Amnesty Report Israel und besetzte palästinensische Gebiete 29. März 2022

Israel und besetzte palästinensische Gebiete 2021

Das Bild zeigt eine Collage aus zwei Bildern: Links Rauchwolken nach einem Raketeneinschlag, rechts Raketensalven vor einer Skyline

Berichtszeitraum: 1. Januar 2021 bis 31. Dezember 2021  

Der bewaffnete Konflikt zwischen Israel und bewaffneten palästinensischen Gruppen im Gazastreifen im Mai 2021 ging mit offensichtlichen Kriegsverbrechen und möglichen Verbrechen gegen die Menschlichkeit einher.

Bei unverhältnismäßigen und rücksichtslosen Angriffen der israelischen Streitkräfte wurden 242 Palästinenser_innen im Gazastreifen getötet. Zu den rechtswidrigen Angriffen Israels gehörten auch gezielte Luftschläge gegen medizinische Einrichtungen und medizinisches Personal. Israel erhielt seine rechtswidrige Blockade des Gazastreifens aufrecht, was für die Bewohner_innen einer Kollektivstrafe gleichkam und die humanitäre Krise dort verschärfte. Die Bewegungsfreiheit der Palästinenser_innen im Westjordanland wurde willkürlich eingeschränkt. Die israelischen Behörden setzten die Palästinenser_innen rechtswidrigen Zwangsräumungen, willkürlichen Festnahmen, Folter und anderen Misshandlungen aus, die fast immer straffrei blieben.

Israels systematische Diskriminierung von Palästinenser_innen in Israel und in den besetzten palästinensischen Gebieten kam dem völkerrechtlichen Verbrechen der Apartheid gleich. Im Oktober stufte das Verteidigungsministerium sechs palästinensische zivilgesellschaftliche Organisationen als "terroristisch" ein. Militärdienstverweiger_innen wurden inhaftiert. Frauen wurden weiterhin durch Scheidungs- und andere Personenstandsgesetze, die von religiösen Gerichten durchgesetzt wurden, diskriminiert, und die häusliche Gewalt nahm während der Coronapandemie zu.

Die Behörden verweigerten Asylsuchenden den Zugang zu einem fairen und zügigen Asylverfahren sowie zu finanzieller Unterstützung. Israel gab 5.000 Dosen Corona-Impfstoff an die palästinensischen Behörden ab und schickte Tausende Dosen an diplomatische Verbündete.

Hintergrund

Ministerpräsident Benjamin Netanjahu verlor am 23. März 2021 die Parlamentswahlen nach einer zwölfjährigen Amtszeit, die von Korruption überschattet war. Am 13. Juni wurde eine neue Koalitionsregierung bestätigt, mit der ein Bündnis von nationalkonservativen, Zentrums- und Linksparteien gemeinsam mit einer islamistischen Partei an die Macht kam.

Zwischen dem 10. und dem 21. Mai 2021 kam es im Gazastreifen zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Israel und bewaffneten palästinensischen Gruppen. Es war der fünfte Konflikt zwischen Israel und dem Gazastreifen innerhalb von 15 Jahren. In israelischen Städten, in denen sowohl jüdische als auch palästinensische Bewohner_innen lebten, führte Gewalt zwischen diesen Bevölkerungsgruppen zu Tötungen, Zusammenstößen und Sachbeschädigung.

Unter der palästinensischen Bevölkerung Israels lag die Mordrate proportional 25-mal höher als unter der jüdischen Bevölkerung; Letztere macht etwa 80 Prozent der Gesamtbevölkerung aus. Nach Angaben der NGO Aman wurden 2021 in Israel 110 Palästinenser_innen von Kriminellen getötet, so viele wie seit Jahrzehnten nicht mehr.

Das Wohnungsbauministerium förderte Pläne für den Bau rechtswidriger Siedlungen südwestlich von Bethlehem, östlich von Jerusalem und südlich von Ramallah in den besetzten palästinensischen Gebieten.

Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel wurden zwar ergriffen, die Lasten waren jedoch nicht gerecht zwischen den jüdischen und den palästinensischen Bürger_innen Israels aufgeteilt. Im August 2021 verursachte eine noch nie dagewesene Hitzewelle ausgedehnte Waldbrände.

