Amnesty Report Albanien 28. März 2023

Albanien 2022

Amnesty-Logo: Kerze umschlossen von Stacheldraht.

Berichtszeitraum: 1. Januar 2022 bis 31. Dezember 2022

Durch einen Cyberangriff auf staatliche Systeme und Server wurden personenbezogene Daten albanischer Bürger*innen offengelegt, da die Regierung keine entsprechenden Schutzmaßnahmen ergriffen hatte. Journalist*innen wurden weiter eingeschüchtert. Es fehlte an forensisch-psychiatrischen Einrichtungen zur Unterbringung und Behandlung von Straftäter*innen mit psychischen Erkrankungen. Rom*nja und Balkan-Ägypter*innen waren im Bildungssektor Diskriminierung und Ausgrenzung ausgesetzt. Die Gewalt gegen Frauen und LGBTI+ hielt an. Es wurde befürchtet, dass die Umstrukturierung der Gerichte den Zugang zur Justiz erschweren könnte.

Recht auf Privatsphäre

Im Juli und September 2022 wurden durch einen externen Cyberangriff auf die zentralen staatlichen Systeme und Server Albaniens wichtige Informationen, einschließlich solcher, die als geheim eingestuft waren, sowie personenbezogene Daten albanischer Bürger*innen offengelegt. Es kam die Kritik auf, die Regierung habe keine angemessenen Maßnahmen zum Schutz vor derartigen Vorfällen ergriffen.

Recht auf freie Meinungsäußerung

Journalist*innen

Im September 2022 verbot die Staatsanwaltschaft allen Medien, Informationen aus Dateien zu veröffentlichen, die bei dem Hackerangriff auf albanische Server und Computersysteme erlangt und dann ins Internet gestellt worden waren. Bei Zuwiderhandlung drohte sie mit strafrechtlichen Ermittlungen und der Sperrung von Nachrichten-Websites.

Da die Regierung nicht für einen ausreichenden Schutz der gespeicherten Daten von Bürger*innen gesorgt hatte, konnte ein Notar im April 2022 die personenbezogenen Daten eines Journalisten ohne dessen Zustimmung herunterladen. Der Journalist hatte zuvor Informationen über das Verfahren zur Überprüfung einer ehemaligen Staatsanwältin veröffentlicht, die früher mit dem Notar verheiratet gewesen war.

Im Juli schloss der Ministerpräsident einen Journalisten drei Monate lang von der Teilnahme an seinen Pressekonferenzen aus. Er warf diesem unethisches Verhalten vor und sagte, er müsse zur "Umerziehung".

Grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung

Im April 2022 veröffentlichte das Europäische Komitee zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe einen Bericht über seinen vorausgegangenen Besuch in Albanien. Dabei hatte das Komitee die Situation psychisch erkrankter Straftäter*innen im Land untersucht, die widerrechtlich in normalen Gefängnissen untergebracht waren. Der Bericht betonte, dass dringend eine dauerhafte Lösung für die Unterbringung und Behandlung dieser Personen gefunden werden müsse, und zwar durch die Schaffung einer forensisch-psychiatrischen Einrichtung, wie sie in der Gesetzgebung zur psychischen Gesundheit vorgesehen ist.

Im Oktober 2022 starb ein 32-jähriger Mann auf einer Polizeiwache in der Hauptstadt Tirana, nachdem er willkürlich inhaftiert worden war. Die Polizei hatte sich geweigert, ihn direkt nach seiner Festnahme in ein Krankenhaus zu bringen, obwohl er an einer Erkrankung litt, die eine sofortige medizinische Behandlung erforderlich machte. Darüber hinaus wurde der Tod des Mannes von der Polizei nicht wie gesetzlich vorgeschrieben in den entsprechenden amtlichen Registern eingetragen.

Diskriminierung

LGBTI+

Lesbische, schwule, bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen wurden nach wie vor diskriminiert und schikaniert. Im Mai 2022 wurde ein trans Mann wegen seiner Geschlechtsidentität von einer Gruppe Unbekannter auf der Straße tätlich angegriffen.

Rom*nja und Balkan-Ägypter*innen

Rom*nja und Balkan-Ägypter*innen waren im Bildungssektor von früher Kindheit an Diskriminierung und Ausgrenzung ausgesetzt. Im Mai 2022 urteilte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, dass die Rechte von sechs Familien, die den Gemeinschaften der Rom*nja und der Balkan-Ägypter*innen angehörten, durch die indirekte Diskriminierung und Segregation ihrer Kinder an der Naim-Frashëri-Grundschule in Korçë verletzt worden waren.

Gewalt gegen Frauen und Mädchen

Gewalt gegen Frauen und Mädchen war nach wie vor weit verbreitet, und Schutzanordnungen wurden nicht wirksam umgesetzt. Dutzende Frauen wurden von ihren Partnern oder anderen Familienmitgliedern getötet. Ein Bericht bestätigte, dass weibliche Kandidatinnen und Abgeordnete des Parlaments innerhalb ihrer politischen Parteien verschiedenen Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt waren. So wurden sie z. B. beleidigt, in ihren Redebeiträgen unterbrochen, bedroht und sexuell belästigt.

Recht auf ein faires Gerichtsverfahren

Im Juli 2022 genehmigte die Regierung Justizreformen zur Reduzierung der Anzahl von Gerichten in Albanien. Es bestand die Sorge, dass dies den Zugang zur Justiz teurer und schwieriger machen könnte.

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