Iran: Hinrichtungen verhindern!

Das Bild zeigt eine Collage mit vier Fotos von Männern

Anwar Khezri, Khosrow Basharat und Kamran Sheikheh sollen im Iran hingerichtet werden (v.l.n.r.). Farhad Salimi wurde bereits hingerichtet (2. von links). 

+++ Update 23. Januar 2024: Wir haben die traurige Nachricht erhalten, dass Fahrhad Salimi heute morgen hingerichtet wurde. Bitte setzt euch jetzt verstärkt für Anwar Khezri, Kamran Sheikheh und Khosrow Basharat ein. +++
Vier sunnitischen Kurden droht im Ghezel-Hesar-Gefängnis in der Provinz Alborz unmittelbar die Hinrichtung. Im Iran werden derzeit zahlreiche Todesurteile vollstreckt und drei weitere Kurden, die im selben Verfahren zum Tode verurteilt worden waren, sind unlängst willkürlich exekutiert worden. Die sieben Männer waren in einem grob unfairen Verfahren, das von Folter- und Misshandlungsvorwürfen geprägt war, wegen "Verdorbenheit auf Erden" (ifsad fil-arz) für schuldig befunden und zum Tode verurteilt worden.

Bitte beachten: Allen Personen mit persönlichen Beziehungen in den Iran raten wir, eine Teilnahme zu prüfen. Dieses Schreiben wird mit deinem Vor- und Nachnamen und Mail-Adresse an den Adressaten im Land gesandt.

Bitte wendet euch gegen weitere geplante Hinrichtungen im Iran!

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Bitte abschicken bis: 14.05.2024

Appell an

Oberste Justizautorität
Gholamhossein Mohseni Ejei
c/o Embassy of Iran to the European Union
Avenue Franklin Roosevelt No. 15
1050 Brüssel
BELGIEN

Dein Appell

Sehr geehrter Herr Ejei,

mit Bestürzung habe ich erfahren, dass auch Farhad Salimi am frühen Morgen des 23. Januar 2024 hingerichtet wurde. Bereits zuvor wurden Ghasem Abesteh am 5. November 2023, Ayoub Karimi am 29. November 2023 und Davoud Abdollahi am 2. Januar 2024 willkürlich exekutiert. Angesichts dieser vier bereits willkürlich vollstreckten Todesurteile bin ich in großer Sorge um das Leben von Anwar Khezri, Kamran Sheikheh und Khosrow Basharat im Ghezel-Hesar-Gefängnis in Karadsch (Provinz Alborz).

Ich fordere Sie dringend auf, jegliche Vorhaben bezüglich der Hinrichtungen von Anwar Khezri, Kamran Sheikheh und Khosrow Basharat zu stoppen.

Bitte heben Sie ihre Schuldsprüche sowie ihre Todesurteile auf und gewähren Sie ihnen faire Wiederaufnahmeverfahren, die den internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren entsprechen und in denen weder auf die Todesstrafe noch auf erzwungene "Geständnisse" zurückgegriffen wird.

Sorgen Sie bitte dafür, dass die vier Männer vor weiterer Folter und Misshandlung geschützt und ihre Foltervorwürfe untersucht werden. Die mutmaßlich Verantwortlichen müssen in fairen Verfahren vor Gericht gestellt werden. 

Bitte erlassen Sie umgehend ein Hinrichtungsmoratorium als ersten Schritt hin zur vollständigen Abschaffung der Todesstrafe.

Hochachtungsvoll

Sende eine Kopie an

Botschaft der Islamischen Republik Iran
S. E. Herrn Mahmoud Farazandeh
Podbielskiallee 65-67
14195 Berlin
Fax: 030 843 53 133
E-Mail: info@iranbotschaft.de

Amnesty fordert:

  • Mit Bestürzung habe ich erfahren, dass Farhad Salimi am frühen Morgen des 23. Januar 2024 hingerichtet wurde. Ich fordere Sie dringend auf, jegliche Vorhaben bezüglich der Hinrichtungen von Anwar Khezri, Kamran Sheikheh und Khosrow Basharat zu stoppen.
  • Bitte heben Sie die Schuldsprüche der Männer sowie ihre Todesurteile auf und gewähren Sie ihnen faire Wiederaufnahmeverfahren, die den internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren entsprechen und in denen weder auf die Todesstrafe noch auf erzwungene "Geständnisse" zurückgegriffen wird.
  • Sorgen Sie bitte dafür, dass die vier Männer vor weiterer Folter und Misshandlung geschützt und ihre Foltervorwürfe untersucht werden. Die mutmaßlich Verantwortlichen müssen in fairen Verfahren vor Gericht gestellt werden. 
  • Bitte erlassen Sie umgehend ein Hinrichtungsmoratorium als ersten Schritt hin zur vollständigen Abschaffung der Todesstrafe.