Im Juli 2021 statteten die Behörden den Büros des Unternehmens NSO Group einen Besuch ab. Dies war eine Reaktion auf die Ermittlungen im Rahmen des Pegasus-Projekts, bei denen sich herausstellte, dass die Spionagesoftware des Unternehmens eingesetzt worden war, um Menschenrechtsverteidiger_innen und Journalist_innen auf der ganzen Welt ins Visier zu nehmen.

Rechtswidrige Angriffe

Bewaffneter Konflikt im Gazastreifen

Während des bewaffneten Konflikts im Mai 2021 beging Israel im Gazastreifen offensichtliche Kriegsverbrechen und möglicherweise Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Nach Angaben des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wurden 242 Palästinenser_innen getötet, darunter 63 Kinder, und etwa 9.000 verletzt. Mehr als 74.000 Palästinenser_innen wurden zu Binnenvertriebenen. Nach Angaben der Weltbank konnte der Bedarf an Wohnraum für 4.000 Familien mit insgesamt 7.000 Kindern, deren Häuser beschädigt oder zerstört worden waren, bis Dezember nicht gedeckt werden.

Am 10. Mai 2021 bombardierte Israel die Meerwasserentsalzungsanlage im Norden des Gazastreifens, wodurch die Wasserversorgung für mehr als 250.000 Menschen unterbrochen war, bis die Anlage am 23. Mai notdürftig repariert wurde.

Am 14. Mai gegen Mitternacht bombardierte die israelische Luftwaffe das Wohnhaus der Familie al-Atar in der Stadt Beit Lahia und tötete Lamya al-Atar und ihre drei Kinder im Alter von acht Monaten bis sieben Jahren.

Am 12. Mai verbot Israel ausländischen Reporter_innen die Einreise in den Gazastreifen und verhinderte damit eine unabhängige Berichterstattung. Am 15. Mai schlug eine israelische Rakete in das Gebäude ein, in dem Associated Press und Al Jazeera untergebracht waren. Den dort tätigen Journalist_innen war eine Frist von 60 Minuten zur Evakuierung eingeräumt worden. Israelischen Angaben zufolge befand sich im Keller des Gebäudes eine Kommandozentrale der Hamas, was die Medienorganisationen bestritten.

Israelische Raketen trafen medizinische Einrichtungen und töteten medizinisches Personal. Am 16. Mai wurde bei Angriffen ohne Vorwarnung auf den Stadtteil al-Wehda in Gaza-Stadt Dr. Ayman Abu al-Ouf, Leiter der Coronaabteilung und Chefarzt für Innere Medizin am Al-Shifa-Krankenhaus, dem wichtigsten Krankenhaus des Gazastreifens, getötet. Zu den weiteren Todesopfern gehörten Dr. Mooein al-Aloul, ein Psychiater und Neurologe, und mindestens 33 weitere Zivilpersonen. Israel erklärte, sie seien unbeabsichtigte Opfer eines Angriffs auf ein unterirdisches militärisches Ziel gewesen. Am 17. Mai traf ein israelischer Luftschlag die Al-Rimal-Klinik, das zentrale Corona-Testlabor im Gazastreifen, und beeinträchtigte die Test- und Impfprogramme erheblich. Die WHO berichtete, dass während des Konflikts 30 Gesundheitseinrichtungen beschädigt wurden.

Westjordanland

Im besetzten Westjordanland, einschließlich Ost-Jerusalem, töteten die israelischen Streitkräfte nach Angaben des UN-Büros für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten in den besetzten palästinensischen Gebieten (OCHA-OPT) 75 Palästinenser_innen und verletzten 14.679, zum einen bei Festnahmen in palästinensischen Wohnhäusern, zum anderen bei Protesten, die sich vor allem gegen die Aktivitäten jüdischer israelischer Siedler_innen richteten.

Israelische Siedler_innen verübten Gewalttaten, die straffrei blieben. Im Jahr 2021 gab es 118 Angriffe israelischer Siedler_innen auf Palästinenser_innen, im Jahr 2020 waren es 84.

Am 17. August warfen Siedler_innen Steine auf sechs palästinensische Jungen, die in Silat al-Daher, einem Dorf in der Nähe der Stadt Jenin im Westjordanland, ein Picknick abhielten. Anschließend rammten sie den 15-jährigen Tareq Zbeidi mit ihrem Auto und schlugen ihn, wie er gegenüber der israelischen Menschenrechtsorganisation B'Tselem aussagte. Die Siedler fesselten ihn an die Motorhaube des Autos. Israelische Soldat_innen trafen ein und übergaben den bewusstlosen Jungen dem Rettungspersonal eines palästinensischen Krankenwagens, den seine Familie gerufen hatte. Festnahmen erfolgten nicht.

