Amnesty 25. Mai 2021

Ungeteilte Menschenrechte und weltweite Menschlichkeit: 60 Jahre Amnesty International

Das Bild zeigt Menschen, die Demonstrieren

Amnesty-Demonstration gegen Folter der US-amerikanischen Amnesty-Sektion anlässlich der Menschenrechtskonferenz 2014 in Chicago 

Mit einem klassischen Zeitungsartikel beginnt am 28. Mai 1961 die Geschichte der größten unabhängigen Menschenrechtsorganisation der Welt: Heute tritt Amnesty International auf der Grundlage der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte jeden Tag für die Rechte aller Menschen ein. Die Stärke der Organisation liegt im Engagement von weltweit mehr als zehn Millionen Menschen unterschiedlicher Nationalitäten und Kulturen. Gemeinsam setzen sie Mut, Kraft und Fantasie für eine Welt ohne Menschenrechtsverletzungen ein.

1961-1970: Eine Kerze gegen die Dunkelheit: Der Beginn einer weltweiten Bewegung

"Wenn eine einzelne Person protestiert, bewirkt das nur wenig, aber wenn es viele Leute gleichzeitig tun würden, könnte es einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen."

Am 28. Mai 1961 veröffentlicht der britische Anwalt Peter Benenson in der Zeitung "The Observer" den Artikel "The Forgotten Prisoners", der mit den Worten beginnt: "Schlagen Sie Ihre Zeitung an irgendeinem beliebigen Tag auf, und Sie werden eine Meldung aus irgendeinem Teil der Welt lesen: Ein Mensch ist eingekerkert, gefoltert, hingerichtet worden, weil seine Ansichten oder religiösen Überzeugungen nicht mit denen der Regierung übereinstimmen." Benenson ermuntert die Leser_innen, mit Appellschreiben öffentlichen Druck auf die Regierungen auszuüben und von ihnen die Freilassung politischer Gefangener zu fordern. Dieser "Appeal for Amnesty" ist der Beginn der Menschenrechtsorganisation Amnesty International.

Portrait von Peter Benenson

Peter Benenson, der Gründer von Amnesty International (Archivaufnahme aus dem Jahr 1990)

Dreißig Zeitungen in verschiedenen Ländern drucken den Artikel nach und allein in den ersten Wochen melden sich mehr als tausend Interessierte. Am Ende des Jahres 1961 gibt es Sektionen in Westdeutschland, Großbritannien, Irland, den Niederlanden, Belgien, Frankreich, Schweden, Norwegen, Australien und den USA. Benenson und seine Mitstreiter_innen stellten bewusst den Einsatz für Einzelne in den Mittelpunkt der neuen Bewegung. Im September 1962 wird auf dem internationalen Treffen in Brügge endgültig der Name "Amnesty International" für die noch junge Organisation festgelegt. Nach einem Konfuzius zugeschriebenen Gedanken, den Eleanor Roosevelt, Mit-Initiatorin der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, aufgriff, wurde die Kerze im Stacheldraht das Symbol von Amnesty International, denn: "Es ist besser, eine Kerze anzuzünden, als die Dunkelheit zu verfluchen".

Grundlage der Arbeit von Amnesty International ist die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, die 1948 von den Vereinten Nationen verabschiedet wurde. Jeder Mitgliedstaat der UNO verpflichtet sich, die Erklärung einzuhalten. Amnesty International fordert somit von den Staaten ein, wozu sie sich selbst bekannt haben.

Der Journalist Gerd Ruge und die Publizistin Carola Stern gründen 1961 mit anderen Aktiven die westdeutsche Sektion von Amnesty International. Die erste deutsche, in Köln gegründete Amnesty-Gruppe setzt sich für die Freilassung eines Zeugen Jehovas aus Spanien, des russischen Lyrikers Joseph Brodsky und des südafrikanischen kommunistischen Schriftstellers Alex La Guma ein. Für die beiden Erstgenannten kann Amnesty nichts erreichen, doch La Guma kommt 1968 frei.

Am Ende des Gründungsjahrzehnts kann Amnesty International eine beeindruckende Bilanz ziehen: zwischen 1961 und 1970 hatte sich die Organisation insgesamt für bereits 4.000 Gefangene eingesetzt – 2.000 von ihnen kommen frei. Heute ist Amnesty International eine weltweite Bewegung, die in über 150 Ländern vertreten ist. Über 10 Millionen Mitglieder setzen sich dafür ein, dass auch 60 Jahre nach Benensons Appell die politischen Gefangenen dieser Welt nicht vergessen werden.

