Amnesty Report Kongo (Republik) 29. März 2022

Kongo (Republik) 2021

Eine Menschenmenge aus Polizisten und Zivilist_innen mit roten Fahnen

Berichtszeitraum: 01. Januar 2021 bis 31. Dezember 2021

Kritische Stimmen wurden weiterhin unterdrückt, das Recht auf freie Meinungsäußerung verletzt und Menschenrechtsverteidiger_innen und zivilgesellschaftliche Aktivist_innen willkürlich inhaftiert. Frauen waren in den Entscheidungsgremien nach wie vor unterrepräsentiert. Es wurden keine ausreichenden Anstrengungen unternommen, um die Zugänglichkeit, Verfügbarkeit und Qualität der Gesundheitsversorgung und gesundheitlicher Einrichtungen zu gewährleisten. Bergbautätigkeiten verursachten Umweltschäden.

Hintergrund

Präsident Sassou Nguesso wurde im März 2021 mit 88,5 Prozent der Stimmen für eine vierte Amtszeit in Folge wiedergewählt. Damit war er insgesamt bereits 36 Jahre an der Macht. Die Opposition und zivilgesellschaftliche Organisationen zweifelten den ordnungsgemäßen Ablauf der Wahlen an.

Die wirtschaftliche und soziale Lage verschlechterte sich weiter aufgrund des Rückgangs der Öleinnahmen, der Staatsverschuldung in Höhe von 10 Milliarden US-Dollar und der Coronapandemie. Es gab laufende Gerichtsverfahren wegen Korruptionsvorwürfen gegen Personen, die dem Präsidenten nahestehen.

Im November 2021 wurde der seit März 2020 geltende Ausnahmezustand zum 27. Mal verlängert, und es wurden restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung der Coronapandemie verhängt.

Willkürliche Inhaftierungen

Aktivist_innen der Zivilgesellschaft, die sich kritisch über den Wahlprozess äußerten oder Menschenrechtsverletzungen anprangerten, wurden von der Justiz schikaniert.

Alexandre Ibacka Dzabana, Koordinator der "Kongolesischen Plattform der Nichtregierungsorganisationen für Menschenrechte und Demokratie", und Chryst Dongui, Vizepräsident der Vereinigung Ras le Bol, wurden am 11. März bzw. 25. März 2021 von unbekannten Männern vor ihren Häusern festgenommen. Am Tag vor seiner Festnahme hatte Chryst Dongui an einer Pressekonferenz teilgenommen, um mutmaßliche Unregelmäßigkeiten bei den Wahlen anzuprangern. Alexandre Ibacka Dzabana hatte sich an der Organisation einer für den 6. März geplanten Demonstration beteiligt, bei der ein umfassender nationaler Dialog zwischen der Regierung, den Oppositionsparteien und den Organisationen der Zivilgesellschaft sowie die Freilassung der politischen Gefangenen gefordert wurden. Diese Demonstration wurde von den Behörden verboten. Die Männer, beide Menschenrechtsaktivisten, wurden entgegen dem kongolesischen Recht erst am 9. April der Staatsanwaltschaft vorgeführt und wegen Verletzung der Staatssicherheit angeklagt. Anschließend wurden sie in das Zentralgefängnis von Brazzaville gebracht, wo man sie bis zum 13. Juli festhielt und dann bis zum Gerichtsverfahren freiließ. Während seiner Inhaftierung verschlechterte sich der Gesundheitszustand des 77-jährigen Alexandre Ibacka Dzabana erheblich, doch wurde ihm der Zugang zu ärztlicher Behandlung verwehrt.

Jean-Marie Michel Mokoko, ehemaliger Kandidat für die Präsidentschaftswahlen 2016, wurde im Oktober 2021 wieder ins Gefängnis verlegt, nachdem er ein Jahr im Militärkrankenhaus von Brazzaville verbracht hatte. Er war 2018 wegen "Verletzung der Staatssicherheit" und "illegalen Besitzes von Kriegswaffen und -munition" zu 20 Jahren Haft verurteilt worden. Die UN-Arbeitsgruppe für willkürliche Inhaftierungen betrachtete seine Inhaftierung als willkürlich.

Rechte auf freie Meinungsäußerung und Freizügigkeit

Raymond Malonga, Direktor der Satirezeitung Sel-Piment, wurde am 2. Februar 2021 wegen Verleumdung festgenommen, weil er einen Artikel veröffentlicht hatte, in dem eine dem Präsidenten Sassou Nguesso nahestehende Person der Korruption beschuldigt worden war. Am 3. Mai wurde er nach dreimonatiger Haft wegen "Verleumdung eines Mitglieds der Präsidentenfamilie" zu sechs Monaten Gefängnis und einer Geldstrafe von 45.000 Euro verurteilt. Er kam im August frei.

