Pressemitteilung Aktuell 11. März 2021

Corona: Staatengemeinschaft muss für gerechten Zugang zu Impfstoffen sorgen 

Das Foto zeigt eine indische Frau mit Atemschutzmaske und Handschuhen, die eine Spritze mit Impfstoff füllt.

Ein Jahr nach Ausrufung der weltweiten Covid-19-Pandemie hat der Zugang zu Corona-Impfstoffen oberste Priorität. Doch Pharma-Unternehmen halten Erkenntnisse und technisches Wissen zurück. Amnesty International fordert die Staatengemeinschaft auf, dafür zu sorgen, dass jene, die am stärksten durch Covid-19 bedroht sind, umgehend Zugang zu den lebensrettenden Corona-Impfstoffen erhalten - egal in welchem Land sie leben. Eine deutliche Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland unterstützt laut einer Umfrage diese Forderung.

Pharma-Unternehmen und wohlhabende Länder sind mitverantwortlich dafür, dass Milliarden durch Covid-19 gefährdete Menschen dieses Jahr womöglich nicht einmal eine erste Dosis eines Corona-Impfstoffes erhalten. Zu dieser Einschätzung kommt die "People’s Vaccine Alliance", ein internationaler Zusammenschluss von Nichtregierungsorganisationen wie Amnesty International, Global Justice Now, UNAIDS und Oxfam. Vor diesem Hintergrund startet Amnesty International heute die weltweite Kampagne "A Fair Shot: Universal Access to COVID-19 Vaccines" für den allgemeinen Zugang zu Corona-Impfstoffen. 

 

"Ein Jahr nach Ausrufen der Pandemie durch die Weltgesundheitsorganisation leben Millionen von Menschen in vielen Teilen der Welt durch die Pandemie und durch die Folgen der Eindämmungsmaßnahmen unter schwierigsten Bedingungen. Zu den drängenden Fragen gehört nun, wie Risikogruppen und besonders bedrohte Menschen in allen Ländern die lebensrettende Impfung erhalten und wie möglichst viele Menschen möglichst rasch geimpft werden können. Staaten und Unternehmen sind in der Pflicht, Lösungen zu nutzen, die uns zur Verfügung stehen. Genügend Impstoff für alle kann schneller hergestellt werden, wenn endlich alle Hände mithelfen dürfen und die Impfstoffproduktion nicht künstlich verknappt wird", sagt Markus N. Beeko, Generalsekretär von Amnesty International in Deutschland.

Amnesty-Video über die neue Kampagne "A fair Shot":

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Pharma-Unternehmen und Regierungen müssen ihren menschenrechtlichen Verpflichtungen nachkommen: Einerseits fordert Amnesty International Unternehmen wie AstraZeneca, Pfizer, BioNTech und Moderna auf, ihre Erkenntnisse und Technologien weiterzugeben, sodass der Impfstoff auf der ganzen Welt fair verteilt werden kann.

Andererseits müssen Regierungen die Bedingungen für das Teilen schaffen. Eine Koalition von mehr als 100 Ländern, angeführt von Südafrika und Indien, hat in dieser Woche bei der Welthandelsorganisation erneut für einen Verzicht auf die handelsbezogenen Aspekte des geistigen Eigentums (TRIPS-Waiver) plädiert. Das würde rechtliche Hindernisse beseitigen, damit mehr Länder und Hersteller Impfstoffe produzieren könnten.

Die Europäische Union muss bei der WTO ihre Blockadehaltung aufgeben und nicht weiter eine Patentfreigabe blockieren.

Markus N.
Beeko
Generalsekretär von Amnesty International in Deutschland

"Die Europäische Union muss bei der WTO ihre Blockadehaltung aufgeben und nicht weiter eine Patentfreigabe blockieren", so Beeko. "Gleichzeitig müssen Staaten für Pharma-Unternehmen Hindernisse beseitigen, Kompensationen bei finanziellen Verlusten auszahlen und Vorgaben erlassen, damit alle gemeinsam darauf hinarbeiten, gefährdeten Menschen auf der ganzen Welt so schnell wie möglich eine Impfung zu ermöglichen. Denn alle haben dasselbe Recht auf den Impfstoff – in einer weltweiten Pandemie darf es keine systematische Benachteiligung geben."

Laut einer Umfrage unterstützt eine Mehrheit der Menschen in Deutschland, dass Regierungen dafür sorgen sollten, dass Unternehmen Impfstoff-Technologie und Know-how mit qualifizierten Herstellern auf der ganzen Welt teilen. Eine Umfrage von YouGov im Auftrag der "People’s Vaccine Alliance" hat ergeben, dass 70 Prozent der Bevölkerung den Vorschlag unterstützen, die Ausweitung der Produktion von Impfstoffen zu ermöglichen, indem die Monopole der Pharma-Konzerne zeitweise ausgesetzt werden. Drei Viertel der Befragten sind außerdem der Meinung, dass eine weitere Ausbreitung von Covid-19 in anderen Teilen der Welt ein erhebliches Risiko für die deutsche Wirtschaft darstellt.

Hintergrund

Wohlhabende Länder haben zusammen mehr als die Hälfte des globalen Impfvorrats aufgekauft, obwohl sie nur 16 Prozent der Weltbevölkerung ausmachen. In diesen Ländern wurden bereits mehr als 60 Prozent aller globalen Impfstoffdosen verabreicht, während mehr als 100 Länder noch keine einzige Impfung durchgeführt haben. Alle Zahlen basieren auf Datenanalysen der Duke University und der Initiative Our World In Data.

YouTube-Video der österreichischen Amnesty-Sektion:

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Im Auftrag der "People’s Vaccine Alliance", deren Mitglied Amnesty International ist, hat YouGov in den USA, Frankreich, Deutschland und Großbritannien eine Meinungsumfrage durchgeführt. Für die einzelnen Länder ergaben sich in der Frage, ob Regierungen dafür sorgen sollten, dass Impfstoff-Technologie und Know-how mit qualifizierten Herstellern auf der ganzen Welt geteilt wird, folgende Zustimmungsquoten: USA - 69 Prozent, Frankreich - 63 Prozent, Deutschland - 70 Prozent und Großbritannien - 74 Prozent. Das ergibt einen kombinierten Durchschnitt von 69 Prozent. Alle Zahlen stammen von YouGov Plc. Die Gesamtgröße der Stichprobe betrug 1.351 Erwachsene in den USA, 1.788 Erwachsene in Großbritannien, 1.010 Erwachsene in Frankreich und 2.039 Erwachsene in Deutschland. Die Umfrage wurde zwischen dem 23. und 26. Februar 2021 online durchgeführt. Die Zahlen wurden gewichtet und sind repräsentativ für alle Erwachsenen (ab 18 Jahren) in jedem der vier Länder.

Im Mai 2020 hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) einen gemeinsamen Technologie-Pool geschaffen, den C-TAP (Covid-19 Technology Access Pool), damit Unternehmen Daten und Wissen austauschen können, um anderen potenziellen Herstellern die Nutzung der entsprechenden Technologien und damit die Produktion des Impfstoffs zu ermöglichen. Ziel ist es, die Impfung für alle Menschen schneller verfügbar zu machen. Bisher ist jedoch kein einziges Pharma-Unternehmen dem C-TAP beigetreten.

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