1971-1979: Auf Leben und Tod: Mit Eilaktionen gegen die Todesstrafe und Folter

Eine der bis heute wirksamsten Methoden von Amnesty International sind die Urgent Actions, Eilaktionen, mit denen weltweit sehr schnell reagiert werden kann. An den Eilaktionen können sich Interessierte weltweit beteiligen, auch wenn sie nicht Mitglied bei Amnesty International sind. Bis heute hat dieser rasche und massive Protest Tausenden von Menschen das Leben gerettet und rund ein Drittel der Urgent Actions zieht positive Meldungen nach sich: Freilassungen, Hafterleichterungen, die Aufhebung von Todesurteilen oder auch Anklagen gegen die Verantwortlichen von Menschenrechtsverletzungen.

Am 19. März 1973 startet Amnesty die erste Urgent Action: In vielen Briefen aus der ganzen Welt, die quasi gleichzeitig ankommen, wird die brasilianische Militärjunta zur Freilassung des Universitätsprofessors Luiz Rossi in São Paulo aufgefordert. Wegen der vielen Briefe gelingt es seiner Frau, einzufordern, Luiz Rossi für wenige Minuten zu sprechen – das macht ihm Hoffnung, weil er nun weiß, dass seine Situation öffentlich wahrgenommen wird. Tatsächlich verbessern sich seine Haftbedingungen und am 24. Oktober 1973 ist Luiz Rossi frei.

In den 1970ern ist die Abschaffung der Todesstrafe eines der wichtigsten Anliegen von Amnesty International. Zu dem Zeitpunkt haben nur rund zwanzig Staaten die Todesstrafe vollständig abgeschafft – heute sind es über hundert. Amnesty International kämpft weiter für eine Welt ohne Todesstrafe.

Mann steht auf der Bühne und hält eine Rede, um das Podium sind Menschen versammelt

Amnesty-Kundgebung in den USA gegen die Todesstrafe (Archivbild von 1988)

Im Dezember 1972 startet Amnesty International die erste weltweite "Kampagne zur Abschaffung der Folter". Schon zwölf Monate später wird bei den Vereinten Nationen eine Anti-Folter-Petition mit weit über einer Million Unterschriften eingereicht. Kurz darauf fordert die UNO-Vollversammlung in einer einstimmig verabschiedeten Resolution, das Folterverbot stärker zu beachten. 1984 wird mit dem "Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe" das absolute Folterverbot völkerrechtlich verbindlich.

1977 wird Amnesty International mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Diese Anerkennung macht es menschenrechtsverletzenden Regimen noch schwieriger, Amnesty International zu ignorieren. Der damalige Vorsitzende des internationalen Amnesty-Vorstands und spätere Menschenrechtskommissar des Europarates, Thomas Hammarberg, nimmt den Preis entgegen.

1980-1988: Menschen auf der Flucht

Seit Beginn der 1970er Jahren fliehen vermehrt Oppositionelle und verfolgte Menschen vor den Militärdiktaturen Lateinamerikas und suchen in Europa Asyl. Immer mehr Asylsuchende wenden sich an Amnesty International.

1985 wird der Einsatz für Flüchtlinge im Mandat von Amnesty verankert – Millionen Menschen sind weltweit auf der Flucht vor Krieg, Gewalt und Verfolgung. In Deutschland leisten die ehrenamtlichen Mitglieder der Asyl-Gruppen einen sehr wichtigen Beitrag in der Flüchtlings- und Asyl-Arbeit mit asylrechtlicher Beratung für Geflüchtete. Im Fokus steht vor allem die restriktive Flüchtlingspolitik der Europäischen Union, die die Außengrenzen immer stärker bewachen lässt und Europa zu einer Festung gegen Menschen auf der Flucht umbaut.

Zwei junge Frauen blicken in die Kamera und halten ein Schild in der Hand, auf dem steht: "Flüchtlinge aufnehmen". Hinter ihnen stehen weitere Personen, von denen einige ebenfalls Schilder hochhalten.

