Amnesty Report Togo 29. März 2022

Togo 2021

Schüler_innen stehen vor einem Tisch auf dem das Material des internationalen Amnesty-Briefmarathons liegt.

Schüler_innen in Togo nehmen im Dezember 2021 am Amnesty-Briefmarathon teil.

Berichtszeitraum: 01. Januar 2021 bis 31. Dezember 2021

Das Recht auf freie Meinungsäußerung wurde verletzt, und Medienunternehmen wurden mit Sanktionen belegt. Ein Gesetzentwurf über die Vereinigungsfreiheit drohte die Menschenrechte zu verletzen. Inhaftierte litten unter der Überbelegung von Hafteinrichtungen. Beschäftigte im Gesundheitswesen prangerten Verstöße gegen das Recht auf Gesundheit an. Diskriminierung und Gewalt gegen Frauen hielten an.

Recht auf freie Meinungsäußerung

Es gab mehrere Berichte über gerichtliche Schikanen gegen Journalist_innen, Medienbetriebe und Aktivist_innen.

Am 3. Februar 2021 wurden drei Journalisten festgenommen, weil sie den als regierungskritisch geltenden Leiter einer lokalen Behörde interviewt hatten. Sie wurden noch am selben Tag wieder freigelassen.

Am 9. März 2021 wurde die Zeitung L’Alternative mit einem viermonatigen Erscheinungsverbot belegt, nachdem die Verwaltungskammer des Obersten Gerichtshofs das im Februar von der Medienkontrollbehörde (Haute Autorité de l’Audiovisuel et de la Communication – HAAC) verhängte Erscheinungsverbot bestätigt hatte. Das Verbot erging nach der Beschwerde eines Ministers wegen eines Artikels, in dem ihm Dokumentenfälschung vorgeworfen wurde.

Die Verwaltungskammer bestätigte auch eine Entscheidung der HAAC vom Januar 2021, mit der die Zeitung L’Indépendant Express aufgefordert wurde, ihre Tätigkeit einzustellen, nachdem sie über einen mutmaßlichen Diebstahl durch zwei Ministerinnen berichtet hatte. In der Entscheidung der HAAC hieß es, der Artikel sei "ein schwerwiegender Verstoß gegen die beruflichen Regeln und die Berufsethik".

Am 27. August 2021 wurde Paul Missiagbeto, Sonderberater des Oppositionspolitikers und ehemaligen Präsidentschaftskandidaten Agbéyomé Messan Kodjo, vom erstinstanzlichen Gericht in Lomé wegen "Morddrohungen, Beleidigung von Behördenvertreter_innen und Verbreitung falscher Nachrichten" zu 48 Monaten Haft verurteilt, von denen 24 zur Bewährung ausgesetzt wurden. Er hatte WhatsApp-Nachrichten verschickt, in denen er u. a. gesagt hatte, dass Faure Gnassingbé ein tragisches Ende nehmen werde, wenn er nicht schnell handele und die Macht an den wahren Sieger übergebe. Außerdem hatte er erklärt, dass Agbéyomé Messan Kodjo der wahre Gewinner der Präsidentschaftswahlen 2020 sei.

Am 9. Dezember 2021 hob der Oberste Gerichtshof die Entscheidung der HAAC auf, die Zeitung La Symphonie für zwei Monate zu verbieten. Anlass für das Verbot war gewesen, dass La Symphonie eine von der HAAC verhängte Sanktion gegen die Zeitung The Guardian kritisiert hatte.

Ferdinand Ayité, Redakteur der Zeitung L’Alternative, und Joël Egah, Redakteur der Zeitung Fraternité, wurden am 10. Dezember 2021 festgenommen und inhaftiert. Laut Angaben ihres Rechtsbeistands wurde den beiden Journalisten Missachtung von Staatsbediensteten und "Verbreitung von Falschnachrichten" vorgeworfen, nachdem sie in einer Onlinesendung zwei Minister kritisiert hatten. Am 31. Dezember 2021 wurden sie vorläufig freigelassen. Der Moderator der Sendung, Isidore Kouwonou, wurde unter richterliche Aufsicht gestellt.

Am 11. Dezember 2021 wurde der Regierungskritiker Fovi Katakou festgenommen und u. a. wegen "Anstiftung zur Rebellion gegen die Autorität des Staates" angeklagt. Er kam am 20. Dezember vorläufig frei, befand sich aber weiterhin unter richterlicher Aufsicht.

