Aktuell Russische Föderation 08. Juli 2022

Russland: Sieben Jahre Haft für Kommunalpolitiker wegen Kritik am Ukrainekrieg

Das Bild zeigt mehrere Menschen mit Plakaten in der Hand, darauf zu lesen "Stop War"

Protest trotz Repressionen: Demonstration gegen den Angriffskrieg in der Ukraine in der russischen Stadt Sankt Petersburg am 27. Februar 2022.

Ein russisches Gericht hat Alexej Gorinow, einen Kommunalpolitiker aus Moskau, zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt. Ihm wird vorgeworfen, "wissentlich falsche Informationen" verbreitet zu haben, weil er die russische Invasion der Ukraine kritisiert hatte. 

Als Reaktion auf die Verurteilung sagte Bruce Millar, Experte für Osteuropa und Zentralasien bei Amnesty International:

"Der Urteilsspruch gegen Alexej Gorinow ist empörend. Hier handelt es sich nicht um Gerechtigkeit, sondern um eine rechtswidrige Vergeltungsmaßnahme wegen der Äußerung seiner Ansichten. Alexej Gorinow hat den Krieg von Wladimir Putin gegen die Ukraine beim Namen genannt – dies stellt jedoch keine international als Straftat anerkannte Handlung dar. Die russische Justiz stellt sich somit einmal mehr auf die Seite einer Regierung, die alles daran setzt, abweichende Meinungen zu unterdrücken."

Alexej Gorinow gab kein Schuldeingeständnis ab und verurteilte mit seinen letzten Worten vor Gericht erneut den Krieg in der Ukraine: "Ich bin überzeugt, dass dieser Krieg der schnellste Weg zur Entmenschlichung ist, dahin, wo die Grenze zwischen Gut und Böse verschwimmt. Krieg ist immer Gewalt und Blut, zerfetzte Körper und abgetrennte Körperteile. Er ist immer Tod. Ich nehme dies nicht hin und lehne es ab."

"Die russischen Behörden müssen Alexej Gorinow umgehend und bedingungslos freilassen, und ebenso alle anderen Personen, die nur deshalb in Haft sind, weil sie ihre Ansichten geäußert und sich gegen den Krieg ausgesprochen haben. Alle Anklagen gegen sie müssen fallengelassen werden", so Bruce Millar.

Tweet des Amnesty-Bezirks Sachsen:

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Hintergrund 

Am 8. Juli verurteilte das Bezirksgericht Meshchansky in Moskau Alexej Gorinow, Mitglied des Moskauer Gemeinderats im Stadtteil Krasnoselski, zu sieben Jahren Gefängnis. Ihm wurde unter dem kürzlich eingeführten Paragrafen 207.3 des Strafgesetzbuchs die "wissentliche Verbreitung falscher Informationen" über die russischen Streitkräfte vorgeworfen. Dies ist der erste Fall, in dem eine Person auf der Grundlage dieses Paragrafen verurteilt wurde.

Das Urteil gegen Alexej Gorinow beruhte auf Bemerkungen, die er bei einer Gemeinderatsitzung am 15. März über russische Aggressionen in der Ukraine gemacht hatte. Er sprach damals über den Tod ukrainischer Kinder aufgrund des Krieges, den die russischen Behörden nach wie vor als "militärischen Sondereinsatz" bezeichnen. Laut Ansicht der Behörden habe Alexej Gorinow gemeinsam mit der Sitzungsvorsitzenden Jelena Kotjonotschkina versucht, "mittels seiner offiziellen Position das Militär zu diskreditieren". Jelena Kotjonotschkina floh aus Russland, bevor sie festgenommen werden konnte.

Die offiziellen Ermittlungen im Fall von Alexej Gorinow dauerten nur fünf Tage. Insgesamt sind in Russland bisher mehr als 60 Strafverfahren gemäß Paragraf 207.3 eingeleitet worden.

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