Sachlage

Stand 12.1.2024: Anwar Khezri, Farhad Salimi, Kamran Sheikheh und Khosrow Basharat droht im Ghezel-Hesar-Gefängnis in Karadsch (Provinz Alborz) die Hinrichtung. Drei Männer, die im selben Verfahren zum Tode verurteilt worden waren, sind kürzlich willkürlich exekutiert worden: Ghasem Abesteh am 5. November 2023, Ayoub Karimi am 29. November 2023 und Davoud Abdollahi am 2. Januar 2024. Nach Angaben einer gut informierten Quelle haben die Gefängnisbehörden Ghasem Abesteh kurz vor seiner Hinrichtung gefoltert und anderweitig misshandelt, wodurch er eine gebrochene Nase davontrug. Medienberichten zufolge händigten die Behörden die Leichen von Davoud Abdollahi und Ayoub Karimi nur unter der Bedingung an ihre Familien aus, dass diese die Hinrichtung ihrer Angehörigen nicht öffentlich machten. 

Während ihres Gerichtsverfahrens vor der Abteilung 15 des Teheraner Revolutionsgerichts, das bei Weitem nicht den internationalen Standards für faire Verfahren entsprach und etwa im Juni 2018 stattfand, wurden Anwar Khezri, Ayoub Karimi, Davoud Abdollahi, Farhad Salimi, Ghasem Abesteh, Kamran Sheikheh und Khosrow Basharat wegen "Verdorbenheit auf Erden" (ifsad fil-arz) und wegen Straftaten, die vermeintlich die nationale Sicherheit gefährdeten, schuldig gesprochen und zum Tode verurteilt. Ihrem Rechtsbeistand wurde vom Vorsitzenden Richter das Wort verboten. Am 3. Februar 2020 bestätigte die Abteilung 41 des Obersten Gerichtshofs die Schuldsprüche und Todesurteile trotz grober Verstöße gegen internationale Standards für faire Gerichtsverfahren. Anschließend wies im September 2020 die Abteilung 38 des Obersten Gerichtshofs ihren Antrag auf ein Wiederaufnahmeverfahren ab. Im August 2023 wurden die Männer aus dem Raja’i-Shahr-Gefängnis in den Hochsicherheitstrakt des Ghezel-Hesar-Gefängnisses verlegt.

Nach ihren Festnahmen zwischen Anfang Dezember 2009 und Ende Januar 2010 in der Provinz West-Aserbaidschan im Nordwesten Irans wurden die sieben Männer zunächst in eine Hafteinrichtung des Geheimdienstministeriums in Urmia, West-Aserbaidschan, gebracht. Sie wurden beschuldigt, Mitglieder von "Salafisten-Gruppen" zu sein, was sie alle bestritten. Anwar Khezri, Kamran Sheikheh und Khosrow Basharat wurden später außerdem beschuldigt, einen Mann mit einem Auto tödlich verletzt zu haben. Die drei Männer bestreiten, dass sie mit dem Tod des Mannes etwas zu tun hatten. In offenen Briefen berichteten Anwar Khezri, Khosrow Basharat und Farhad Salimi, dass sie während der Verhöre wiederholt von Angehörigen des Geheimdienstministeriums gefoltert wurden, um "Geständnisse" zu erzwingen. Zu den Foltermethoden sollen Schläge, das Aufhängen an der Decke, Scheinhinrichtungen, Schlafentzug und psychische Folter gezählt haben.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Im Februar 2020 schrieb Anwar Khezri in seinem offenen Brief an die damalige Oberste Justizautorität Ebrahim Raisi, dass er versucht habe, sich das Leben zu nehmen, nachdem er nach seiner Festnahme 56 Tage lang gefoltert worden war. Unter anderem musste er in einer Hafteinrichtung des Geheimdienstministeriums wiederholt Schläge gegen seine Brust, seinen Kopf und seine Fußsohlen ertragen. Er bezeichnete diese Hafteinrichtung als eine "Folterkammer". Nach seinem Suizidversuch erhielt er im Krankenhaus Bluttransfusionen, weil er viel Blut verloren hatte. Entgegen ärztlichem Rat wurde er am nächsten Tag in das Gefängnis zurückgebracht. Er sagte, dass er, nachdem die Folter gegen ihn wiederaufgenommen wurde, gezwungen wurde, "Geständnisse" zu unterschreiben. Anwar Khezri beschrieb auch, wie er im August 2017 in Handschellen und mit verbundenen Augen aus seiner Zelle geführt und einer Scheinhinrichtung unterzogen wurde. Laut einer informierten Quelle wurde Khosrow Basharat nach seiner Festnahme mehrfach mit Stromkabeln geschlagen, während er an ein Bett gefesselt war, für längere Zeiträume mit gefesselten Händen von der Zimmerdecke gehängt und gezwungen, nachts Schreie anzuhören, die wie die von anderen Gefolterten klangen. Dies führte bei ihm zu Schlafmangel und schwerer Verzweiflung. Nach drei Wochen derartiger Folter wurde er gezwungen, ein vorgefertigtes "Geständnis" zu unterschreiben.

