Menschenrechtler willkürlich inhaftiert

Der Filmemacher Min Htin Ko Ko Gyi wird von der Polizei abgeführt.

Der Filmemacher Min Htin Ko Ko Gyi

Der Menschenrechtsverteidiger Kyaw Hla Aung wird seit dem 15. Juli willkürlich festgehalten. Er ist bei schlechter Gesundheit und wird möglicherweise nicht ausreichend medizinisch versorgt. Er steht wegen Vorwürfen vor Gericht, die mit seiner friedlichen Menschenrechtsarbeit zusammenhängen.

Appell an

STAATSANWALT
Dr. Tun Shin
Office of the Attorney General
Office No. 25, Nay Pyi Taw
MYANMAR
(Anrede: Dear Dr. Tun Shin / Sehr geehrter Herr
Dr. Tun Shin)
Fax: (00 9567) 404 146

GENERALDIREKTOR DER POLIZEI VON MYANMAR
Brig-General Zaw Win
Ministry of Home Affairs
Office No. 10, Nay Pyi Taw
MYANMAR
(Anrede: Dear Director General / Sehr geehrter Herr Generaldirektor)
Fax: (00 951) 549 663 oder (00 951) 549 208

Sende eine Kopie an

INNENMINISTER
Lt. Gen. Ko Ko
Ministry of Home Affairs
Office No. 10
Nay Pyi Taw
MYANMAR
Fax: (00 9567) 412 439

BOTSCHAFT DER UNION MYANMAR
S. E. Herrn Soe Nwe
Thielallee 19
14195 Berlin
Fax: 030-2061 5720
E-Mail: info@botschaft-myanmar.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Birmanisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 17. September 2013 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

LUFTPOSTBRIEFE ODER FAXE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Bitte lassen Sie Kyaw Hla Aung umgehend und bedingungslos frei und lassen Sie alle Anklagen gegen ihn fallen.

  • Sorgen Sie bitte dafür, dass Kyaw Hla Aung in Gewahrsam nicht gefoltert oder anderweitig misshandelt wird. Gewähren Sie ihm bitte umgehend Zugang zu medizinischer Versorgung, einem Rechtsbeistand seiner Wahl und seiner Familie.

  • Stellen Sie bitte unbedingt sicher, dass die Haftbedingungen, Bedingungen in Hafteinrichtungen und die Behandlung von Gefangenen in Myanmar den UN-Mindestgrundsätzen für die Behandlung von Gefangenen entsprechen.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Immediately and unconditionally release Kyaw Hla Aung and drop all charges against him.

  • Ensure that Kyaw Hla Aung is not tortured or otherwise ill-treated in detention, and that he has access to medical treatment, lawyers of his choosing and visits from family members.

  • Ensure that prison conditions, conditions in detention facilities, and the treatment of prisoners meet standards provided for in the UN Standard Minimum Rules on the Treatment of Prisoners.

Sachlage

Der 74-jährige Kyaw Hla Aung befindet sich seit dem 15. Juli auf der Polizeistation Nr. 1 in Sittwe im myanmarischen Bundesstaat Rakhine willkürlich in Haft. Er leidet an Bluthochdruck und Magenproblemen und muss regelmäßig medikamentös behandelt werden. Amnesty International ist besorgt, dass Kyaw Hla Aung möglicherweise weder Zugang zu angemessener medizinischer Versorgung noch zu einem Rechtsbeistand seiner Wahl erhält, und dass seine Haftbedingungen nicht den internationalen Menschenrechtsstandards entsprechen.

Kyaw Hla Aung war aus Furcht vor einer Festnahme untergetaucht, nachdem die myanmarischen Behörden im Zuge von Protestveranstaltungen einige hochrangige VertreterInnen der muslimischen Gemeinde festgenommen hatten. Die Proteste richteten sich gegen eine im April im Bundesstaat Rakhine durchgeführte Regierungsinitiative zur Bevölkerungsregistrierung. Es war zu Spannungen gekommen, nachdem Angehörige der muslimischen Rohingya sich geweigert hatten, sich als "Bengalen" auszuweisen. Viele sind der Meinung, dass dieser Begriff Uneinigkeit stiftet und verwendet wird, um den Rohingya in Myanmar die offizielle Anerkennung zu verweigern, indem impliziert wird, dass alle Rohingya MigrantInnen aus Bangladesch sind. Infolge der Proteste war die Regierung gezwungen, die Registrierung auszusetzen. Kyaw Hla Aung war jedoch bei den Protesten nicht anwesend, sondern versuchte, andere einflussreiche VertreterInnen der muslimischen Gemeinde zu kontaktieren, um gewaltsame Ausschreitungen im Zuge der Proteste zu verhindern. Vermutlich wurde er ins Visier genommen, weil er ein Angehöriger der Rohingya und bekannter Menschenrechtsverteidiger ist, der Verbindungen zur internationalen Gemeinschaft hat.