Recht auf Wahrheit, Gerechtigkeit und Wiedergutmachung

Am 3. März 2021 leitete die Anklägerin des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) Fatou Bensouda eine Untersuchung der Lage in Palästina ein, die auch die Ereignisse seit Mitte Juni 2014 in den besetzten Gebieten umfasste. Israel erklärte, dass der IStGH nicht die nötigen Befugnisse habe und dass es sich nicht auf die Untersuchung einlassen werde.

Am 27. Mai setzte der UN-Menschenrechtsrat eine internationale Untersuchungskommission zu den Menschenrechtsverletzungen in den besetzten palästinensischen Gebieten und in Israel ein. Der israelische Vertreter bei den Vereinten Nationen kündigte umgehend an, dass Israel nicht kooperieren werde.

Recht auf Freizügigkeit

Die israelischen Behörden schränkten die Bewegungsfreiheit der Palästinenser_innen willkürlich ein.

Gazastreifen

Israel erhielt die seit 2007 andauernde Luft-, Land- und Seeblockade des Gazastreifens weiter aufrecht. Die Blockade stellte durch die anhaltende Einschränkung des Personen- und Warenverkehrs eine Kollektivstrafe dar.

Während des Konflikts im Mai 2021 schränkte Israel die Einreise von Lastwagen mit humanitären Hilfsgütern stark ein. Nur fünf Tanklastwagen bekamen eine Einreisegenehmigung. Durch die von Israel kontrollierte Pipeline in Kerem Shalom durfte kein Kraftstoff für das Kraftwerk im Gazastreifen geleitet werden. Der israelische Grenzübergang Erez blieb geschlossen. Rund 600 Patient_innen konnten im Mai 2021 nicht außerhalb des Gazastreifens behandelt werden. Israel ließ 25.630 Lkw-Ladungen Baumaterial in den Gazastreifen einfahren. Im Jahr 2020 waren es noch 45.359.

Westjordanland

Im Westjordanland verhinderten 175 ständig besetzte militärische Kontrollpunkte und andere Straßensperren sowie zahlreiche temporäre Barrieren weiterhin den Zugang der Palästinenser_innen zu wichtigen Dienstleistungen, während Israelis dieselben Straßen ungehindert nutzen konnten. Israels Zaun bzw. Mauer im Westjordanland beeinträchtigte weiterhin die landwirtschaftliche Existenzgrundlage von 150 palästinensischen Gemeinden. Zudem wurden mehr als 11.000 Palästinenser_innen außerhalb des Zauns bzw. der Mauer isoliert, während gleichzeitig israelische Siedlungen errichtet wurden.

Rechtswidrige Zwangsräumungen

Die israelischen Behörden rissen Gebäude in den besetzten palästinensischen Gebieten, einschließlich Ost-Jerusalem, ab und machten mehr als 1.000 palästinensische Bewohner_innen in den für israelische Siedler_innen vorgesehenen Gebieten obdachlos. Unverhältnismäßig stark betroffen waren Frauen, insbesondere in Hirtengemeinschaften, da ihr Zuhause auch als Arbeitsplatz diente und somit für die Sicherung des Lebensunterhalts wichtig war. Im Februar und Juli 2021 zerstörte die israelische Armee das Dorf Humsa im Jordantal in den besetzten palästinensischen Gebieten. Sie zerstörte oder beschlagnahmte Tierställe, Wohnunterkünfte, Wasserzisternen und Lebensmittelvorräte.

Im August 2021 entschied der Oberste Gerichtshof Israels über die Vertreibung von sieben palästinensischen Familien aus ihren Häusern im Viertel Sheikh Jarrah im besetzten Ost-Jerusalem. Vorausgegangen waren mehrjährige Räumungsversuche, Schikanen durch israelische Siedler_innen und exzessive Gewaltanwendung durch die israelische Polizei. Sieben Familien in Silwan, einem weiteren Stadtteil Ost-Jerusalems, waren ebenfalls von rechtswidriger Zwangsräumung bedroht.