In einem offenen Brief vom Februar 2020 schrieb Farhad Salimi, dass er unter Druck gesetzt werde, erzwungene "Geständnisse" abzugeben und seinen gewählten Rechtsbeistand abzusetzen. Die Foltervorwürfe der Männer wurden bis heute offenbar nicht untersucht. 

Amnesty International wendet sich in allen Fällen, weltweit und ausnahmslos gegen die Todesstrafe. Die Todesstrafe verletzt das Recht auf Leben und ist die grausamste, unmenschlichste und erniedrigendste aller Strafen. Amnesty International ruft seit langem alle Länder, die an der Todesstrafe festhalten, einschließlich des Iran, auf, ein Hinrichtungsmoratorium zu erlassen, als ersten Schritt hin zur vollständigen Abschaffung der Todesstrafe.

Fortsetzung (auf Englisch)

Following their arrests, the seven men were held separately in a Ministry of Intelligence detention facility in Urumieh before being transferred to prisons in West Azerbaijan province. After spending over six years in pre-trial detention, they were first sentenced to death in late May 2016 for "corruption on earth" by Branch 28 of the Revolutionary Court of Tehran. The Court also convicted them of national security offences for their alleged "membership in Salafist groups", which Ministry of Intelligence agents alleged included al-Qaeda, the Taliban and Kurdish opposition groups. The trial was grossly unfair and consisted of one hearing in mid-March 2016 that lasted just five minutes. On appeal to Branch 41 of the Supreme Court, their sentences and convictions were overturned around March 2017 and the Court remanded their cases to Branch 15 of the Revolutionary Court of Tehran for re-trial. In mid-2018, Branch 15 of the Revolutionary Court of Tehran convicted all seven men of "corruption on earth" and sentenced them to death. On 3 February 2020, on appeal, Branch 41 of the Supreme Court upheld their convictions and sentences. On 19 September 2017, Anwar Khezri, Kamran Sheikheh and Khosrow Basharat were transferred from Raja’i Shahr prison to Urumieh prison to stand trial in a separate case before a criminal court in Urumieh for murder. In early July 2018, this court convicted Kamran Sheikheh of murder and sentenced him to death as well as to 10 years’ imprisonment, while Anwar Khezri and Khosrow Basharat were convicted of complicity to murder and sentenced to 10 years’ imprisonment.

Ghasem Abesteh’s, Ayoub Karimi’s and Davoud Abdollahi’s arbitrary executions come amid an alarming execution spree by the Iranian authorities in recent months. In November 2013 alone, the authorities executed at least 115 people or almost double the number of executions they carried out in November 2022. This spike comes against the backdrop of the Iranian authorities’ intensified use of the death penalty in 2023, including as a tool of repression against members of oppressed minorities, protesters and dissidents. 

Ethnic minorities in Iran, including Kurds, Ahwazi Arabs, Azerbaijani Turks, Baluchis and Turkmen face discrimination which curtails their access to education, employment and political office. Ethnic minorities, including Kurds, are also disproportionately affected by death sentences imposed for vague charges such as "corruption on earth" and also being executed in secret with the authorities then refusing to return their bodies for burial to their families. Additionally, religious minorities, including Sunni Muslims, Baha’is, Christians, Gonabadi Dervishes, Jews, and Yaresan suffer discrimination in law and practice, including in access to education, employment, child adoption, political office and places of worship. Authorities also subject religious minorities to arbitrary detention, unjust prosecutions, torture and other ill-treatment for professing or practising their faith. On 30 June 2022, Tehran’s Prosecutor, Ali Salehi, visited Raja’i Shahr prison, where the seven men were imprisoned at the time. According to Kurdish Human Rights News, he stated during the visit that "Sunni people don’t deserve the right to life in Iran", prompting 22 Sunni prisoners to go on hunger strike in protest at his remark.