Iran: Drohende Hinrichtung

Das Bild zeigt das Porträtbild eine Mannes

Ist in Gefahr, im Iran hingerichtet zu werden: Reza Rasaei (undatiertes Foto).

Reza (Gholamreza) Rasaei droht in Zusammenhang mit den landesweiten Protesten im Herbst 2022 im Iran die Hinrichtung. Am 7. Oktober 2023 befand ihn die Abteilung 2 des Strafgerichts 1 der Provinz Kermanschah nach einem grob unfairen Verfahren des "Mordes" für schuldig und verurteilte ihn zum Tode, nachdem das Gericht sein unter Folter erzwungenes "Geständnis" als "Beweis" zugelassen hatte.

Bitte beachten: Allen Personen mit persönlichen Beziehungen in den Iran raten wir, eine Teilnahme zu prüfen. Dieses Schreiben wird mit deinem Vor- und Nachnamen und Mail-Adresse an den Adressaten im Land gesandt.

Appell an

Oberste Justizautorität
Gholamhossein Mohseni Ejei
c/o Embassy of Iran to the European Union
Avenue Franklin Roosevelt No. 15
1050 Bruxelles
BELGIEN

Sende eine Kopie an

Botschaft der Islamischen Republik Iran
S. E. Herrn Mahmoud Farazandeh
Podbielskiallee 67
14195 Berlin
Fax: 030–83 222 91 33
E-Mail: info@iranbotschaft.de

 

Amnesty fordert:

  • Ich fordere Sie dringend auf, den Schuldspruch und das Todesurteil gegen Reza (Gholamreza) Rasaei unverzüglich aufzuheben. Für den Fall, dass er wegen einer international anerkannten Straftat angeklagt wird, muss sein Verfahren den internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren entsprechen. Dabei darf nicht auf die Todesstrafe oder erzwungene "Geständnisse" zurückgegriffen werden.
  • Ich fordere Sie mit Nachdruck auf, Reza Rasaei umgehend Zugang zu seiner Familie, einem selbst gewählten Rechtsbeistand und angemessener medizinischer Versorgung zu gewähren. Sorgen Sie bitte dafür, dass er vor weiterer Folter und anderen Misshandlungen geschützt wird und dass seine Foltervorwürfe untersucht werden. Die mutmaßlich Verantwortlichen müssen in fairen Verfahren vor Gericht gestellt werden.
  • Zudem bitte ich Sie dringend, unabhängigen Beobachter*innen Zugang zu Verfahren zu gestatten, die mit den Protesten in Verbindung stehen und bei denen die Todesstrafe verhängt werden kann. Bitte verfügen Sie ein offizielles Hinrichtungsmoratorium als ersten Schritt hin zur vollständigen Abschaffung der Todesstrafe.

Sachlage

Reza (Gholamreza) Rasaei gehört der kurdischen Minderheit und der Religionsgemeinschaft der Yaresan im Iran an. Ihm droht im Zusammenhang mit den landesweiten Protesten unter dem Slogan "Frau Leben Freiheit", die zwischen September und Dezember 2022 stattfanden, die Hinrichtung. In einem Urteil vom 7. Oktober 2023 wurde er von der Abteilung 2 des Strafgerichts 1 in der Provinz Kermanschah des "Mordes" für schuldig befunden und zum Tode verurteilt. Dem Urteil zufolge soll Reza (Gholamreza) Rasaei am 18. November 2022 bei einer Demonstration in Sahneh in der Provinz Kermanschah an der Tötung eines Geheimdienstmitarbeiters beteiligt gewesen sein, der von den iranischen Staatsmedien als Angehöriger der Revolutionsgarden identifiziert wurde. Reza Rasaei hat eine Beteiligung wiederholt bestritten, auch während seines Prozesses. Darüber hinaus verurteilte ihn das Gericht wegen der "Störung der öffentlichen Ordnung" zu einem Jahr Gefängnis und 74 Peitschenhieben. Bei der Urteilsverkündung wies das Gericht den Widerruf seines erzwungenen "Geständnisses", das nach Angaben von Reza Rasaei unter Folter und anderen Misshandlungen bei den Verhören zustande gekommen war, ab, ohne entsprechende Ermittlungen durchzuführen.