In der Wüste Negev/Naqab im Süden Israels rissen die Behörden wiederholt Gebäude in sieben Dörfern ab, wovon 100 in Israel lebende Palästinenser_innen betroffen waren. Am 2. September 2021 machte die Polizei das Dorf al-'Araqib dem Erdboden gleich. Seit Juli 2010 war das Dorf mehr als 150-mal zerstört worden. Al-'Araqib ist eines von 35 offiziell nicht anerkannten Beduinendörfern in der Wüste Negev/Naqab.

Willkürliche Inhaftierung sowie Folter und andere Misshandlungen

Palästinensische Gefangene waren unfairen Gerichtsverfahren vor Militärgerichten, langer Einzelhaft und unzureichender medizinischer Behandlung ausgesetzt und wurden illegal aus den besetzten palästinensischen Gebieten in israelische Gefängnisse verlegt. Nach Angaben von Addameer, einer Organisation zur Unterstützung palästinensischer Gefangener, befanden sich Ende 2021 500 Personen ohne Anklage oder Gerichtsverfahren in Verwaltungshaft; zudem waren 170 Minderjährige inhaftiert. Eine Umfrage der Kinderrechtsorganisation Save the Children ergab, dass über 80 Prozent der inhaftierten Minderjährigen geschlagen wurden und 47 Prozent keinen Zugang zu einem Rechtsbeistand hatten.

Die beiden Männer Zakaria Zubeidi und Mohammed Al-Arida wurden am 11. September 2021 von der israelischen Polizei festgenommen, nachdem sie fünf Tage zuvor aus dem Gilboa-Gefängnis in Nordisrael geflohen waren. Nach Angaben ihrer Rechtsbeistände erlitt Zakaria Zubeidi Rippenbrüche und einen Kieferbruch, während er mit Handschellen gefesselt war, und Mohammed Al-Arida wurde bei der Festnahme auf den Kopf geschlagen.

Diskriminierung

Das israelische System der Unterdrückung und Beherrschung der Palästinenser_innen erfüllte den Tatbestand der Apartheid, der ein völkerrechtliches Verbrechen darstellt. Palästinenser_innen wurden routinemäßig und systematisch diskriminiert und damit in ihren Rechten auf Staatsangehörigkeit, Bewegungsfreiheit, ein Höchstmaß an Gesundheit, Familienleben, Bildung, Arbeit und Teilnahme am öffentlichen Leben stark eingeschränkt.

Palästinenser_innen in Israel wurden gemäß den Gesetzen über Aufwiegelung strafrechtlich verfolgt, während Politiker_innen und Gruppen jüdischer Nationalist_innen weiterhin meist straflos zu rassistisch motivierter Gewalt aufriefen.

Die Polizei ging mit unverhältnismäßiger Gewalt gegen in Israel lebende Palästinenser_innen vor, die gegen Räumungen in Ost-Jerusalem und die Luftschläge des israelischen Militärs im Gazastreifen demonstrierten. Organisator_innen und Teilnehmer_innen der Proteste wurden massenhaft festgenommen. Die meisten der Festgenommenen wurden wegen Ordnungswidrigkeiten angeklagt, die nichts mit Gewalt zu tun hatten. Am 12. Mai 2021 schlugen Spezialkräfte in einer Polizeistation in Nazareth mindestens acht gefesselte palästinensische Gefangene, die bei einer Demonstration festgenommen worden waren.

Das "Gesetz über Staatsbürgerschaft und Einreise" (vorübergehende Änderung), das seit 2003 die Familienzusammenführung von palästinensischen Eheleuten mit unterschiedlichem Rechtsstatus untersagt, wurde im Juli nicht verlängert, da die Regierung bei der Abstimmung keine Mehrheit erlangte. Der Innenminister hielt dennoch an dieser Politik fest.

Menschenrechtsverteidiger_innen

Laith Abu Zeyad, ein für Kampagnen zuständiger Mitarbeiter von Amnesty International, durfte auch 2021 nicht aus dem Westjordanland ausreisen. Der Grund für das im Oktober 2019 verhängte Verbot blieb geheim.

Shatha Odeh, die Leiterin der palästinensischen Komitees für Gesundheitsarbeit (Palestinian Health Work Committees), wurde am 7. Juli 2021 festgenommen und blieb in Militärgewahrsam. Ihr wurde vorgeworfen, die Volksfront zur Befreiung Palästinas (Popular Front for the Liberation of Palestine) zu unterstützen, eine politische Partei mit einem militärischen Flügel, die von Israel verboten wurde.