Am 15. Juli nahmen ein Polizeibeamter und zwei BeamtInnen in Zivil Kyaw Hla Aung in seiner Behelfsunterkunft in Sittwe fest und brachten ihn zur Befragung auf die Polizeiwache von Sittwe. Zu diesem Zeitpunkt informierte die Polizei ihn nicht über die Vorwürfe gegen ihn. Berichten zufolge wurde er am 31. Juli dem Bezirksgericht Sittwe vorgeführt und mehrerer Verstöße gegen das Strafgesetzbuch beschuldigt: Es erfolgte Anklage gemäß Artikel 148 wegen Beteiligung an Krawallen mit einer tödlichen Waffe, Artikel 150 wegen Anheuerns bzw. Duldung der Anheuerung von Personen mit der Absicht, eine unerlaubte Versammlung zu besuchen, und Artikel 333 wegen vorsätzlicher schwerer Verletzung eines Staatsbediensteten, um diesen von der Arbeit abzuhalten. Das Gerichtsverfahren soll noch bis zum 14. August andauern, und Kyaw Hla Aung befindet sich nach wie vor auf der Polizeiwache von Sittwe in Gewahrsam. Zuverlässigen Quellen zufolge hat er bisher in Haft keine ärztliche Behandlung erfahren und wird nicht mit den Medikamenten versorgt, die er benötigt. Kyaw Hla Aung hat offenbar weder Zugang zu sauberem Trinkwasser noch zu Wasser für die Körperpflege, und seine Familie darf ihn nicht besuchen.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Kyaw Hla Aung ist Angehöriger der muslimischen Rohingya, ein bekannter Rechtsanwalt und ehemaliger Mitarbeiter einer humanitären NGO. Er hat wegen seiner friedlichen Aktivitäten bereits über 16 Jahre seines Lebens in Myanmar im Gefängnis verbracht und wird von den Behörden nach wie vor überwacht und drangsaliert. Zuletzt war er im Juni 2012 zusammen mit weiteren AufbauhelferInnen der Rohingya willkürlich festgenommen und inhaftiert worden, nachdem es im Bundesstaat Rakhine zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Buddhisten und Muslimen gekommen war. Er wurde im August 2012 wieder freigelassen.

Friedlichen AktivistInnen und MenschenrechtsverteidigerInnen drohen ihn Myanmar nach wie vor willkürliche Festnahme und Inhaftierung sowie Schikane durch die Behörden. In einer öffentlichen Stellungnahme vom 4. Juli machte Amnesty International auf einige kürzlich erfolgte Festnahmen aufmerksam: http://www.amnesty.org/en/library/asset/ASA16/002/2013/en/db943ba1-a638-443a-8189-1be22fc70cfe/asa160022013en.html.

Nach Artikel 2 der UN-Erklärung zum Schutz von Menschenrechtsverteidigern ist jeder Staat verpflichtet, die erforderlichen Bedingungen zu schaffen, um die Menschenrechte im eigenen Hoheitsgebiet zu schützen. Dennoch werden MenschenrechtlerInnen in Myanmar weiterhin lediglich aufgrund ihrer friedlichen Aktivitäten festgenommen, inhaftiert, eingeschüchtert und drangsaliert. Amnesty International fordert die Regierung von Myanmar auf, dafür zu sorgen, dass MenschenrechtsverteidigerInnen ihrer Arbeit ohne Furcht vor Repressalien und Einschüchterung nachgehen können.

Gewaltlose politische Gefangene und andere Inhaftierte in Myanmar laufen Gefahr, gefoltert und auf andere Weise misshandelt zu werden. Viele werden zudem unter schlechten Bedingungen festgehalten, die nicht den UN-Mindestgrundsätzen für die Behandlung von Gefangenen entsprechen. In Artikel 24 der Mindestgrundsätze für die Behandlung von Gefangenen heißt es, dass alle Gefangenen so bald als möglich nach ihrer Inhaftierung von einem Amtsarzt untersucht werden sollten, und Artikel 25 sieht vor, dass der Amtsarzt alle kranken Gefangenen täglich besucht. In Artikel 20 ist zudem festgelegt, dass alle Gefangenen mit Nahrungsmitteln versorgt werden sollen, deren Nährwert angemessen zum Erhalt der körperlichen Gesundheit und Fitness beträgt, und dass jedem Gefangenen bei Bedarf Trinkwasser zur Verfügung stehen muss. Artikel 15 besagt darüber hinaus, dass die Gefangenen in einem solchen Umfang mit Wasser und Toilettenartikeln versorgt werden müssen, wie es für ihre Gesundheit und Sauberkeit nötig ist.

Die Rohingya erfahren in Myanmar seit Jahrzehnten Diskriminierung. Sie werden nicht als offizielle ethnische Gruppe anerkannt und genießen nach wie vor keine Bürgerrechte. Ihre Rechte auf Ausbildung, Arbeit, Religionsfreiheit und Gesundheitsversorgung sowie das Recht zu reisen und zu heiraten sind alle in irgendeiner Weise eingeschränkt.