Pressemitteilung Aktuell Ukraine 22. Februar 2023

Ukraine: Russischer Angriffskrieg verlangt nach entschlossener Antwort der internationalen Gemeinschaft

Das Bild zeigt auf der linken Seite einen Mann der eine Kiste aus einem brennenden Haus trägt. Rechts ist eine Frau zu sehen, die bestürzt zuguckt..

Nach einem Jahr des völkerrechtswidrigen russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine muss die internationale Gemeinschaft ihre Bemühungen verstärken, die Verantwortlichen für die Aggression zur Rechenschaft zu ziehen, den Opfern in der Ukraine zu Gerechtigkeit zu verhelfen und die humanitäre Unterstützung auszubauen.

Am 24. Februar 2022 begannen russische Streitkräfte eine groß angelegte Invasion in die Ukraine und damit einen völkerrechtswidrigen Akt der Aggression, der eine Menschenrechtskatastrophe auslöste. Seitdem haben die russischen Streitkräfte Kriegsverbrechen und andere Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht begangen, darunter außergerichtliche Hinrichtungen, sexualisierte und geschlechtsspezifische Gewalt, Angriffe auf zivile Infrastruktur und Unterkünfte, Verschleppungen von Zivilpersonen sowie rechtswidrige Tötungen in großem Umfang durch die Bombardierung von Städten.

Markus N. Beeko, Generalsekretär von Amnesty International in Deutschland, sagt:

"Die Menschen in der Ukraine haben in den vergangenen zwölf Monaten dieses Angriffskriegs unvorstellbares Grauen erlebt. Sie verdienen Gerechtigkeit und Wiedergutmachung für das physische, seelische und wirtschaftliche Leid, das Wladimir Putin und die russischen Truppen ihnen zufügen. Die internationale Staatengemeinschaft hat die Pflicht, die Täter zur Rechenschaft zu ziehen."

"Wir fordern die russische Führung auf, den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine sofort zu beenden und die systematischen Verstöße gegen internationale Menschenrechtsnormen und humanitäres Völkerrecht zu stoppen. Russlands Einmarsch in die Ukraine ist ein eklatanter Verstoß gegen die Charta der Vereinten Nationen, ein Akt der Aggression und damit ein Völkerrechtsverbrechen. Die russische Führung greift damit die internationale Ordnung an, zu deren Grundnormen seit Ende des Zweiten Weltkrieges das Gewaltverbot und die Menschenrechte gehören. Das dürfen wir nicht zulassen. Russland missbraucht seine Position als ständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrats, um sich vor Konsequenzen zu schützen. Nun gilt es, die Institutionen und ihre Werkzeuge zum Schutz der Menschenrechte zu stärken und die Verantwortlichen für Völkerrechtsverbrechen zur Rechenschaft zu ziehen."

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Entschlossenheit und neue Wege bei der Strafverfolgung vonnöten

Die unmittelbare Reaktion auf den Angriff Russlands war ermutigend. So wurden sowohl auf nationaler als auch internationaler Ebene Untersuchungen zu völkerrechtlichen Verbrechen in der Ukraine eingeleitet. Auch in Deutschland ermittelt der Generalbundesanwalt nach dem Weltrechtsprinzip zu Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in der Ukraine. Um umfassende Gerechtigkeit für die Menschen in der Ukraine zu erreichen, muss die internationale Gemeinschaft die bestehenden juristischen Mechanismen zuverlässig und nachhaltig unterstützen.

Darüber hinaus sollten neue nationale und internationale Mechanismen in Betracht gezogen werden. Amnesty International begrüßt den Beschluss des UN-Menschenrechtsrats vom März 2022, eine unabhängige Untersuchungskommission einzusetzen. Solche Mechanismen stärken mit Blick auf die große Zahl von Kriegsverbrechen das internationale Justizsystem ergänzend. Dies gilt auch für das Verbrechen der Aggression, das bislang vom Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) nicht zufriedenstellend verfolgt werden kann.

"Die internationale Gemeinschaft sollte alles tun, damit die Verantwortlichen für Völkerrechtsverbrechen vor Gericht gestellt werden. Dabei muss auch gegen hochrangige militärische Befehlshabende und zivile Führungskräfte ermittelt werden", so Beeko.

Alle Gerichtsverfahren müssen dabei internationalen Menschenrechtsstandards, insbesondere dem Recht auf ein faires Verfahren, entsprechen. Die Überlebenden und ihre Bedürfnisse gilt es umfassend zu berücksichtigen.

Die internationale Gemeinschaft muss faire, wirksame und unparteiische Ermittlungen unterstützen. Die Staaten sollten außerdem die Ukraine auffordern, das Römische Statut zu ratifizieren, um ihr nationales Recht mit den Rechtsstandards im Bereich der internationalen Justiz in Einklang zu bringen, und die Zusammenarbeit mit dem IStGH zu verstärken. Gerechtigkeit für die Ukraine bedeutet auch, dass andere Länder die Verbrechen nach dem Weltrechtsprinzip verfolgen. Die Generalbundesanwaltschaft in Deutschland hat bereits ein Strukturermittlungsverfahren eingeleitet.

Risikogruppen bei humanitärer Unterstützung besonders berücksichtigen

Bei der Bereitstellung von humanitärer Unterstützung muss die internationale Gemeinschaft die besonderen Bedürfnisse von Risikogruppen – wie Frauen, ältere Menschen, Menschen mit Behinderungen und Kinder – berücksichtigen.

Die Zusammenarbeit mit ukrainischen zivilgesellschaftlichen Organisationen ist wichtig, um die Bedürfnisse der Überlebenden in den Vordergrund zu stellen und die praktische Umsetzung der wirtschaftlichen und humanitären Hilfe zu gewährleisten. Die internationale Gemeinschaft muss sicherstellen, dass diese Zusammenarbeit in einer Weise erfolgt, die Transparenz, Effektivität und Sensibilität für die Betroffenen gewährleistet – und zwar während des gesamten Prozesses der humanitären Hilfe, des Wiederaufbaus, der Strafverfolgung der Verantwortlichen und der Wiedergutmachung.

Seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die gesamte Ukraine am 24. Februar 2022 dokumentiert Amnesty International Kriegsverbrechen und Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht.  Alle bisher veröffentlichten Berichte von Amnesty International sind auf amnesty.org zu finden.

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