Amnesty Report Namibia 28. März 2023

Namibia 2022

Amnesty-Logo: Kerze umschlossen von Stacheldraht.

Berichtszeitraum: 1. Januar 2022 bis 31. Dezember 2022

Auch im Jahr 2022 ging die Polizei mit exzessiver Gewalt gegen Demonstrierende vor. Ein Gesetz über Cyberkriminalität drohte die Rechte auf Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit sowie das Recht auf Privatsphäre einzuschränken. Es gab weiterhin Frühverheiratungen. Umfrageergebnisse zeigten, dass die meisten Befragten in Namibia geschlechtsspezifische Gewalt in ihrem Umfeld für gängig hielten. Das Parlament führte öffentliche Anhörungen über die Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen durch. Die Rechte von lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen Menschen (LGBTI+) wurden beschnitten. Aktivitäten von Bergbauunternehmen drohten die Umwelt zu schädigen und die Rechte indigener Bevölkerungsgruppen zu untergraben.

Recht auf freie Meinungsäußerung

Exzessive Gewaltanwendung

Am 13. Mai 2022 gingen Polizeikräfte in der Hauptstadt Windhoek mit unverhältnismäßiger Gewalt gegen friedlich demonstrierende Händler*innen vor. Dabei feuerten sie Tränengas und Gummigeschosse auf die Menge ab, wodurch Protestierende verletzt wurden. Die Proteste richteten sich gegen die Vernichtung gefälschter Waren, die die Behörden zuvor von den lokalen Händler*innen beschlagnahmt hatten. Ein Journalist des Senders Namibian Broadcasting Corporation wurde durch ein Gummigeschoss am Bein verletzt.

Rechtsvorschriften zur Internetkriminalität

Im Februar 2022 äußerte die in London ansässige Denkfabrik Institute for Public Policy Research Bedenken bezüglich des Gesetzes über elektronische Transaktionen und Cyberkriminalität, das dem namibischen Parlament im selben Monat vorgelegt wurde. Sollte das Gesetz in Kraft treten, könnte es die Rechte auf Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit sowie das Recht auf Privatsphäre einschränken. Besonders bedenklich waren Bestimmungen, die willkürliche geheime Durchsuchungsbefehle zulassen und dem Ministerium für Informations- und Kommunikationstechnologie übermäßige Befugnisse einräumen würden.

Kinderrechte

Im März 2022 berichtete das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF), dass in Namibia 64.200 Frauen lebten, die vor Erreichen des 18. Lebensjahres verheiratet wurden. 15.500 von ihnen wurden verheiratet, bevor sie 15 Jahre alt waren. Nach Angaben von UNICEF gaben 38 Prozent der befragten in Frühehen lebenden Frauen und Mädchen an, in der Ehe geschlechtsspezifische Gewalt, einschließlich sexualisierter Gewalt, erlebt zu haben.

Geschlechtsspezifische Gewalt

Im März 2022 veröffentlichte das Meinungsforschungsinstitut Afrobarometer Umfrageergebnisse, die zeigten, dass 57 Prozent der Befragten in Namibia geschlechtsspezifische Gewalt in ihrem Umfeld für gängig hielten. Im Dezember wurde über einen Fall berichtet, in dem eine 32-jährige Frau von ihrem Partner mit einer Axt getötet worden war.

Sexuelle und reproduktive Rechte

Im Juni 2022 empfahl der UN-Ausschuss für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau (CEDAW) der Regierung, das aus der Zeit vor der Unabhängigkeit stammende "Gesetz über Abtreibung und Sterilisation" (Abortion and Sterilization Act 2 of 1975) abzuändern, um Schwangerschaftsabbrüche in allen Fällen zu entkriminalisieren. Der Ausschuss wies darauf hin, dass die Kriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen eine Form von geschlechtsspezifischer Gewalt gegen Frauen ist. Im Oktober 2022 führte der namibische Ständige Parlamentsausschuss für Gleichstellung, Soziale Entwicklung und Familienangelegenheiten öffentliche Anhörungen über eine mögliche Änderung des Gesetzes durch. Frauenrechtsorganisationen hatten zuvor die Entkriminalisierung oder Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen gefordert.

Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans- und Intergeschlechtlichen (LGBTI+)

Im Januar 2022 wies das Hohe Gericht von Namibia die Anträge von Ehepartner*innen namibischer Staatsangehöriger ab, die ihren Einwanderungsstatus auf der Grundlage ihrer außerhalb des Landes geschlossenen gleichgeschlechtlichen Ehen regeln wollten. Das Gericht äußerte zwar Verständnis für die Situation der Paare, machte jedoch ein früheres Urteil des Obersten Gerichtshofs geltend und entschied, dass der Ehestatus der Paare nach namibischem Recht nicht anerkannt werde.

Umweltzerstörung

Im Juli 2022 wies das Hohe Gericht einen Eilantrag mehrerer Organisationen ab, in dem gefordert wurde, dem kanadischen Bergbauunternehmen Reconnaissance Energy Namibia die Fortsetzung seiner Explorationsaktivitäten in den Regionen Kavango-Ost und Kavango-West zu untersagen. Naturschützer*innen und Naturschutzorganisationen hatten die Ölbohrungen des Unternehmens seit 2020 angefochten. Indigene Bevölkerungsgruppen und ortsansässige Gemeinschaften äußerten weiterhin die Befürchtung, dass die Bohrungen nach Öl zum Absinken des Grundwasserspiegels und zum Verlust wertvoller Wildtierarten und Wildpflanzen führen könnten.

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