Am 13. Oktober 2021 wurde der Drusensprecher Salman Awwad festgenommen, nachdem er friedlich gegen die israelische Besetzung der Golanhöhen demonstriert hatte. Ihm wurde vorgeworfen, eine illegale Demonstration organisiert, eine Straße gesperrt und zur Gewalt aufgerufen zu haben.

Am 19. Oktober 2021 erklärte die israelische Regierung sechs palästinensische zivilgesellschaftliche Organisationen in den besetzten Gebieten zu "terroristischen Organisationen". Zwei Tage zuvor hatte die Menschenrechtsorganisation Front Line Defenders festgestellt, dass die Mobiltelefone von sechs Angehörigen dieser Organisationen mithilfe der Spionagesoftware Pegasus gehackt worden waren. Am 18. Oktober teilte der israelische Innenminister dem französisch-palästinensischen Anwalt Salah Hammouri, einem der sechs Betroffenen, mit, dass seine Aufenthaltsgenehmigung für Jerusalem annulliert und seine Abschiebung wegen mutmaßlicher "Verletzung der Loyalität gegenüber dem Staat Israel" angeordnet werde.

Rechte von Militärdienstverweiger_innen

Wehrdienstverweiger_innen wurden auch 2021 inhaftiert. So verbüßten beispielsweise die Teenager Shahar Perets und Eran Aviv 88 bzw. 114 Tage im Militärgefängnis, weil sie den Dienst in der israelischen Armee verweigert hatten.

Rechte von Frauen und Mädchen

Scheidungs- und andere Personenstandsgesetze, die von religiösen Gerichten durchgesetzt wurden, diskriminierten Frauen weiterhin. Nach Angaben von Mavoi Satum, einer israelischen Frauenrechtsorganisation, sehen sich durch diskriminierende Gerichtsurteile jedes Jahr etwa 1.700 Frauen gezwungen, in Ehen zu bleiben, in denen sie mit psychischer, physischer und/oder sexueller Gewalt konfrontiert sind.

Laut einem Bericht der staatlichen Rechnungsprüfungsbehörde vom 30. Juni waren die Finanzmittel und Maßnahmen für den Schutz gefährdeter Frauen und Familien nicht ausreichend. Nach Angaben der israelischen Beobachtungsstelle für Femizide (Israel Observatory on Femicide) starben 16 Frauen infolge häuslicher Gewalt.

Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans- und Intergeschlechtlichen (LGBTI+)

Am 11. Juli 2021 entschied der Oberste Gerichtshof, dass gleichgeschlechtliche Paare und alleinstehende Männer gleichberechtigten Zugang zu Dienstleistungen im Bereich der künstlichen Befruchtung haben sollen, wodurch der Zugang dem von heterosexuellen Paaren und alleinstehenden Frauen angeglichen wurde.

Rechte von Flüchtlingen und Migrant_innen

Nach Angaben des UN-Hochkommissariats für Flüchtlinge befanden sich 2021 rund 41.327 Flüchtlinge und Asylsuchende in Israel. Die meisten von ihnen waren eritreische und sudanesische Staatsangehörige aus Konfliktgebieten. Nur 1 Prozent wurde der Flüchtlingsstatus zuerkannt. Die Asylsuchenden hatten weder Zugang zu schnellen und fairen Asylverfahren noch zu finanzieller Unterstützung.

Recht auf Gesundheit

Israel kaufte rund 30 Millionen Dosen Corona-Impfstoff. Nach Angaben des israelischen Gesundheitsministeriums waren bis Oktober 2021 64 Prozent der Bevölkerung doppelt geimpft, darunter israelische Staatsangehörige, Bewohner_innen Ost-Jerusalems, Arbeitsmigrant_innen und palästinensische Gefangene. Mehr als 4 Millionen Bürger_innen hatten eine dritte Dosis erhalten. Im November 2021 wurde mit der Impfung von Fünfjährigen begonnen.

Im März und April 2021 lieferte Israel 5.000 Impfstoffdosen an die Palästinensische Behörde, nachdem es Presseberichten zufolge im Februar Tausende Dosen an die diplomatischen Verbündeten Guatemala, Honduras und die Tschechische Republik geschickt hatte.

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