Reza Rasaei wurde am 24. November 2022 in Schahriyar in der Provinz Teheran von der Ermittlungseinheit der iranischen Polizei (Agahi) festgenommen und anschließend in eine von der Agahi kontrollierten Hafteinrichtung in Sahneh gebracht. Dort soll Reza Rasaei bei den Verhören von Angehörigen der Agahi gefoltert und anderweitig misshandelt worden sein, um ein "Geständnis" zu erzwingen, unter anderem durch Elektroschocks, das Erzeugen von Erstickungsängsten durch eine Plastiktüte über dem Kopf und schwere Schläge. Reza Rasaei wurde später in das Gefängnis von Dizel Abad in der Provinz Kermanschah verlegt, wo er sich derzeit befindet. Er hat seinen Rechtsbeistand erstmals beim Prozess getroffen. Der Prozess, der sich über drei Sitzungen erstreckte, endete am 21. September 2023. Amnesty International liegen keine Informationen vor, ob gegen das Urteil ein Rechtsmittel eingelegt wurde. Das Recht von Reza Rasaei auf ein faires Gerichtsverfahren wurde in eklatanter Weise verletzt. Dieses Recht umfasst den Zugang zu einem Rechtsbeistand seiner Wahl ab dem Zeitpunkt der Festnahme, eine angemessene Möglichkeit, die Rechtmäßigkeit seiner Inhaftierung anzufechten, und das Recht auf ein Verfahren vor einem zuständigen, unabhängigen und unparteiischen Gericht. Amnesty International hat auf Seiten der iranischen Behörden außerdem wiederholt ein Muster aus erzwungenen "Geständnissen" nach Folter und anderen Misshandlungen dokumentiert, auch durch die Agahi. Gerichte stützen sich bei Verurteilung und Strafzumessung auf derartige "Geständnisse", und das auch in Fällen im Zusammenhang mit den landesweiten Protesten, in denen die Todesstrafe verhängt wird.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Von September bis Dezember 2022 kam es im gesamten Land zu beispiellosen Unruhen gegen das System der Islamischen Republik, ausgelöst durch den Tod von Mahsa (Zhina) Amini am 16. September 2022, wenige Tage nach ihrer willkürlichen Festnahme durch die iranische "Sittenpolizei". Die Sicherheitskräfte machten umfassenden und rechtswidrigen Gebrauch von scharfer Munition, Metallkugeln und Tränengas und gingen mit schweren Schlägen gegen Demonstrierende vor. Hunderte Demonstrierende und unbeteiligte Dritte, darunter auch Minderjährige, wurden rechtswidrig von Sicherheitskräften getötet. Tausende erlitten Verletzungen, ließen sich häufig aber aus Angst vor einer Festnahme nicht medizinisch versorgen. Mehr als die Hälfte der Getöteten gehörte zu der unterdrückten belutschischen Minderheit in der Provinz Sistan und Belutschistan oder der kurdischen Minderheit in den Provinzen Kurdistan, Kermanschah und West-Aserbaidschan. Ab Anfang November 2022 berichteten kurdische Menschenrechtsgruppen von einer massiven Präsenz von Sicherheitskräften in der Provinz Kermanschah.

Bisher wurden im Iran sieben Männer im Zusammenhang mit den Protesten unter dem Slogan "Frau Leben Freiheit" willkürlich hingerichtet, die in äußerst unfairen, von Foltervorwürfen geprägten Verfahren zum Tode verurteilt worden waren. Am 19. Mai ließen die iranischen Behörden Majid Kazemi, Saleh Mirhashemi und Saeed Yaghoubi hinrichten. Sie waren im Dezember 2022 bzw. Januar 2023 vor Gericht gestellt und wegen der vage formulierten und zu weit gefassten Anschuldigung der "Feindschaft zu Gott" (moharebeh) zum Tode verurteilt worden. Die Behörden hatten die Anklagen auf der Grundlage unbegründeter Anschuldigungen und durch Folter erzwungener "Geständnisse" erhoben, wonach die Männer bei einem Vorfall während der Proteste, bei dem drei Angehörige der Sicherheitskräfte starben, Schusswaffen eingesetzt hätten. Die Männer wurden jedoch im Zusammenhang mit diesen Todesfällen nicht des Mordes angeklagt oder für schuldig befunden. Am 10. Mai 2023 gaben die Behörden bekannt, dass die Schuldsprüche und Todesurteile vom Obersten Gerichtshof bestätigt worden waren, obwohl gegen die Grundsätze für ein faires Verfahren verstoßen wurde, erhebliche Verfahrensfehler vorlagen, es keine Beweise gab und die Foltervorwürfe nie untersucht wurden. Amnesty International liegen Informationen vor, dass die drei in der Zeit, als sie "verschwunden" waren, gefoltert und gezwungen wurden, sich selbst zu belasten.

Fortsetzung (auf Englisch
Torture is a violation of international law and its use is prohibited under all circumstances. Statements elicited as a result of torture, ill-treatment or other forms of coercion must be excluded as evidence in criminal proceedings, except those brought against suspected perpetrators of such abuse. In view of the irreversible nature of the death penalty, the proceedings in capital cases must scrupulously observe all relevant international standards protecting the right to a fair trial. Anyone arrested or detained on a criminal charge must be treated in full compliance with Iran’s human rights obligations including rights to a fair trial. These include the rights to choose one’s own lawyer; to access effective legal assistance from the time of arrest and throughout the pre-trial and trial proceedings; to be brought promptly before an ordinary civilian judge; to challenge the lawfulness of detention before an independent, impartial tribunal; to be presumed innocent; to remain silent and not to be compelled to incriminate oneself or to confess guilt; to obtain full access to relevant evidence; to not be detained on vague charges; to examine and cross-examine witnesses; to receive a fair, public hearing before a competent, independent and impartial tribunal; and to be provided with a public, reasoned judgement. Amnesty International has consistently documented a pattern of systematic violations of the rights to a fair trial in Iran from the time of arrest and throughout the investigation, trial and appeal proceedings. Courts routinely ignore allegations of torture and other ill-treatment, without ordering an investigation, and rely on torture-tainted "confessions" to issue convictions and sentences, including in death penalty cases. Under international law, the imposition of the death penalty following an unfair trial constitutes an arbitrary deprivation of life.

Ethnic and religious minorities in Iran suffer entrenched discrimination in law and in practice. Iranian authorities curtail the access of ethnic minorities to education, employment and political office. In 2023, Amnesty International has also documented how the Iranian authorities have intensified their use of the death penalty as a tool of political repression against ethnic minorities from Iran’s Kurdish and Baluchi minorities. Religious minorities, including Yaresan, also are subjected to discrimination in law and practice, including in access to education, employment, child adoption, political office and places of worship.

Amnesty International opposes the death penalty in all cases without exception. The death penalty is a violation of the right to life and the ultimate cruel, inhuman and degrading punishment. Amnesty International has consistently called on all states that retain the death penalty, including Iran, to establish an official moratorium on executions, with a view to completely abolishing the death penalty.