Amnesty-Aktion in Berlin für die Aufnahme von Flüchtlingen (Archivaufnahme)

Die Arbeit von Amnesty findet weltweit immer mehr Unterstützung – 1985 hat Amnesty 500.000 Mitglieder und es gibt fast 3.500 Gruppen in 50 Staaten.

Zum 40-jährigen Geburtstag der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte 1988 gehen internationale Stars wie Bruce Springsteen, Sting, Peter Gabriel, Tracy Chapman und Youssou N’Dour für Amnesty International auf "Human Rights Now!"-Tour und geben 19 Konzerte in 14 Ländern auf vier Kontinenten. Mehr als eine Million Menschen besuchen die Konzerte, knapp eine Milliarde Zuschauer_innen verfolgen die Übertragungen vor den Bildschirmen.

1989-2000: Die Welt ändert sich

Das Ende des Kalten Krieges erleichtert das Leben der Menschen und die Menschenrechtsarbeit in vielen Ländern des ehemaligen Ostblocks. Mit großem ehrenamtlichem Engagement werden neue Gruppen aufgebaut – in den 1990er Jahren gibt es weltweit bereits 7.500 Gruppen.

Amnesty International erweitert ihren Fokus und beschließt 1991 auf ihrer Internationalen Ratstagung in Yokohama, in Zukunft nicht nur Menschenrechtsverletzungen von Staaten publik zu machen, sondern auch Verstöße durch bewaffnete Gruppierungen. Auch Menschen, die ausschließlich wegen ihrer sexuellen Orientierung inhaftiert wurden, werden fortan als gewaltlose politische Gefangene betrachtet.

Seit 1993 fordert Amnesty International die Einrichtung eines Internationalen Strafgerichtshofs, der frei von politischer Einflussnahme durch einzelne Staaten für schwere Verletzungen der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts zuständig sein soll. 1998 kann der Internationale Gerichtshof 2003 seine Arbeit aufnehmen.

Ein weiterer internationaler Erfolg ist 1993 die Einrichtung des Hochkommissariats für Menschenrechte bei den Vereinten Nationen, das Amnesty International im selben Jahr während der UNO-Weltkonferenz in Wien fordert.

Das Bild zeigt eine Frau auf einer Bühne, vor einem Podest, sie hält die Hand in die Höhe, neben ihr steht ein Preis.

Alice Nkom ist Menschenrechtsanwältin aus Kamerun und erhielt 2014 den 7. Menschenrechtspreis der deutschen Amnesty-Sektion.

Amnesty International in Deutschland ehrt seit 1998 Menschen, die sich für Menschenrechte einsetzen, mit einem Menschenrechtspreis. Die ersten zwölf Preisträger_innen aus der ganzen Welt werden geehrt für ihr "Eintreten für die, die Angst haben, und für die, die sich nicht wehren können oder dürfen", wie es in der Laudatio heißt.

Preisträger_innen der folgenden Jahre sind die türkische Anwältin Eren Keskin, die bis heute immer wieder drangsaliert wird, die russische Menschenrechtsverteidigerin Swetlana Gannuschkina, Monira Rahman, deren Organisation die Opfer von Säureattentaten in Bangladesch unterstützt, die Organisation Women of Zimbabwe Arise, Abel Barrera Hernández aus Mexiko und das von ihm gegründete Menschenrechtszentrum Tlachinollan, Alice Nkom aus Kamerun und die Organisation Association pour la Défense des Droits des Homosexuel(le)s, Henri Tiphagne, Rechtsanwalt und Gründer der indischen Menschenrechtsorganisation People’s Watch, die Ärztinnen und Gründerinnen des Nadeem-Zentrums für die Rehabilitation von Folter- und Gewaltopfern in Kairo und zuletzt die Besatzung des Seenotrettungschiffs Iuventa, denen in Italien Anklage für ihren Einsatz für geflüchtete Menschen droht.

2001-2011: Für ein Leben in Würde

Etwa 3.000 Menschen sterben am 11. September 2001 in den USA durch islamistische Terroristen.

Amnesty International verurteilte die Anschläge scharf. Allerdings hat der folgende "Kampf gegen den Terror" weltweit Menschenrechtsverletzungen zur Folge – das Gefangenenlager Guantánamo ist nur ein Beispiel: Die Vereinigten Staaten inhaftieren rund 780 Männer völkerrechtswidrig ohne Anklage oder Gerichtsverfahren. Amnesty International fordert von der US-Regierung, nicht nur das symbolträchtige Gefangenenlager in Guantánamo zu schließen, sondern jedwede illegale Haft zu beenden und rechtsstaatliche Verfahren anzuwenden.

