess und setzten sie dem Verschwindenlassen, Folter und Isolationshaft aus. 

Fünf im Jahr 2016 festgenommene Baha'i wurden über zwei Jahre lang ohne Anklage oder Gerichtsverfahren und ohne die Möglichkeit, ihre Inhaftierung anzufechten, festgehalten, bis sie im September 2018 wegen verschiedener schwerer Straftaten, darunter Spionage für das Ausland, angeklagt wurden. Einige dieser Straftaten können mit der Todesstrafe geahndet werden. Ihr Prozess war Teil eines Massenverfahrens, in dem insgesamt 24 Baha'i vor Gericht gestellt wurden – die anderen 19 wurden in Abwesenheit angeklagt, darunter die minderjährige Tochter eines anderen Baha'i-Häftlings. Die De-facto-Behörden der Huthi ordneten 2020 die Freilassung aller Baha'i-Gefangenen unter der Bedingung an, dass sie das Land verlassen. Die Anklagen gegen die 24 Baha'i wurden jedoch nicht aufgehoben.

Ein gewaltloser politischer Gefangener und Angehöriger der Baha'i, Hamid Haydara, wurde nach seiner Festnahme im Jahr 2013 schließlich 2020 freigelassen. Er wurde 2018 zum Tode verurteilt und 2020 begnadigt. Amnesty International wandte sich an die De-facto-Huthi-Behörden und äußerte Besorgnis über die Gründe für seine Inhaftierung sowie über die schwerwiegenden Verfahrensmängel in seinem Fall, darunter die lange Untersuchungshaft, die unangemessene Verzögerung seines Prozesses, die Folter und anderen Misshandlungen sowie der fehlende Zugang zu einem Rechtsbeistand während seiner Verhöre.

Alle Konfliktparteien, einschließlich der Huthi-Truppen, der jemenitischen Regierung, Saudi-Arabien und der von den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) geführten Koalition sowie der von den VAE unterstützten jemenitischen Streitkräften, haben gegen internationale Menschenrechtsnormen verstoßen, und zwar mit willkürlichen Inhaftierungen, Verschwindenlassen, Folter und anderen Misshandlungen sowie unfairen Verfahren.

Am 17. Oktober 2023 verabschiedete der UN-Menschenrechtsrat eine Resolution, in der die De-facto-Behörden der Huthi aufgefordert werden, "die Hindernisse zu beseitigen, die den Zugang von Hilfsorganisationen und humanitärer Hilfe behindern, die entführten humanitären Helfer*innen freizulassen und die Gewalt und Diskriminierung von Frauen sowie Angriffe aufgrund der Religion oder der Weltanschauung zu beenden".