Amnesty Report Estland 01. Juni 2016

Estland 2016

 

Anfang 2016 soll ein Gesetz in Kraft treten, das sowohl unverheirateten heterosexuellen als auch homosexuellen Paaren die Eintragung ihrer Partnerschaft erlaubt. Die Behörden unternahmen 2015 wichtige Schritte, um das Problem der Staatenlosigkeit, insbesondere von Minderjährigen, anzugehen. Ungefähr 83 000 Personen waren jedoch noch immer staatenlos. Es gab weiterhin nur wenige Asylanträge.

Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgeschlechtlichen und Intersexuellen

Ein im Oktober 2014 verabschiedetes Gesetz zu eingetragenen Lebenspartnerschaften soll am 1. Januar 2016 in Kraft treten. Das Gesetz ermöglicht es unverheirateten – auch gleichgeschlechtlichen – Paaren, ihre Lebenspartnerschaft eintragen zu lassen. Die Behörden haben jedoch noch nicht die notwendige Vorarbeit geleistet, was insbesondere die erforderliche Anpassung anderer Gesetze betrifft, die mit der Neuregelung in Zusammenhang stehen. Es ist daher zu befürchten, dass die positiven Auswirkungen des Gesetzes nicht unmittelbar spürbar sein werden.

Diskriminierung von ethnischen Minderheiten

Nach Angaben des Innenministeriums waren 83 364 Einwohner Estlands (mehr als 6% der Bevölkerung) am 1. September 2015 noch immer staatenlos. Die große Mehrheit von ihnen war russischsprachig.

Die Behörden unternahmen wichtige Schritte, um das Problem der Staatenlosigkeit anzugehen, vor allem im Hinblick auf Minderjährige. Am 21. Januar 2015 verabschiedete das Parlament mehrere Änderungen des Staatsbürgerschaftsgesetzes, die am 1. Januar 2016 in Kraft treten sollen. Die Reform soll den Zugang zur Staatsbürgerschaft erleichtern, indem z. B. in Estland geborene Kinder staatenloser Eltern die estnische Staatsbürgerschaft künftig automatisch bei ihrer Geburt erhalten.

Im Februar 2015 wurde der Sprachnachweis, der für den Erhalt der estnischen Staatsbürgerschaft notwendig ist, für Antragsteller über 65 Jahre vereinfacht. Sie müssen künftig nur noch einen mündlichen Sprachtest, aber keine schriftliche Prüfung mehr ablegen.

Ethnische Minderheiten waren weiterhin in hohem Ausmaß von Arbeitslosigkeit betroffen. Es gab die Befürchtung, Angehörige ethnischer Minderheiten könnten benachteiligt sein, weil für alle Arbeitsplätze mit Publikumsverkehr, ob im öffentlichen Dienst oder in der Privatwirtschaft, ausreichende Kenntnisse der estnischen Sprache Voraussetzung sind.

Flüchtlinge und Asylsuchende

Die Zahl der Asylsuchenden war im Jahr 2015 weiterhin niedrig, jedoch höher als im Vorjahr. In den ersten neun Monaten des Jahres 2015 wurden ungefähr 200 Asylanträge gestellt. Die meisten Asylsuchenden erreichten das estnische Staatsgebiet durch unkontrollierte Grenzübertritte. Es bestand weiterhin die Sorge, dass ihnen an den offiziellen Grenzübergängen die Einreise und der Zugang zum Asylverfahren verweigert werden könnten.

Anfang September 2015 gab es einen Brandanschlag auf das einzige estnische Aufnahmezentrum für Asylsuchende in Vao im Kreis Lääne-Viru (West-Wierland). Zum Zeitpunkt des Anschlags schliefen etwa 50 Personen in der Einrichtung, darunter mehrere Minderjährige. Dem Vernehmen nach kam es nicht zu ernsthaften Verletzungen. Die Untersuchung des Vorfalls war Ende 2015 noch nicht abgeschlossen.

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