Jemen: Menschenrechtlerin droht Hinrichtung

Das Bild zeigt das Porträtfoto einer Frau

Die jemenitische Menschenrechtsverteidigerin Fatma al-Arwali (undatiertes Foto)

Der Menschenrechtsverteidigerin Fatma al-Arwali droht im Jemen die Hinrichtung. Sie wurde im Dezember 2023 vor einem Sonderstrafgericht nach einem grob unfairen Gerichtsverfahren zum Tode verurteilt. Nach ihrer Festnahme im August 2022 durch die den Huthi unterstehenden Sicherheitskräfte war Fatma al-Arwali einer ganzen Reihe von Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt, darunter Verschwindenlassen und Haft ohne Kontakt zur Außenwelt unter Bedingungen, die gegen das absolute Folterverbot verstoßen. Ihre Hinrichtung muss gestoppt werden.

Appell an

Mohamed Abdelsalam

(KEIN POSTVERSAND MÖGLICH!)

nur über:

E-Mail: mdabdalsalam@gmail.com

Twitter/X: @abdusalamsalah

 

 

Amnesty fordert:

  • Heben Sie bitte umgehend den Schuldspruch und das Todesurteil gegen Fatma al-Arwali auf. Lassen Sie zudem alle Anklagen fallen und entlassen Sie sie aus dem Gewahrsam, wenn sie nicht unverzüglich ein faires Wiederaufnahmeverfahren vor einem zuständigen, unabhängigen und unparteiischen Gericht erhält, in dem nicht auf die Todesstrafe zurückgegriffen wird. 
  • Sorgen Sie in der Zwischenzeit bitte dafür, dass sie regelmäßigen Zugang zu ihrer Familie und ihrem Rechtsbeistand erhält und ihre Haftbedingungen den internationalen Standards für die Behandlung von Gefangenen entsprechen.

Sachlage

Fatma al-Arwali ist die ehemalige Leiterin des jemenitischen Büros der Women Leadership Union der Arabischen Liga und setzt sich aktiv für die Rechte von Frauen ein. Der 34-jährigen droht die Hinrichtung, nachdem das den De-facto-Behörden der Huthi unterstehende Sonderstrafgericht in Sanaa sie am 5. Dezember 2023 nach einem grob unfairen Gerichtsverfahren zum Tode verurteilte. Am 18. Januar erhielt ihr Bruder einen Anruf von einer unbekannten Nummer, in dem ihm mitgeteilt wurde, dass Fatma al-Arwali am 21. Februar auf dem Tahrir-Platz in der Hauptstadt Sanaa hingerichtet werde. Am 21. Januar suchte er die Zentrale des Geheimdienstes im Bezirk al-Siyasi in Sanaa auf, wo man ihm sagte, dass keine Hinrichtungsanordnung gegen seine Schwester vorliege.

Am 13. August 2022 wurde Fatma al-Arwali an einem Kontrollpunkt in al Manshour im Gouvernement Taiz von Sicherheitskräften der Huthi festgenommen. Sie fiel etwa acht Monate lang dem Verschwindenlassen zum Opfer. Während dieser Zeit erkundigte sich ihre Familie auf allen Polizeistationen und in allen Gefängnissen in Sanaa nach ihr, doch die Behörden gaben ihnen keinerlei Informationen über ihr Schicksal und ihren Aufenthaltsort. Später erfuhr die Familie durch inoffizielle Quellen, dass Fatma al-Arwali nach ihrer Festnahme in das Chamlan-Gefängnis des Geheimdienstes in Sanaa gebracht und dort ohne Kontakt zur Außenwelt festgehalten wurde. Dort befindet sie sich auch heute noch. Verschwindenlassen stellt ein Verbrechen unter dem Völkerrecht dar. 

