Pressemitteilung Aktuell 05. Oktober 2023

"Predator Files" enthüllen unkontrollierten Handel mit hochinvasiver Überwachungssoftware

Das Bild zeigt eine Illustration, auf blauem Hintergrund ist eine Weltkugel dargestellt, darauf zu sehen sind Personen mit Smartphones. Darüber schwebt ein Logo mit der Aufschrift "Predator Files"

Die Spionagesoftware Predator kann unbemerkt auf mobilen Geräten installiert werden. Sie verschafft sich Zugriff auf Mikrofon und Kamera sowie auf gespeicherte Kontakte, Nachrichten, Fotos und Videos.

Aktuelle Untersuchungen zeigen, dass die Europäische Union Unternehmen beim Verkauf von hochsensiblen Überwachungstechnologien weiterhin nicht wirksam kontrolliert. Die Gruppe Intellexa Alliance vertreibt ihre besonders invasive Software Predator weltweit auch an Staaten, die sie einsetzen, um Menschenrechte und Pressefreiheit zu unterdrücken.

Neue Recherchen des Mediennetzwerks European Investigative Collaborations (EIC) mit technischer Unterstützung des Security Lab von Amnesty International zeigen, dass die Europäische Union die intransparente und weltweit agierende Überwachungsindustrie nicht wirksam reguliert.

Die aktuelle Recherche unter dem Titel "Predator Files" untersucht die Software-Firmengruppe Intellexa Alliance und deren hochinvasive Spionagesoftware Predator. Diese Spähsoftware verschafft unkontrollierten Zugang zu Daten auf mobilen Geräten. Einmal installiert, kann sie unbemerkt auf Mikrofon und Kamera sowie Kontakte, Nachrichten, Fotos und Videos zugreifen. Sie kann derzeit nicht unabhängig geprüft oder auf Funktionen beschränkt werden, die zum Erreichen eines rechtmäßigen Zieles notwendig und verhältnismäßig wären. Die Überwachungssoftware infiltriert Geräte, sobald Nutzer*innen auf einen manipulierten Link klicken, Geräte können aber auch unbemerkt und ohne aktives Zutun der Besitzer durch taktische Angriffe infiziert werden.

Markus N. Beeko, Generalsekretär von Amnesty International in Deutschland, sagt: "Die Predator Files zeigen nach den Pegasus-Enthüllungen nun erneut: Hochgradig invasive Überwachungstechnologie wird weiterhin ohne ausreichende rechtstaatliche Kontrollen und Rechenschaftspflicht in industriellem Ausmaß gehandelt. Sie ermöglicht es autoritären Regierungen und Geheimdiensten unabhängige Journalist*innen, Anwält*innen, Menschenrechtsverteidiger*innen und jede und jeden von uns, zu überwachen, auszuspähen und zu verfolgen. Unternehmen wie die Intellexa Alliance vertreiben ihre Spähprogramme und machen Millionengewinne auf Kosten der Menschenrechte. Die Recherche belegt erneut, dass es den europäischen Behörden nicht gelingt, den Verkauf und die Weitergabe dieser Produkte verantwortlich und wirkungsvoll zu regulieren. Die Exportvorschriften müssen überprüft und gestärkt werden, der Einsatz und Export von hochgradig invasiver Spionagesoftware wie Predator muss verboten werden."

Posting von Amnesty-Referentin Lena Rohrbach auf X (ehemals Twitter):

Twitter freischalten

Wir respektieren deine Privatsphäre und stellen deshalb ohne dein Einverständnis keine Verbindung zu Twitter her. Hier kannst du deine Einstellungen verwalten, um eine Verbindung zu den Social-Media-Kanälen herzustellen.
Datenschutzeinstellungen verwalten

Die Produkte der Intellexa Alliance wurden zur Aushöhlung der Menschenrechte, der Pressefreiheit und zivilgesellschaftlicher Bewegungen auf der ganzen Welt genutzt. Untersuchungen von Amnesty International zur Predator-Spyware zeigen, dass diese unter anderem im Sudan, in der Mongolei, in Madagaskar, Kasachstan, Ägypten, Indonesien, Vietnam und Angola eingesetzt wird. Zu den 25 Ländern, in die die Technologien laut EIC-Mediennetzwerk verkauft wurden, gehören aber auch Deutschland, die Schweiz und Österreich.

Die Intellexa Group wurde 2018 von Tal Dilian, einem ehemaligen Angehörigen der israelischen Armee, und seinen Kolleg*innen gegründet und wird von der Holdinggesellschaft Thalestris mit Sitz in Irland kontrolliert. Intellexa gibt an, ein "in der EU ansässiges und Regulierungen unterworfenes Unternehmen" zu sein. Die Untersuchung zeigt, dass EU-Mitgliedstaaten und -Behörden trotz einer Reihe von Enthüllungen, wie 2021 dem Pegasus-Projekt, bislang nicht in der Lage sind, eine wachsende Überwachungsindustrie ausreichend zu kontrollieren.

Amnesty International hat die beteiligten Unternehmen um Stellungnahme gebeten, aber keine Antwort erhalten. Das EIC hat eine Antwort von Aktionär*innen und ehemaligen Führungskräften der Nexa-Gruppe erhalten, die behaupten, dass die Intellexa Alliance nicht mehr existiert. In Bezug auf den Export von Überwachungssoftware geben sie an, dass entweder "eine Geschäftsbeziehung in voller Übereinstimmung mit den geltenden Vorschriften hergestellt wurde oder es nie einen Vertrag und/oder eine Lieferung gegeben hat". Schließlich behaupten sie, die Unternehmen der Intellexa Alliance hätten "die Exportbestimmungen peinlich genau eingehalten". Sie hätten aber "Handelsbeziehungen" mit Ländern aufgebaut, "die in Bezug auf die Rechtsstaatlichkeit alles andere als perfekt waren". Dies sei häufig auf "politische Entscheidungen" der französischen Regierung zurückzuführen.

Am 9. Oktober veröffentlicht Amnesty International einen umfassenden Bericht über die Untersuchungen unter dem Titel "The Predator Files: Caught in the Net".

Weitere Artikel