Massenüberwachung

Nachdem bekannt wurde, dass weltweit rund 50.000 Telefonnummern möglicherweise mithilfe der Pegasus-Spionagesoftware der israelischen Firma NSO Group ausgespäht worden waren, ergab eine Untersuchung, dass mehr als 300 dieser Telefonnummern aus Togo stammten. Sie gehörten u. a. Aktivist_innen, Oppositionellen und Journalist_innen (auch Ferdinand Ayité), die im Visier der Behörden waren.

Recht auf Vereinigungsfreiheit

Am 26. Juli 2021 kündigten die Behörden an, die Erteilung und Verlängerung der Zulassungen für NGOs bis auf Weiteres auszusetzen, da der "Rechtsrahmen aktualisiert werden" müsse. Auch sollten die "Interventionen von NGOs mit den Prioritäten der Regierung in Einklang gebracht werden, um so bessere Ergebnisse zu erzielen". Zum ersten Mal seit 2012 verlängerte das Ministerium für territoriale Verwaltung die Zulassung des Verbandes der Folteropfer in Togo (Association des Victimes de Torture au Togo) nicht.

Im August 2021 wandten sich vier UN-Sonderberichterstatter_innen schriftlich an die Behörden und äußerten ihre Bedenken über Bestimmungen in einem Gesetzentwurf zur Vereinigungsfreiheit, die gegen internationale Menschenrechtsstandards verstießen.

Folter und andere Misshandlungen

Yakoubou Abdoul-Moutawakilou, Vorsitzender des Ortsverbands der Partei Parti national panafricain in der Stadt Kpalimé, starb am 26. August 2021, einen Monat nachdem er aus gesundheitlichen Gründen vorläufig aus dem Gefängnis von Lomé entlassen worden war. Er war im Januar 2020 festgenommen worden und befand sich bis Juli 2021 in Haft. Ihm wurde die Beteiligung an einem "Komplottversuch" gegen die innere Sicherheit des Staates im Zusammenhang mit der sogenannten "Tiger Revolution" vorgeworfen. Im Zuge der Ermittlungen im Fall "Tiger Revolution" waren zahleiche Personen festgenommen und beschuldigt worden, im Kontext der Präsidentschaftswahlen 2020 die staatlichen Institutionen destabilisiert zu haben. Im Jahr 2020 starben mindestens vier von ihnen, nachdem sie aus dem Gefängnis von Lomé in medizinische Einrichtungen verlegt worden waren. Das Komitee für die Freilassung aller politischen Gefangenen (Le comite pour la liberation des prisonniers politiques) kritisierte die Misshandlung dieser Gefangenen scharf.

Im Mai 2021 waren in Togo 4.906 Menschen in 14 Gefängnissen inhaftiert, die über eine Kapazität von insgesamt 2.886 Gefangenen verfügten. Mehr als die Hälfte der Inhaftierten (2.762) waren Untersuchungshäftlinge.

Frauenrechte

Im Juli 2021 nahm der UN-Menschenrechtsausschuss seine abschließenden Bemerkungen zum fünften periodischen Bericht zu Togo an. Der Ausschuss stellte fest, dass mehrere nationale Gesetze immer noch Bestimmungen enthielten, die Frauen diskriminierten, und dass es keine Maßnahmen – insbesondere Schutzmaßnahmen – gab, die überlebenden Vergewaltigungsopfern den Zugang zur Justiz ermöglichten, ohne dass sie Diskriminierung, Stigmatisierung oder Repressalien befürchten mussten. Zudem wies der Ausschuss darauf hin, dass in Togo weiterhin weibliche Genitalverstümmelung praktiziert wurde, obwohl diese unter Strafe steht.

Recht auf Gesundheit

Arbeitnehmer_innenrechte

Im September 2021 organisierten die Gewerkschaften des Gesundheitswesens in mehreren Städten Sitzstreiks, um das Versagen des Gesundheitswesens im Zusammenhang mit der Coronapandemie anzuprangern. Sie kritisierten vor allem den Mangel an medizinischem Personal auf Intensivstationen, die unzureichende Anzahl von Covid-19-Kliniken, den Mangel an medizinischer Ausstattung sowie ausstehende Gehaltszahlungen.

Recht auf soziale Sicherheit

Am 12. Oktober 2021 verabschiedete das Parlament ein Gesetz zur Einführung einer allgemeinen Krankenversicherung mit dem erklärten Ziel, den Zugang zu einer hochwertigen Gesundheitsversorgung für alle zu gewährleisten.

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