Am 31. Juli 2023 klagte die Staatsanwaltschaft Fatma al-Arwali wegen mutmaßlicher Kollaboration mit den Vereinigten Arabischen Emiraten sowie der Übermittlung von Koordinaten zur Offenlegung der Standorte der Huthi-Streitkräfte und der "Volkskomitees" an, worauf die Todesstrafe steht. Zudem wird ihr vorgeworfen, einen gefälschten Ausweis verwendet zu haben. Daraufhin wurde ihr Fall an das Sonderstrafgericht verwiesen, wo ihr das Recht auf ein faires Gerichtsverfahren verweigert wurde. Bei ihrer ersten Anhörung am 19. September 2023 weigerte sich der Richter, die Anwesenheit ihres Rechtsbeistands in das Gerichtsprotokoll aufzunehmen. Anwesende Geheimdienstangehörige versuchten, ihren Rechtsbeistand aus dem Gerichtssaal zu entfernen und der Richter teilte Fatma al-Arwali mit, dass sie keinen rechtlichen Beistand benötige. Fatma Al-Arwali sagte vor Gericht aus, dass sie unter grausamen und unmenschlichen Bedingungen in einem unterirdischen Raum festgehalten werde, und beantragte, Besuch von ihren Kindern erhalten zu dürfen.

Am 5. Dezember 2023 verurteilte das Sonderstrafgericht die Menschenrechtlerin wegen "Unterstützung eines feindlichen Landes" zum Tode. Nach jemenitischem Recht kann Fatma al-Arwali zwar ihren Schuldspruch und das Urteil vor dem Hohen Gericht überprüfen lassen, doch es bestehen Zweifel an dessen Unabhängigkeit und Unparteilichkeit.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Der Prozess gegen Fatma al-Arwali war von Verstößen gegen die internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren geprägt. Angesichts des irreversiblen Charakters der Todesstrafe legen internationale Menschenrechtsnormen explizit fest, dass derartige Prozesse alle relevanten internationalen Standards zum Schutz des Rechts auf ein faires Gerichtsverfahren sorgfältig einzuhalten haben. Jede Person, die aufgrund einer Strafanzeige festgenommen oder inhaftiert wird, muss entsprechend der jemenitischen Menschenrechtsverpflichtungen behandelt werden. Hierzu zählt auch die Wahrung der Verfahrensrechte. Zu diesen zählen: das Recht auf einen selbst gewählten Rechtsbeistand; auf Zugang zu wirksamer rechtlicher Vertretung ab der Festnahme und für die Dauer der Untersuchungshaft und des Gerichtsverfahrens; auf ein umgehendes Verfahren vor einem zivilen Gericht; auf Anfechtung der Rechtmäßigkeit der Inhaftierung vor einem unabhängigen und unparteiischen Gericht; auf Unschuldsvermutung; auf das Recht zu schweigen und nicht gezwungen zu werden, sich selbst zu belasten oder sich schuldig zu bekennen; auf vollständigen Zugang zu relevantem Beweismaterial; auf die Befragung von Zeug*innen; auf eine faire, öffentliche Anhörung vor einem zuständigen, unabhängigen und unparteiischen Gericht; und auf Erhalt eines öffentlich verkündeten, gut begründeten Urteils.

Seit 2015 hat Amnesty International die Fälle von mehr als 60 Personen dokumentiert, die wegen konstruierter Anklagen vor das Sonderstrafgericht in Sanaa gestellt wurden und kein faires Verfahren erhalten haben, darunter Journalist*innen, Menschenrechtler*innen, Oppositionelle und Angehörige religiöser Minderheiten. So gut wie alle wurden in Verbindung mit Spionage angeklagt, worauf nach jemenitischem Recht die Todesstrafe steht.

Amnesty International wendet sich in allen Fällen, weltweit und ausnahmslos gegen die Todesstrafe, da sie das in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte festgeschriebene Recht auf Leben verletzt und die grausamste, unmenschlichste und erniedrigendste aller Strafen darstellt. Amnesty International ruft seit langem alle Länder, die an der Todesstrafe festhalten, auf, als ersten Schritt hin zur vollständigen Abschaffung der Todesstrafe ein Hinrichtungsmoratorium zu erlassen.