Am 11. Dezember 2021 hinderte man den Oppositionellen Paulin Makaya am Verlassen des Landes. Als er ausreisen wollte, um sich im Ausland ärztlich behandeln zu lassen, beschlagnahmten die Behörden ohne Angabe von Gründen seinen Reisepass. Am 21. Dezember durfte er schließlich ausreisen.

Frauenrechte

Frauen sind in Entscheidungsgremien nach wie vor unterrepräsentiert, was gegen Artikel 17 der Verfassung von 2015 verstößt, der "die Parität garantiert und die Förderung sowie die Repräsentation von Frauen in allen politischen, gewählten und administrativen Funktionen sicherstellt".

Anlässlich des Internationalen Frauentags am 8. März 2021 bedauerte die Ministerin für Gesundheit, Bevölkerung, Frauenförderung und Integration von Frauen in die Entwicklung, dass nur 33 Prozent der Mitglieder des Verfassungsgerichts, 20 Prozent der gewählten Vertreter_innen im Senat und 11 Prozent in der Nationalversammlung Frauen waren. Im August 2021 forderte der Konsultativrat für Frauen die Behörden auf, das seit 2016 geplante Paritätsgesetz zu verabschieden, wie es der CEDAW-Ausschuss im November 2018 empfohlen hatte. Das Gesetz soll die Parität garantieren und die Förderung und Repräsentation von Frauen in allen politischen, Wahl- und Verwaltungsfunktionen sicherstellen.

Recht auf Gesundheit

Es wurde nicht genug unternommen, um die Zugänglichkeit, Verfügbarkeit und Qualität der Gesundheitsversorgung und der Gesundheitseinrichtungen zu gewährleisten.

Das Budget für das Gesundheitswesen wurde von 325 Millionen Euro im Jahr 2020 auf 290 Millionen Euro im Jahr 2021 gekürzt. Die Krankenhäuser, darunter die Universitätsklinik von Brazzaville, sahen sich mit zahlreichen Schwierigkeiten konfrontiert, darunter Wasser- und Stromknappheit sowie das Fehlen geeigneter Einrichtungen und Ausrüstungen für die erforderliche Behandlung. Im August 2021 löste die Regierung die Leitung des Universitäts- und Krankenhauszentrums von Brazzaville ab, da sie erhebliche Mängel festgestellt hatte. Auch in mehreren Gesundheitseinrichtungen außerhalb der Hauptstadt Brazzaville kam es häufig zu Arzneimittelengpässen.

Das Gesundheitspersonal beklagte sich 2021, wie schon seit Beginn der Pandemie, über einen Mangel an persönlicher Schutzausrüstung gegen das Coronavirus. Am 31. Dezember 2021 waren 767.398 Impfstoffdosen gegen Covid-19 verimpft worden, doch lediglich 560.880 Menschen waren vollständig geimpft, bei einer geschätzten Bevölkerung von 5,5 Millionen.

Am 18. Juni 2021 trat das Gesundheitspersonal des Edith-Lucie-Bongo-Ondimba-Krankenhauses in der Stadt Oyo in einen Streik und forderte die Zahlung von mindestens sieben ausstehenden Monatsgehältern. Dies geschah zusätzlich zu den zahlreichen Streiks, die das Gesundheitspersonal in den vergangenen Jahren durchgeführt hatte, um Gehaltsrückstände und Mängel in den Gesundheitseinrichtungen anzuprangern. Die Misere des Gesundheitswesens hatte viele Beschäftigte dazu veranlasst, den öffentlichen Sektor zu verlassen, um in der Privatwirtschaft oder im Ausland zu arbeiten. Laut dem Nationalen Plan zur Entwicklung des Gesundheitswesens 2018–2022 praktizieren mehr als 150 kongolesische Ärzt_innen außerhalb des Landes.

Umweltzerstörung

Die örtliche Bevölkerung im Departement Sangha prangerte die Verschmutzung der Flüsse und die Abholzung der Wälder an, die durch den seit mehr als zehn Jahren betriebenen Abbau von Gold verursacht wurden. Dem Rainforest Journalism Fund zufolge haben die verantwortlichen Unternehmen die Umweltgesetze nicht eingehalten, und die Behörden haben keine Maßnahmen ergriffen, um sie zur Rechenschaft zu ziehen.

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