Aktuell Iran 15. April 2020

Gefängnis-Aufstände im Iran: Sicherheitskräfte töten 36 Menschen

Im Iran haben in den vergangenen Wochen Tausende Gefangene gegen die Gefahren einer Ausbreitung des Coronavirus in den Gefängnissen protestiert. Sicherheitskräfte gingen brutal gegen sie vor.

Die Gefangenen forderten Maßnahmen zum Schutz gegen den Virus, wie Freilassungen, Corona-Tests und Hygieneprodukte sowie die Quarantäne von Infizierten. Die Sicherheitskräfte schlugen die Proteste unter Einsatz von scharfer Munition und Tränengas brutal nieder. 36 Menschen wurden dabei getötet und Hunderte weitere verletzt. Im Sheiban-Gefängnis wurden im Nachgang der Proteste beteiligte Gefangene im Hof des Gefängnisses ausgezogen und geschlagen, berichteten Journalist_innen und Aktivist_innen. 

Es ist entsetzlich, mit welcher tödlichen Gewalt die Sicherheitskräfte gegen die Gefangenen vorgegangen sind, anstatt auf ihre legitimen Forderungen einzugehen.

Vanessa
Ullrich
Expertin für die Region Naher Osten und Nordafrika bei Amnesty International in Deutschland

Auch Danial Zeinolabedin, der wegen einer Straftat, die er im Alter von unter 18 Jahren begangen hatte, im Todestrakt saß, hatte an den Protesten im Gefängnis Mahabad teilgenommen. Am 31. März 2020 rief er seine Familie an. Er sagte, er sei von Gefängniswärtern schwer geschlagen worden und brauche Hilfe. Am 3. April 2020 erhielt seine Familie einen Anruf von den Behörden, die behaupteten, Danial Zeinolabedin habe Selbstmord begangen. Seine Familie bestreitet diese Behauptung und führt an, dass seine Leiche mit blauen Flecken und Schnitten übersät war. Amnesty International hat ein Foto seiner Leiche überprüft und kommt zum Schluss, dass die Spuren an seinem Körper auf Folter hinweisen könnten. 

"Es ist entsetzlich, mit welcher tödlichen Gewalt die Sicherheitskräfte gegen die Gefangenen vorgegangen sind, anstatt auf ihre legitimen Forderungen einzugehen", sagt Amnesty-Expertin Vanessa Ullrich. "Die Todesfälle und Folter müssen dringend unabhängig untersucht werden." 

Das Coronavirus verschärft die ohnehin verheerende Lage hunderttausender Gefangener im Iran. Viele der Gefängnisse wiesen schon vor der Corona-Krise inakzeptable Haftbedingungen auf: Überfüllung, fehlende Betten, schlechte Belüftung, begrenztes Warmwasser, unzureichende Lebensmittelversorgung, und ein Mangel an Medikamenten, Insektenbefall sowie Hygiene- und Sanitärprodukten. Unter derartigen Haftbedingungen können sich Infektionskrankheiten sehr schnell ausbreiten. Trotz einiger anfänglicher Freilassungen, sind Hunderte - die überwiegende Mehrheit - der politischen Gefangenen weiterhin in Haft.

"Politische Gefangene müssen umgehend und bedingungslos freigelassen werden. Außerdem muss dringend auch die Freilassung anderer Gefangener – insbesondere Untersuchungshäftlinge und besonders gefährdete Personen – in Betracht gezogen werden", so Ullrich weiter. 

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