Aktuell Russische Föderation 12. Dezember 2023

Russland: Verbleib des politischen Gefangenen Alexej Nawalny weiterhin unklar

Das Bild zeigt eine Maske-tragende Frau, die vor der russischen Botschaft steht und ein Schild mit den Worten "Freiheit für Alexej Nawalny"  vor sich hält.

Amnesty-Mahnwache vor der russischen Botschaft in Berlin für die Freilassung des in Russland inhaftierten Kreml-Kritikers Alexej Nawalny (24. April 2021)

Der prominente russische Oppositionelle und politische Gefangene Alexej Nawalny befindet sich nach Angaben der russischen Behörden offiziell nicht mehr in der Strafkolonie. Er war dort zur Verbüßung einer ungerechtfertigten 19-jährigen Haftstrafe inhaftiert. Seit seiner willkürlichen Festnahme im Januar 2021 und seiner anschließenden Inhaftierung ist Alexej Nawalny ständigen Schikanen und Folter durch die Strafvollzugsbehörden ausgesetzt. Sein Schicksal und sein Aufenthaltsort sind derzeit unbekannt.

Denis Krivosheev, stellvertretender Direktor für Osteuropa und Zentralasien bei Amnesty International, zeigte sich besorgt über die Weigerung der russischen Behörden, sich zum Aufenthaltsort von Alexej Nawalny zu äußern: "Als ob der Vergiftungsversuch, die Inhaftierung und die unmenschlichen Haftbedingungen nicht schon genug gewesen wären, weist vieles darauf hin, dass Alexej Nawalny nun auch noch dem Verschwindenlassen zum Opfer gefallen ist. Der Kreml schreckt vor nichts zurück in seinem Bestreben, seine Kritiker*innen zu unterdrücken". 

Am 5. Dezember 2023 hörten die Anwält*innen von Alexej Nawalny zum letzten Mal von ihrem Mandanten. Seitdem weigern sich die russischen Behörden, Auskunft über das Schicksal und den Verbleib von Alexej Nawalny zu geben. Es besteht die Möglichkeit, dass er in eine andere Strafkolonie verlegt wurde. Amnesty hat die Praxis der Gefangenentransporte dokumentiert und als besonders erniedrigend und unmenschlich bezeichnet. Die Verlegung von Gefangenen in Russland kann sich über Wochen hinziehen, ohne dass die Angehörigen der Gefangenen darüber informiert werden. Dies gefährdet in der Regel die Gesundheit und das Wohlergehen der Gefangenen, da sie Misshandlungen und Schikanen ausgesetzt sind. Die Behörden sind jedoch verpflichtet, unverzüglich über die Verlegung von Gefangenen zu informieren.

"Nawalny war bereits während seiner Inhaftierung Bedingungen ausgesetzt, die Folter und anderen Formen der Misshandlung gleichkommen. Er wurde zu Unrecht dem strengsten Haftregime unterworfen, wurde über lange Zeiträume in Einzelhaft gehalten, und sein Gesundheitszustand hat sich verschlechtert. Die aktuelle Situation erhöht die Risiken, denen er ausgesetzt ist, noch zusätzlich. Die Verfolgung von Alexej Nawalny ist politisch motiviert und eine Vergeltung für seinen friedlichen politischen Aktivismus. Er ist ein gewaltloser politischer Gefangener und muss unverzüglich und bedingungslos freigelassen werden. Die russischen Behörden müssen dringend Auskunft über sein Schicksal und seinen Aufenthaltsort geben", so Denis Krivosheev. 

Amnesty-Posting auf X (ehemals Twitter):

Twitter freischalten

Wir respektieren deine Privatsphäre und stellen deshalb ohne dein Einverständnis keine Verbindung zu Twitter her. Hier kannst du deine Einstellungen verwalten, um eine Verbindung zu den Social-Media-Kanälen herzustellen.
Datenschutzeinstellungen verwalten

Hintergrund 

Am Abend des 11. Dezember 2023 informierten Beamt*innen der Strafkolonie IK-6 in Melechowo in der Region Wladimir (etwa 250 km östlich von Moskau) den Rechtsbeistand von Alexej Nawalny darüber, dass der Gefangene nicht mehr in der Strafkolonie registriert sei. Nawalnys Pressesprecherin Kira Jarmysch erklärte, die Behörden weigerten sich, seinen neuen Aufenthaltsort bekannt zu geben. Alexej Nawalny sollte per Videoschaltung an der Gerichtsverhandlung über eine Klage teilnehmen, die er wegen seiner Haftbedingungen gegen die Strafkolonie eingereicht hatte. Seit dem 7. Dezember wurde er jedoch nicht mehr zugeschaltet, angeblich wegen eines Stromausfalls. 

Anfang des Monats sollte Alexej Nawalny wegen angeblicher Verstöße gegen die Gefängnisvorschriften für zwölf Monate in eine spezielle Strafzelle verlegt werden. Dies ist die härteste langfristige Disziplinarmaßnahme, die das russische Strafvollzugssystem vorsieht. Sein Gesundheitszustand gibt weiterhin Anlass zur Sorge. Die harte und lange Einzelhaft und das Fehlen einer angemessenen medizinischen Versorgung kommen Folter oder anderen Misshandlungen gleich.

Weitere Artikel