Pressemitteilung Aktuell 02. März 2021

Mosambik: Hunderte Menschen getötet – alle Konfliktparteien begehen Kriegsverbrechen 

Das Foto zeigt Frauen, Männer und Kinder, die mit viel Gepäck eine staubige Straße entlang gehen.

Binnenvertriebene in Mosambiks nördlicher Provinz Cabo Delgado im Dezember 2020. Sie mussten vor der Gewalt zwischen Sicherheitskräften und der bewaffneten Gruppierung al-Shabaab fliehen.

Im eskalierenden Konflikt in der nördlichen Provinz Cabo Delgado sind hunderte Zivilpersonen rechtswidrig getötet worden. Verantwortlich sind die bewaffnete Gruppierung al-Shabaab, die Sicherheitskräfte der Regierung sowie ein beauftragtes privates südafrikanisches Militärunternehmen. Zu diesem Ergebnis kommt ein neuer Bericht von Amnesty International.

Der Bericht "What I Saw Is Death: War Crimes in Mozambique’s Forgotten Cape" dokumentiert gravierende Menschenrechtsverletzungen im Zuge des internen bewaffneten Konflikts in der Provinz Cabo Delgado im Norden Mosambiks. Für den Bericht hat Amnesty International mit 79 Binnenvertriebenen aus 15 Gemeinden gesprochen.

"In Cabo Delgado sind Tod und Zerstörung allgegenwärtig. Die Bevölkerung ist gefangen zwischen den mosambikanischen Sicherheitskräften, dem privaten Militärunternehmen DAG und der bewaffneten Gruppierung al-Shabaab. Alle drei Akteure begehen Kriegsverbrechen und sind für die Tötungen von hunderten Menschen verantwortlich", so Ulrich Fehling, Mosambik-Experte bei Amnesty International in Deutschland.

Amnesty-Video über die Gewalt in Mosambik:

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Angehörige der mosambikanischen Gruppe al-Shabaab töteten bei mehreren Angriffen gezielt Zivilpersonen, brannten Dörfer und Städte nieder und verübten Gräueltaten. Sie enthaupteten zahlreiche Menschen mit Macheten und schändeten Leichen.

Ende März 2020 fiel al-Shabaab in die Stadt Quissanga ein und entführte im Zuge des Angriffs mehrere Jugendliche. Viele vertriebene Mädchen und jungen Frauen flohen aus Angst vor Entführung, Vergewaltigung oder Zwangsheirat vor den al-Shabaab-Kämpfern.

Bei der Verfolgung von mutmaßlichen Unterstützenden der al-Shabaab führten Angehörige der mosambikanischen Armee und Polizei ebenfalls außergerichtliche Hinrichtungen durch, folterten oder misshandelten Zivilpersonen und verstümmelten Leichen.

Mosambikanische Sicherheitskräfte nahmen mehrere Männer fest, legten ihnen Augenbinden an und erschossen sie, ehe sie ihre Leichen in ein Massengrab warfen. Frauen wurden zu einem Militärstützpunkt gebracht und von Sicherheitskräften vergewaltigt.

Die internationale Gemeinschaft hat es versäumt, diese Krise rechtzeitig zu erkennen und zu reagieren. Die mosambikanische Regierung scheint nicht willens zu sein, ihre Bevölkerung zu schützen.

Ulrich
Fehling
Mosambik-Experte bei Amnesty International in Deutschland

Nachdem die Sicherheitskräfte der Regierung einige Niederlagen gegen al-Shabaab erlitten hatten, beauftragte die Regierung Mosambiks das private südafrikanische Militärunternehmen Dyck Advisory Group (DAG). Die Söldnertruppe sollte die Regierungskräfte mit ihren bewaffneten Helikoptern unterstützen.

Angehörige der DAG feuerten mit Maschinengewehren aus Helikoptern und warfen wahllos Handgranaten in Menschenmengen. Sie beschossen wiederholt die öffentliche Infrastruktur, darunter Krankenhäuser, Schulen oder Wohnhäuser.

"Die internationale Gemeinschaft hat es versäumt, diese Krise rechtzeitig zu erkennen und zu reagieren. Die mosambikanische Regierung scheint nicht willens zu sein, ihre Bevölkerung zu schützen. Inzwischen hat sich die Krise zu einem ausgewachsenen internen bewaffneten Konflikt entwickelt. Die internationale Gemeinschaft muss nun darauf hinwirken, dass die Angriffe auf die Zivilbevölkerung umgehend eingestellt und Verantwortliche zur Rechenschaft gezogen werden", so Fehling.

Hintergrund

Seit einem Angriff von al-Shabaab im Oktober 2017 auf die nördliche Hafenstadt Mocímboa da Praia spitzen sich die Kämpfe zu. Nach Schätzungen liegt die Zahl der zivilen Todesopfer, die der Konflikt bisher gefordert hat, bei über 1.300 Personen. Einer Schätzung der Vereinten Nationen zufolge sind mehr als 530.000 Menschen innerhalb von Cabo Delgado vertrieben worden – das ist ein Viertel der Gesamtbevölkerung der Provinz. Laut dem Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) sind rund 250.000 der Vertriebenen Kinder.

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