Seit 2003 setzt sich Amnesty International für die Achtung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte ein. Dazu gehören das Recht auf Nahrung, auf Wasser und sanitäre Grundversorgung, auf Gesundheit und auf Bildung. Doch viele Staaten verweigern ihren Bürger_innen diese Rechte. Armut ist in vielen Fällen die Folge von Menschenrechtsverletzungen, gleichzeitig führen Menschenrechtsverletzungen tiefer in die Armut. Menschen in Armut werden zudem besonders oft Opfer von Menschenrechtsverletzungen. Gerade Menschen in Armut sind darauf angewiesen, dass der Staat ihre Rechte respektiert.  Wer nicht lesen und schreiben kann, kennt oft seine Rechte nicht gut genug und ist staatlicher Willkür ausgesetzt. Wer ständig schikaniert wird, fühlt sich ohnmächtig. Wer nie gefragt wird, verliert seine Stimme.

Das Bild zeigt Demonstrierende und ein Plakat mit vielen bunten Händen und der Aufschrift "Stopp gegen Gewalt an Frauen"

Amnesty-Aktion in London zum Start der weltweiten Kampagne "Stop Violence against women" für ein Ende der Gewalt gegen Frauen (Archivbild vom Februar 2004)

Besonders betroffen von mangelnder Anerkennung ihrer Menschenrechte sind oft Frauen. Oft in allen Lebensbereichen diskriminiert, erhalten sie in vielen Ländern keinen Zugang zu Informationen über sichere und selbstbestimmte Sexualität. Verhütungsmittel und Familienplanung.

Am 25. Juli 2005 stirbt Amnesty-Gründer Peter Benenson im Alter von 83 Jahren.

Auch in Deutschland wird Amnesty International aktiv: Im Juni 2010 macht der Bericht "Täter unbekannt" Fälle von rechtswidriger Polizeigewalt öffentlich und fordert, dass diese als Missbrauch des staatlichen Gewaltmonopols von unabhängigen Ermittler_innen aufgeklärt und verfolgt werden müssen.

2011-2021: Menschlichkeit in der ganzen Welt stärken – Online wie Offline

Auch 60 Jahre nach der Gründung von Amnesty International setzen sich Menschen für Menschenrechte ein, weltweit, jeden Tag neu und auf vielfältigste Weise. 2021 erhält Amnesty International Unterstützung von mittlerweile 10 Millionen Menschen auf der ganzen Welt!

Dabei hat sich der Blick geweitet – Kampf gegen Diskriminierung und Rassismus, für das Recht der sexuellen Selbstbestimmung, für die Rechte von geflüchteten Menschen und die Förderung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte. Amnesty International verfolgt das Ziel, dass Gesellschaften so gestaltet werden, dass Menschenwürde und Menschenrechte weder für Einzelne noch für Gruppen gefährdet sind.

Eine wesentliche Herausforderung weltweit ist in den 2010er-Jahren die Verdoppelung der Zahl der Geflüchteten weltweit. Ende 2019 befinden sich 79,5 Millionen weltweit auf der Flucht, 33,8 Millionen davon außerhalb ihres Heimatlandes, 4,2 Millionen von ihnen (darunter 400.000 unbegleitete Kinder) suchen Asyl. Seit 2010 hat sich die Zahl geflüchteter Menschen nach Angaben der UN damit verdoppelt. Sie sind Menschenrechtsverletzungen häufig schutzlos ausgeliefert. Amnesty International setzt sich für den Schutz von geflüchteten Menschen ein, für faire Asylverfahren und die Entwicklung eines solidarischen Asylsystems in Europa.

Amnesty-Tweet zum Fall der "Hiblu 3":

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20 Jahre lang hat sich Amnesty International für eine globale Kontrolle von Waffen stark gemacht. Am 2. April 2013 beschließt die UN-Vollversammlung im "Arms Trade Treaty", alle Rüstungsexporte zu verbieten, die zu Völkerrechtsverbrechen, Menschenrechtsverletzungen, geschlechtsspezifischer Gewalt oder anderen Verbrechen beitragen können.

