Aktuell 08. November 2021

Corona-Impfstoffe gerecht verteilen: Menschenleben vor Profite!

Protestaktion für die weltweite faire Verteilung von Impfstoffen gegen das Corona-Virus am Rande des G20-Gipfels in Rom am 29. Oktober 2021

Diese Woche treffen sich die großen Pharmaunternehmen und Wissenschaftler_innen in Berlin, um sich über mRNA-Technologie auszutauschen. Dabei wird den Menschenrechten leider kein Platz auf dem Podium eingeräumt.

Pharmaunternehmen wie BioNTech und Moderna haben es in der Hand, hunderte Millionen Menschen weltweit vor der weiterhin grassierenden COVID-19-Pandemie zu schützen, gerade in ärmeren Ländern. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) spricht von zehntausenden "absolut vermeidbaren" Todesfällen täglich – wären nur die vorhandenen Impfstoffe fair verteilt. Doch die Konzerne konzentrieren sich darauf, ihre Aktienkurse zu maximieren, statt die Zahl der COVID-19-Toten zu minimieren. Laut WHO sind seit Ausbruch der Pandemie im Frühjahr 2020 mehr als fünf Millionen Menschen an COVID-19 gestorben – die Dunkelziffer liegt sicher deutlich höher.

Viele dieser Leben hätten gerettet werden können, hätten reichere Staaten nicht die verfügbaren Impfdosen gehortet und hätten Vakzin-Hersteller ihre Technologien und Patente mindestens vorübergehend freigegeben, statt den Ausbau der globalen Impfstoffproduktion zu blockieren. Inzwischen sind hierzulande 66 Prozent der Bevölkerung geimpft, in Ländern mit niedrigen Einkommen lediglich zwei Prozent. Diese eklatante Ungerechtigkeit bei der Verteilung von Impfstoffen ist ein Skandal – und eine Verletzung von Menschenrechten im großen Ausmaß.

Pharmaunternehmen müssen ihrer Verantwortung für die Menschenrechte endlich gerecht werden. Auch sie dürfen nicht zu Menschenrechtsverletzungen beitragen. Doch genau das tun die führenden Impfstoffhersteller, wenn sie ihre mRNA-Vakzine fast ausschließlich an die meistbietenden Länder, mit höheren Einkommen, verkaufen und bislang weniger als 1 Prozent an Länder mit niedrigen Einkommen geliefert haben. 2021 verkauften BioNTech/Pfizer 12-mal so viele Dosen an die EU (600 Millionen) wie an die Afrikanische Union (50 Millionen), obwohl letztere knapp dreimal so viele Einwohnende hat.

Tweet von Amnesty Austria:

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Jeder Tag, an dem sich BioNTech und Moderna weigern, ihre mRNA-Vakzin-Technologie für bereitstehende Produktionsstätten rund um den Globus freizugeben, kostet tausende Menschenleben. Millionen Euro Steuergeld sind in die Erforschung der Impfstoffe geflossen. In den vergangenen Monaten, seit der Zulassung der Vakzine, haben BioNTech/Pfizer und Moderna bereits Milliarden Dollar Gewinn gemacht. Das zeigte Pfizer erst in der vergangenen Woche anhand neuer Umsatzzahlen. Doch die Suche nach einem Mittel gegen diese oder die nächste Pandemie darf nicht nur an Gewinnen orientiert sein. Dort, wo Profite vor Menschenleben stehen, versagen Unternehmen in ihrer menschenrechtlichen Verantwortung.

Das von der WHO ausgerufene Ziel, bis Ende des Jahres 40 Prozent aller Menschen in Ländern mit geringem und niedrigem mittleren Einkommen zu impfen, liegt in weiter Ferne. Anfang September musste COVAX seine Jahresziele für 2021 noch herunterschrauben, weil versprochener Impfstoff zu wenig und zu spät geliefert wird.

Doch Menschen weltweit haben das Recht auf Leben und Gesundheit und müssen an wissenschaftlichen Fortschritten beteiligt werden. Dafür ist es dringend erforderlich, dass der Patentschutz temporär ausgesetzt wird und die Pharmaunternehmen ihr Wissen und ihre Technologien teilen, am besten über den von der Weltgesundheitsorganisation WHO geleiteten COVID-19 Technology Access Pool (C-TAP). Die Freigabe geistigen Eigentums ist ein notwendiger Schritt, um Impfstoffe schnell im großen Maßstab zu produzieren und für alle Menschen weltweit verfügbar zu machen. Die Pharmaunternehmen haben hier nicht nur eine moralische, sondern auch eine menschenrechtliche Verpflichtung, sich dafür einzusetzen, dass Menschen weltweit gegen COVID-19 geimpft werden. Nur so kann die Pandemie effektiv und nachhaltig bekämpft werden.

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