Aktuell 02. April 2020

Trotz Corona: Europa muss die Menschenrechte schützen

Screenshot eines Computerbildschirms, darauf zu sehen sind mehrere kleine Videochat-Fenster von europäischen Politiker_innen

Die EU-Staats- und Regierungschefs beraten sich in einer Videokonferenz am 26. März 2020 zu Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie

Amnesty International hat Empfehlungen für die europäischen Staaten im Umgang mit der Lungenkrankheit COVID-19 veröffentlicht. Die Länder Europas müssen sicherzustellen, dass ihre Maßnahmen mit internationalen und regionalen Menschenrechtsabkommen im Einklang sind. 

In der Veröffentlichung Europe at a Crossroads führt Amnesty verschiedene Punkte auf, die Regierungen bei ihrer Reaktion auf die gegenwärtige Pandemie beachten sollten. Unbedingt sicherstellen müssen sie die Rechte auf Gesundheit, Wohnen, Wasser und sanitäre Grundversorgung. Zudem ist es gerade in der jetzigen Zeit wichtig, besonders betroffene und gefährdete Menschen zu schützen.

"Die Staaten haben die Verpflichtung, Maßnahmen einzuleiten, um die Pandemie einzudämmen, aber bei allen Bemühungen um Schutz, Eindämmung und Behandlung müssen die Menschenrechte immer im Zentrum der Überlegungen stehen", sagt Marie Struthers, Europa-Direktorin bei Amnesty International. "Die Einschränkungen der grundlegenden Menschenrechte verbreiten sich in Europa gerade fast genauso schnell wie das Virus. Viele dieser Maßnahmen sind notwendig, um die Gesundheit der Menschen zu schützen. Doch die Geschichte wird später streng mit denjenigen ins Gericht gehen, die diese Pandemie als Rechtfertigung für Diskriminierung, Repression und Zensur nutzen."

1. Besonders gefährdete Gruppen

Bestimmte Gruppen in der Gesellschaft sind einem erhöhten Gesundheitsrisiko ausgesetzt und benötigen deshalb besondere Aufmerksamkeit. Dazu gehören nicht nur ältere Menschen und Personen mit Vorerkrankungen. Asylsuchende, Flüchtlinge und Migrant_innen, vor allem diejenigen, die in überbelegten Lagern leben, sind besonders gefährdet. Ebenso betroffen sind marginalisierte Gruppen, wie Roma, wohnungslose Menschen und Insass_innen von Gefängnissen oder Menschen in Abschiebehaft.

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2. Häusliche Gewalt

Insbesondere Frauen und Kinder sind durch die Ausgangsbeschränkungen einem erhöhten Risiko häuslicher Gewalt ausgesetzt, wenn sie sich in häuslicher Isolation mit gewalttätigen Partner_innen oder Verwandten befinden. Es müssen Maßnahmen eingeleitet werden, um die Gefahr zu minimieren und sicherzustellen, dass gefährdete Personen in dieser Krise weiterhin Zugang zu Schutz und Unterstützung haben. Dies muss für alle Frauen und Kinder gelten, auch für diejenigen ohne regulären Aufenthaltsstatus, ohne dass ihnen eine Abschiebung droht.

3. Einschränkung der Bewegungs-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit

Viele europäische Regierungen haben Notstandsgesetze verabschiedet und Maßnahmen eingeleitet, welche die Rechte auf Bewegungs- und Vereinigungsfreiheit, auf freie Meinungsäußerung und öffentliche Versammlung sowie auf Privatsphäre, auf Familienleben und auf Arbeit einschränken. Einige dieser Maßnahmen sind gerechtfertigt. Jedoch muss jede Regierung sicherstellen, dass solche massiven Eingriffe in unsere Grundrechte angemessen und verhältnismäßig, zeitlich begrenzt, transparent und überprüfbar erfolgen.

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4. Einschränkung des Rechts auf Privatsphäre

Auch der Einsatz von digitalen Technologien zur Eindämmung des Coronavirus muss diesen Grundsätzen folgen. Selbst wenn digitale Technologien die Chance bieten, die Verbreitung des Virus zu verlangsamen, dürfen sie nicht zu einer massenhaften Überwachung der Bevölkerung und einer Verletzung ihres Rechts auf Privatsphäre führen. In verschiedenen Ländern werden inzwischen Tracking-Apps verwendet oder entwickelt, die sich teils stark darin unterscheiden, inwieweit sie die Privatsphäre der Nutzer_innen respektieren. Für Europa wird eine Technologie mit dem Titel "Pepp-PT" entwickelt. Die freiwillige App soll Nutzer_innen warnen können, wenn diese sich länger im Nahbereich einer infizierten Person aufgehalten haben.

5. Einschränkung des Rechts auf Asyl

Während Einschränkungen des Rechts auf Bewegungsfreiheit gerechtfertigt sein mögen, darf die Pandemie nicht als Vorwand genutzt werden, Flüchtlinge zurückzuweisen. Das Recht, Asyl zu suchen, muss weiterhin anerkannt werden und Menschen dürfen nicht an Orte abgeschoben werden, an denen ihnen schwere Menschenrechtsverletzungen drohen.

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"Diese Krise zeigt, dass Ausgrenzung, Ungleichheit und Menschenrechtsverletzungen miteinander verbunden sind", so Marie Struthers. "Aber diese Pandemie eröffnet den europäischen Regierungen auch die Möglichkeit, einen radikalen Wandel vorzunehmen, damit wir die Gesellschaft werden, die wir sein wollen. Eine Gesellschaft in der die Menschenrechte bei allen Maßnahmen an erster Stelle stehen, die sicherstellt, dass niemand zurückbleibt, und die sich um den Schutz der am meisten gefährdeten Gruppen kümmert."

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