In vielen Ländern wird insbesondere Mädchen und jungen Frauen durch Gesetze und Traditionen das Selbstbestimmungsrecht über den eigenen Körper verweigert. 2014 setzt sich Amnesty International mit "My Body, My Rights" dafür ein, dass jeder Mensch das Recht hat, über Fragen, die den Körper, die sexuelle Identität und die Fortpflanzung betreffen, frei und unabhängig zu entscheiden.

2016 bringt Amnesty den Bericht "Leben in Unsicherheit" heraus und kritisiert den deutschen Staat: Die Strafverfolgungsbehörden sind auch nach ihrem Versagen beim NSU-Skandal nicht in der Lage, entschieden gegen rassistische Gewalt vorzugehen. Die trifft mehr denn je Flüchtlinge und andere People of Color.

2020 erhebt Amnesty International die Stimme für die Black-Lives-Matter-Bewegung in den USA. Tödliche Gewalt gegen Schwarze Menschen und People of Colour in den USA hängt mit der rassistischen Diskriminierung durch Polizei und Sicherheitskräfte zusammen.

Plakat mit dem Porträt von George Floyd bei einer Demonstration dazu der Slogan "Justice für George Floyd"

"Black Lives Matter": Demonstrationen gegen Rassismus am 8. Juni 2020 in Berlin.   

Die fortschreitende Digitalisierung eröffnet neue Chancen in der globalen Menschenrechtsarbeit. Andererseits bedrohen digitale Überwachungsmechanismen vor allem auch Menschen, die sich für Menschenrechte stark machen. Allein 2016 wurden in 55 Ländern Menschen inhaftiert, nur weil sie online ihr Recht auf Meinungsfreiheit wahrgenommen hatten. Gleichzeitig leiden Menschen, die im Internet für Aufklärung und Transparenz sorgen, für Freiheitsrechte und Menschenrechte einstehen oder einfach nur ihr Recht auf freie Meinungsäußerung wahrnehmen, zunehmend unter organisierter "Hate Speech".

Die Art und Weise, wie Regierungen weltweit auf die Corona-Pandemie reagieren, wird sich auf die Rechte von Millionen von Menschen auswirken. Ohne einen fairen Zugang zu Impfstoffen und Medikamenten werden Menschen, die schon in der Vergangenheit marginalisiert und diskriminiert wurden, unverhältnismäßig stark betroffen sein. Dies gilt auch für Menschen, die in überfüllten Flüchtlingslagern unter unzureichenden hygienischen Bedingungen leben. Menschenrechtskrisen und Menschenrechtsverletzungen in aller Welt dürfen trotz der Corona-Pandemie nicht aus dem Blick der Öffentlichkeit geraten.

Das bekommt Amnesty International am eigenen Beispiel zu spüren. 60 Jahre nach Gründung gerät Amnesty International selbst so stark unter Druck, wie nie zuvor:

2020 werden in der Türkei mit Taner Kılıç und İdil Eser zum ersten Mal Vertreter_innen von Amnesty International für ihre Menschenrechtsarbeit zu Haftstrafen verurteilt. Ein einmaliger Rechtsbruch in der nun 60-jährigen Geschichte der Menschenrechtsorganisation.

Eine Gruppe von Menschen hält sich eine Maske mit dem Konterfei von Taner Kılıç vor das Gesicht, sowie ein Banner auf dem "Turkey, give Taner the best gift: Freedom" steht

Amnesty-Aktion am 8. Juli 2018 in Warschau für den zum damaligen Zeitpunkt noch inhaftierten Taner Kılıç

2021 zwingt die Regierung Indiens die Amnesty-Sektion dazu, die Menschenrechtsarbeit und Recherche in Indien vorerst einzustellen. Dies ist Teil der Bemühungen der Regierung, kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen und ein Klima der Angst zu schüren – in der größten Demokratie der Welt.

Mehr denn je müssen wir die Menschenrechte und die weltweite Menschlichkeit entschlossen verteidigen, denn am stärksten sind wir gemeinsam.

Das Bild zeigt Kinder mit einem Schild in der Hand. "Ich liebe Menschenrechte"

Amnesty-Aktion an einer Schule in Taiwan während des Briefmarathons im Dezember 2014

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