Pressemitteilung Aktuell 22. Juni 2023

FIFA: Vergabekriterien für WM 2030 müssen Menschenrechte stärker ins Zentrum rücken

Das Bild zeigt eine Person, die ein Protestplakat in den Händen hält

Amnesty-Protestaktion in Berlin gegen Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit der FIFA-Fußballweltmeisterschaft in Katar am 23. Oktober 2022

Vor der nächsten Sitzung des FIFA-Rates fordert die Sport & Rights Alliance, der Amnesty International angehört, den Weltfußballverband auf, seine menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten zu achten und bei den kommenden Vergabeverfahren für Fußballweltmeisterschaften den Menschenrechten ausreichend Beachtung zu schenken.

Amnesty International fordert im Rahmen seiner Tätigkeit in der Sport & Rights Alliance den Weltfußballverband FIFA dazu auf, bei der Vergabe der WM 2030 die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte und die Menschenrechtsregeln der eigenen FIFA-Statuten einzuhalten. Der Menschenrechtsschutz muss als Kriterium und Messlatte bei der Vergabe eine zentrale Rolle spielen.

Markus N. Beeko, Generalsekretär von Amnesty International in Deutschland, sagt: "Die Vergabe und die Ausrichtung internationaler Sportveranstaltungen darf nur unter Achtung und Einhaltung grundlegender Menschenrechtsprinzipien erfolgen. Internationale Sportgroßevents dürfen nicht länger auf Kosten von Menschenrechten und Umwelt ausgerichtet werden. Viele der in Katar als Arbeitsmigrant*innen ausgebeuteten Menschen warten bislang vergeblich auf eine angemessene Entschädigung. Nach den Menschenrechtsverletzungen rund um die WM 2022 in Katar und der von der FIFA bislang völlig unzureichend wahrgenommenen Sorgfaltspflicht braucht es ein glaubhaftes, wahrnehmbares Umsteuern. Die internationalen Sportverbände dürfen sich nicht weiter aus ihrer menschenrechtlichen Verantwortung stehlen."

Das Bild zeigt mehrere Menschen mit Protestschildern

"Gerechtigkeit für Arbeitsmigrant*innen": Amnesty-Aktion vor dem FIFA-Museum in Zürich am 9. März 2023.

Amnesty International fordert die FIFA auf, Menschenrechte als wesentliches Prüfkriterium in die Ausschreibungsverfahren zu integrieren und die Zivilgesellschaften der Bewerberländer während des gesamten Prozesses zu konsultieren und einzubeziehen. Die FIFA muss bei der Bewertung aller Bewerbungen eine Prüfung grundlegender Menschenrechtsstandards vornehmen und differenzierte Aktionspläne für den Schutz der Menschenrechte im Zusammenhang der Wettbewerbe verlangen. Bewerbungen, die nicht glaubhaft darlegen können, wie schwerwiegende Menschenrechtsrisiken verhindert, unabhängig überwacht und im Falle von Verstößen behoben werden können, dürfen bei der Vergabe nicht berücksichtigt werden. Die FIFA ist in der Pflicht, entsprechende Aktionspläne für ihre Verantwortungsbereiche auszuarbeiten und laufend umzusetzen.

An die Bundesregierung gerichtet sagt Beeko: "Der Koalitionsvertrag sieht für Sportgroßveranstaltungen ausdrücklich die strikte Einhaltung der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte vor. Dies kann nicht nur für Veranstaltungen in Deutschland gelten, sondern muss auch Messlatte für die menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten der deutschen Sportverbände und Sponsoren sein. Nach dem wiederholten Versagen von internationalen Sportverbänden sind Bundesregierung und Bundestag aufgefordert, mit kritischem Auge zu prüfen, inwieweit die FIFA endlich ihren menschenrechtlichen Verpflichtungen nachkommt. Geschieht dies nicht, gilt es, das gesamte sportpolitische Instrumentarium einzusetzen, um endlich auch im internationalen Sport Achtung und Einhaltung der Menschenrechte durchzusetzen. Auch WM-Sponsoren sind in der Verantwortung, von der FIFA die Einhaltung der UN-Prinzipien und der FIFA-Statuten einzufordern. Dies ergibt sich aus ihren eigenen menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten – und das erwarten auch ihre Kund*innen."

Das Bild zeigt ein großes Werbeplakat mit dem Porträtfoto eines Arbeiters

Amnesty-Plakat in der nepalesischen Hauptstadt Kathmandu in Solidarität mit Arbeitsmigrant*innen, die die Fußball-WM 2022 in Katar ermöglicht haben. Viele der Arbeitsmigrant*innen in Katar stammen aus Nepal, Indien oder Bangladesch.

Trotz der Verabschiedung ihrer Menschenrechtsrichtlinien und menschenrechtlichen Bewerbungskriterien 2017 hat es die FIFA bisher versäumt, bei der Vergabe von Turnieren ausreichende und angemessene Risikobewertungen in Bezug auf Menschenrechte durchzuführen. Auch noch nach 2017 wurde die Klub-WM an China, die Vereinigten Arabischen Emirate, Marokko und Saudi-Arabien vergeben, ohne dass transparente und hinreichende Prüfverfahren sowie überprüfbare Maßnahmenkataloge oder die Konsultation der Zivilgesellschaft stattgefunden hätten. 

Tweet von Amnesty International:

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Hintergrund

Die FIFA-Statuten (Artikel 3) verpflichten den Weltfußballverband, die Menschenrechte zu respektieren und zu fördern, nachteilige Auswirkungen seiner Tätigkeit auf die Menschenrechte zu erkennen und zu beheben sowie aktiv mit den zuständigen Behörden und anderen Interessengruppen zusammenzuarbeiten, um diese Verantwortung wahrzunehmen. 

In ihren Menschenrechtsrichtlinien verpflichtet sich die FIFA zur Achtung der Menschenrechte im Einklang mit den Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte. Gemäß den UN-Leitprinzipien sollten alle Unternehmen eine menschenrechtliche Sorgfaltsprüfung in Bezug auf alle Aspekte ihrer Geschäftstätigkeit durchführen. Wenn schwerwiegende Menschenrechtsrisiken nicht verhindert werden können oder werden, muss das Unternehmen alle notwendigen Schritte unternehmen, um die Auswirkungen zu beenden oder zu verhindern.  

Laut einer von Amnesty International im August 2022 in Auftrag gegebenen Umfrage durch YouGov sprach sich fast die Hälfte der Befragten in Deutschland dafür aus, bei der Wahl des Austragungsortes eines großen Sportereignisses die Menschenrechtslage vor Ort als ein Schlüsselkriterium heranzuziehen (47 Prozent). Dies wird als zweitwichtigstes Kriterium gesehen, gleich nach der Sicherheit von Fans und Athlet*innen (48 Prozent). Die Umfrage finden Sie hier.

Die "Sport & Rights Alliance" ist ein globaler Zusammenschluss führender Nichtregierungsorganisationen und Gewerkschaften, Spieler*innen und Fans, die gemeinsam daran arbeiten, Menschenrechte und Korruptionsbekämpfung im weltweiten Sport zu verankern. Sie wurde 2015 gegründet und nutzt ihren kollektiven Einfluss, um Druck auf globale Sportgremien auszuüben, damit diese bei ihren Entscheidungen und Tätigkeiten internationale Standards für Menschenrechte, Arbeitsrechte und Korruptionsbekämpfung im Einklang mit den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte einhalten.

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