Schwangerschaftsabbrüche entkriminalisieren!

Eine in grün gekleidete Frau demonstriert, gemeinsam mit anderen, vor dem Nationalkongress in Santo Domingo am 6. Oktober 2020 für die Legalisierung von Abtreibungen.

Eine Frau demonstriert vor dem Nationalkongress in Santo Domingo für die Legalisierung von Abtreibungen (Archivaufnahme vom 6. Oktober 2020).

Am 24. März beginnen die Mitglieder der Abgeordnetenkammer in der Dominikanischen Republik mit der Debatte über eine Reform des Strafgesetzbuches. Dabei steht auch die mögliche Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen in drei Fällen im Raum. Hunderte Menschenrechtsaktivist_innen kampieren derzeit vor dem Nationalpalast und fordern von den Kongressabgeordneten, diese historische Chance zu nutzen und für die Entkriminalisierung zu stimmen.

Appell an

Mr. Alfredo Pacheco

President of the Chamber of Deputies

Av Enrique Jiménez Moyo, esq. Santo Domingo

DOMINIKANISCHE REPUBLIK

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Botschaft der Dominikanischen Republik

S.E. Fransisco Alberto Caraballo Nunez


Cicerostr. 21

10709 Berlin

E-Mail: info@embajadadominicana.de

 

 

Sachlage

Die aktuelle Gesetzgebung der Dominikanischen Republik verbietet Schwangerschaftsabbrüche unter allen Umständen. Dies stellt ein schwerwiegendes und dringendes Problem für die öffentliche Gesundheit dar und führt insbesondere unter Frauen und Schwangeren aus den schwächsten Bevölkerungsgruppen zu vermeidbaren Todesfällen.

In den vergangenen 25 Jahren haben mehr als 50 Länder ihre Gesetze angepasst, um Schwangeren einen besseren Zugang zu Abtreibungen zu ermöglichen. Diese Länder haben die entscheidende Rolle erkannt, die der Zugang zu sicheren Schwangerschaftsabbrüchen für den Schutz von Leben und Gesundheit spielt. Die Dominikanische Republik gehört weiterhin zu den wenigen Ländern der Welt, die ein absolutes Abtreibungsverbot aufrechterhalten. Die aktuelle Debatte über die Reform des Strafgesetzbuches des Landes stellt eine historische Chance dar, diese Situation zu ändern und für Menschenrechte einzustehen.

Derzeit fordern Menschenrechtsaktivist_innen in der Dominikanischen Republik, dass die Reform des Strafgesetzbuches die Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen in genau drei Fällen umfasst: wenn die Schwangerschaft eine Gefahr für das Leben der Schwangeren darstellt, wenn der Fötus außerhalb des Mutterleibs nicht überlebensfähig wäre und wenn die Schwangerschaft eine Folge von Vergewaltigung oder Inzest ist.

Ihre Forderungen werden sowohl durch Menschenrechtsnormen als auch von Expert_innen des öffentlichen Gesundheitswesens weitgehend unterstützt. Die Weltgesundheitsorganisation sowie bekannte medizinische Verbände befürworten die Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen mit der Begründung, dass die Kriminalisierung nicht den beabsichtigten Effekt habe, die Zahl der Abbrüche zu reduzieren – sie führe lediglich dazu, dass Schwangere unsichere, illegale Abtreibungen vornehmen lassen, die ihr Leben und ihre Gesundheit gefährden.

Darüber hinaus geben der UN-Ausschuss gegen Folter und weitere internationale Menschenrechtsorgane an, dass die Verweigerung des Zugangs zu Abtreibungsdiensten für Schwangere unter bestimmten Umständen so schweres Leid verursachen kann, dass es der Folter gleichkommt.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Der Reformierungsprozess des Strafgesetzbuchs dauert bereits mehrere Jahre an. Nach aktuellem dominikanischem Recht droht Schwangeren, die sich einer Abtreibung unterziehen, ebenso strafrechtliche Verfolgung wie Personen, die an den Eingriffen beteiligt sind. Diese Regelung gilt ungeachtet der Umstände, unter denen der Schwangerschaftsabbruch angestrebt oder durchgeführt wurde. 2010 trat eine neue Verfassung in Kraft. Gemäß Artikel 37 dieser Verfassung gilt seither die Unantastbarkeit des Rechts auf Leben "von der Empfängnis bis zum Tod".

Im Jahr 2014 nahm der Kongress der Dominikanischen Republik einen Reformentwurf für das Strafgesetzbuch an, der die Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen in drei Fällen beinhaltete: wenn die Schwangerschaft eine Gefahr für das Leben der Schwangeren darstellt, wenn der Fötus außerhalb des Mutterleibes nicht überlebensfähig wäre und wenn die Schwangerschaft eine Folge von Vergewaltigung oder Inzest ist. Im Dezember 2015 wurden die vorgeschlagenen Reformen jedoch durch das Urteil 599-15 des Verfassungsgerichts verworfen. Dadurch blieb das alte Strafgesetzbuch aus dem Jahr 1884 in Kraft. Der amtierende Präsident Luis Abinader befürwortet die Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen unter den drei beschriebenen Umständen und immer mehr Kongressabgeordnete unterstützen eine entsprechende Reform ebenfalls.

Es ist wissenschaftlich belegt, dass ein absolutes Abtreibungsverbot die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche nicht reduziert. Stattdessen steigt durch die Kriminalisierung für Schwangere die Gefahr, bei illegalen, unsicheren Abbrüchen zu sterben. Die Weltgesundheitsorganisation weist darauf hin, dass diese Gefahr gerade für Schwangere, die in Armut, in ländlichen Regionen oder in entlegenen Gebieten leben, durch restriktive Abtreibungsgesetze steigt. Die Kriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen unter allen Umständen hält Schwangere davon ab, sich in medizinische Behandlung zu begeben. Des Weiteren schreckt sie Ärzt_innen davon ab, lebensrettende Behandlungen an Schwangeren durchzuführen, deren Leben durch die Schwangerschaft bedroht ist oder bei denen während eines unsicheren Schwangerschaftsabbruchs Komplikationen aufgetreten sind.

In der Dominikanischen Republik kommt es aufgrund des bestehenden absoluten Abtreibungsverbots weiterhin zu vermeidbaren Todesfällen von Schwangeren. Ein Beispiel dafür ist der Fall der 2012 verstorbenen Rosaura Almonte, die in den Medien als "Esperancita" bekannt war. Ihr wurde eine lebensnotwendige Chemotherapie gegen ihre Leukämie-Erkrankung verweigert, als sie in der siebten Woche schwanger war, weil sich die Behandlung auf den Fötus ausgewirkt hätte. Ärzt_innen behandelten sie zunächst nicht, da Schwangerschaftsabbrüche strafbar sind und diejenigen, die einen Schwangerschaftsabbruch durchführen oder ermöglichen, strafrechtlich verfolgt werden können.