Amnesty Report Tschechische Republik 21. Mai 2017

Tschechien 2017

Amnesty Report 2016 / 2017

Die Regierung ergriff Maßnahmen, um Bedenken der Europäischen Kommission hinsichtlich der Diskriminierung von Roma-Kindern beim Zugang zu Bildung Rechnung zu tragen. 2016 kam es weiterhin zu Protesten gegen Flüchtlinge und Migranten, und Bürgerinitiativen zur Unterstützung von Flüchtlingen waren Drohungen vonseiten rechtsextremer Gruppierungen ausgesetzt.

DISKRIMINIERUNG VON ROMA

Recht auf Bildung

Am 1. September 2016 trat eine Novellierung des Schulgesetzes in Kraft, das 2015 verabschiedet worden war, nachdem die Europäische Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren unter Berufung auf die EU-Richtlinie zur Gleichbehandlung ohne Unterschied der ethnischen Herkunft gegen Tschechien eingeleitet hatte. Zu den begrüßenswerten Reformen gehörten Fördermaßnahmen für Kinder mit besonderen Bedürfnissen im Bildungsbereich, die Einführung eines einjährigen Vorschuljahrs, das für alle Kinder verpflichtend ist, und das Ziel, alle Kinder mit "leichten geistigen Behinderungen" in die Regelschulbildung mit einem inklusiven Bildungsangebot zu integrieren. Diese Reformen wurden von nationalen und internationalen nichtstaatlichen Organisationen begrüßt, die jedoch auch darauf hinwiesen, dass es weiterer Anstrengungen bedürfe, um Vorurteile gegenüber Roma-Kindern abzubauen und ausreichend Mittel für die Förderung der bedürftigen Kinder zur Verfügung zu stellen.

Zwangssterilisierung

Im März 2016 empfahl der UN-Ausschuss für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau (CEDAW-Ausschuss), eine Regelung für Entschädigungszahlungen an Roma-Frauen zu treffen, die zwangssterilisiert wurden, und ein unabhängiges Gremium mit der Untersuchung des gesamten Ausmaßes der Folgen der Zwangssterilisierung zu betrauen. Bis zum Jahresende hatte die Regierung jedoch noch keine Schritte in Richtung einer Umsetzung dieser Maßnahmen unternommen.

RASSISMUS

Erneut kam es zu Protesten gegen Migranten und Flüchtlinge. Im Februar 2016 nahmen in der Hauptstadt Prag Tausende von Menschen an einer Demonstration gegen Flüchtlinge teil. Im Anschluss kam es zu Angriffen auf das Büro der Flüchtlingshilfsorganisation Klinika. Dabei wurde eine Person verletzt. Im April 2016 waren Geschäfte und Sitze von Unternehmen, die sich an der Kampagne "Zonen ohne Hass" in Prag beteiligt hatten, Ziele von Angriffen und wurden mit Hassbotschaften und rechtsextremen Symbolen beschmiert. Im September wurde gegen fünf Personen Anklage wegen Sachbeschädigung und "Sympathiebekundungen für eine Bewegung zur Unterdrückung der Menschenrechte und Freiheiten" erhoben. Anschließend kam es in der Stadt zu einer Demonstration gegen Hass, an der mehrere Hundert Menschen teilnahmen. Staatspräsident Miloš Zeman stellte weiterhin Flüchtlinge und Asylsuchende als "Bedrohung" dar und bediente sich dabei einer gegen Migranten gerichteten Rhetorik. Ein Mann gab im August bei einem Sommerlager für Roma-Kinder in dem Dorf Jiřetín pod Jedlovou im Bezirk Děčín mehrere Schüsse in die Luft ab und stieß rassistische Beschimpfungen aus. Nach Angaben der Organisatoren des Ferienlagers schickte die örtliche Polizei daraufhin trotz wiederholter Bitte des Leiters des Ferienlagers um Hilfe keine Polizisten an den Tatort. Im September 2016 wies die Ermittlung einer regionalen Polizeistelle diese Vorwürfe zurück, kam aber zu dem Ergebnis, dass der Vorfall nicht umfassend untersucht worden sei.

FLÜCHTLINGE UND ASYLSUCHENDE

Die Regierung willigte ein, mit der Neuansiedlung und der von der EU veranlassten Umverteilungsregelung fortzufahren, bestand jedoch auf vorab durchgeführten eingehenden Sicherheitsprüfungen. Zum Jahresende waren nur 52 Flüchtlinge neu angesiedelt worden und zwölf im Rahmen der Umverteilung aufgenommen worden. Die routinemäßige Inhaftierung von Asylsuchenden und Migranten wurde fortgesetzt.

RECHTE VON LESBEN, SCHWULEN, BISEXUELLEN, TRANSGESCHLECHTLICHEN UND INTERSEXUELLEN

Das Verfassungsgericht befand im Juni Paragraph 13 (2) des Gesetzes über eingetragene Partnerschaften für verfassungswidrig, dem zufolge es einer Person in einer gleichgeschlechtlichen eingetragenen Partnerschaft verboten ist, Kinder zu adoptieren und der alleinige Sorgerechtsinhaber für das Kind zu sein. Diese Bestimmung wurde anschließend aufgehoben. Weiterhin verboten bleiben jedoch gemeinsame Adoptionen eines LGBTI-Paares in einer gleichgeschlechtlichen eingetragenen Partnerschaft, bei dem beide Partner das volle Sorgerecht hätten.

FRAUENRECHTE

Tschechien unterzeichnete im Mai 2016 das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt mit der Absicht, es bis Mitte 2018 zu ratifizieren. Im März 2016 wies der UN-Ausschuss für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau auf die geringe Zahl der wegen geschlechtsspezifischer Diskriminierung eingereichten Klagen im Land hin und empfahl die Einrichtung einer kostenfreien Rechtshilfe für solche Verfahren. Der Ausschuss brachte außerdem seine Besorgnis über das anhaltende Lohngefälle zwischen Männern und Frauen in Höhe von etwa 21 % zum Ausdruck; dies ist der dritthöchste Wert in der EU.

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