Pressemitteilung Aktuell Deutschland 06. Mai 2021

Meldepflicht im Gesundheitswesen bei Menschen ohne sicheren Aufenthaltsstatus abschaffen!

Das Bild zeigt die Silhouette einer Frau und den Text: "Gesundheit ist ein Menschenrecht"

Der Zugang zur Gesundheitsversorgung darf nicht vom Aufenthaltsstatus einer Person abhängen.

Ohne Angst zum Arzt zu gehen – das ist in Deutschland für Menschen ohne geregelten Aufenthaltsstatus nicht möglich. Amnesty International fordert zusammen mit einem Bündnis aus über 60 zivilgesellschaftlichen Organisationen – darunter die Gesellschaft für Freiheitsrechte, Ärzte der Welt, Amnesty International, Diakonie, Pro Asyl und die AWO – mit der Kampagne "GleichBeHandeln" daher eine Gesetzesänderung.

Die Corona-Pandemie hat deutlich gemacht, wie wichtig das Recht auf Gesundheitsversorgung ist, sowohl für jeden einzelnen Menschen als auch für die gesamte Gesellschaft. Dieses Recht wird jedoch Hunderttausenden in Deutschland verwehrt. Denn der Paragraph 87 des Aufenthaltsgesetzes verpflichtet das Sozialamt, Personen ohne gültigen Aufenthaltstitel umgehend an die Ausländerbehörde zu melden, wenn sie eine Kostenübernahme für medizinische Leistungen beantragen.

"Die Übermittlungspflicht der Sozialämter stellt eine eklatante Menschenrechtsverletzung dar und muss deswegen gestrichen werden. Angesichts von geschätzten 500.000 Betroffenen sollte sich dies den Abgeordneten im Bundestag vor dem Hintergrund der aktuellen Corona-Pandemie geradezu aufdrängen", sagt Franziska Vilmar, Expertin für Flucht und Asyl bei Amnesty International in Deutschland.

Aus der begründeten Angst vor Abschiebung heraus vermeiden es Menschen, die teils schon jahrelang in der Mitte unserer Gesellschaft als Nachbarinnen und Nachbarn, Kundinnen und Kunden oder Mitschülerinnen und Mitschüler leben, sich ärztlich behandeln zu lassen. Die Folgen: Covid-19-Infektionen werden nicht entdeckt, lebensbedrohliche Erkrankungen bleiben unbehandelt, Schwangere können nicht zur Vorsorgeuntersuchung gehen, Kinder erhalten keine medizinische Grundversorgung.

Tweet von Franziska Vilmar, Amnesty-Expertin für Flucht und Asyl, im Rahmen der Kampagne "GleichBehandeln":

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Die Übermittlungspflicht steht bereits seit vielen Jahren in der Kritik. 2009 wurden Bildungseinrichtungen von der Pflicht, Personen ohne Aufenthaltstitel zu melden ausgenommen, damit Kinder ohne geregelten Aufenthaltsstatus ohne Angst zur Schule gehen können. Nun gilt es, den bestehenden Missstand auch für das Gesundheitswesen zu beseitigen. Das Kampagnenbündnis ist überzeugt: Menschen aus migrationspolitischen Gründen von notwendigen Arztbesuchen abzuhalten, ist inakzeptabel! Auch das Bundesverfassungsgericht hat 2012 entschieden: "Die Menschenwürde ist migrationspolitisch nicht zu relativieren."

Die Bundesregierung hat sich in verbindlichen internationalen Menschenrechtsverträgen verpflichtet, allen Menschen in Deutschland Zugang zu einer angemessenen Gesundheitsversorgung zu gewährleisten – unabhängig von Einkommen, Herkunft und Aufenthaltsstatus. 2018 hat der UN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte die deutsche Politik aufgefordert, das Aufenthaltsgesetz zu ändern, damit auch Menschen ohne geregelten Aufenthaltsstatus Gesundheitsdienste in Anspruch nehmen können.

Das Bündnis fordert den Gesetzgeber auf, den Paragraph 87 des Aufenthaltsgesetzes schnellstmöglich zu ändern und ruft alle Parteien auf, sich dafür einzusetzen. Die Petition und weitere Informationen zur Kampagne ist unter www.gleichbehandeln.de zu finden

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