Schuldspruch wegen Blasphemie

Landkarte von Indonesien

Landkarte von Indonesien

Drei Angehörige der Glaubensgemeinschaft Millah Abraham sind wegen Blasphemie zu drei bis fünf Jahren Haft verurteilt worden. Sie alle wurden allein wegen der friedlichen Ausübung ihrer Rechte auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit der Blasphemie und des Landesverrats für schuldig befundenund sind deshalb unverzüglich und bedingungslos freizulassen.

Appell an

MINISTER FÜR JUSTIZ UND MENSCHENRECHTE Mr. Yasonna Laoly

Ministry of Law and Human Rights Jl. HR Rasuna Said Kav. 6-7, Kuningan Jakarta Selatan, Indonesia 12940

Twitter: @Kemenkumham_RI INDONESIEN (Anrede: Dear Minister / Sehr geehrter Herr Minister) Fax: (00 62) 21 525 3004 E-Mail: rohumas@kemenkumham.go.id

LEITER DES BÜROS DES PRÄSIDIALSTABS Mr. Teten Masduki Gedung Bina Graha Jl. Veteran No. 16, Jakarta, 10110, INDONESIEN (Anrede: Dear Mr Masduki / Sehr geehrter Herr Masduki) Fax: (00 62) 21 345 0009 E-Mail: webmaster@ksp.go.id Twitter: @KSPgoid

Sende eine Kopie an

LEITER DER NATIONALEN MENSCHENRECHTSKOMMISSION Imdadun Rahmat Jl. Latuharhary No. 4 Menteng, Jakarta Pusat 10310 INDONESIEN Fax: (00 62) 21 392 5227 E-Mail: pengaduan@komnasham.go.id Twitter: @komnasham

 

BOTSCHAFT DER REPUBLIK INDONESIEN S. E. Herrn Fauzi Bowo Lehrter Straße 16-17 10557 Berlin Fax: 030-4473 7142 E-Mail: info@indonesian-embassy.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Indonesisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 21. April 2017 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

FAXE, E-MAILS, TWITTER-NACHRICHTEN ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Bitte setzen Sie Ahmad Mushaddeq, Andry Cahya und Mahful Muis Tumanurung unverzüglich und bedingungslos auf freien Fuß, da sie allein wegen der friedlichen Ausübung ihres Menschenrechts auf Religionsfreiheit festgenommen wurden.

  • Schaffen Sie bitte die Paragrafen 156 und 156(a) des indonesischen Strafgesetzbuchs und alle anderen in Gesetzen und Vorschriften ausgeführten Bestimmungen ab, die Einschränkungen der Rechte auf Meinungs-, Gedanken-, Gewissens- und Glaubensfreiheit beinhalten, die über die in internationalen Menschenrechtsabkommen hinausgehen.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Immediately and unconditionally release Ahmad Mushaddeq, Andry Cahya and Mahful Muis Tumanurung as they have been imprisoned solely for peacefully exercising their human right to freedom of religion.

  • Repeal Articles 156 and 156(a) of the Indonesia’s Criminal Code and all other provisions set out in laws and regulations which impose restrictions, beyond those permitted under international human rights law, on the right to freedom of expression and thought, conscience and religion.

Sachlage

Ahmad Mushaddeq, Mahful Muis Tumanurung und Andry Cahya wurden am 7. März 2017 vom Bezirksgericht in East Jakarta der Blasphemie schuldig gesprochen. Am 25. Mai 2016 waren sie festgenommen und inhaftiert und später gemäß Paragraf 156(a) des Strafgesetzbuchs der Blasphemie und gemäß den Paragrafen 107 und 110 wegen "Rebellion" (makar) angeklagt worden. Das Gericht sprach alle drei vom Vorwurf der "Rebellion" frei.

Die drei sind Führungspersönlichkeiten der inzwischen verbotenen Bewegung Nusantara (Gafatar) und folgen dem Glauben Millah Abraham, der von den indonesischen Behörden als ketzerisch betrachtet wird, da es Elemente der religiösen Lehren des Islam, Christentums und Judentums beinhaltet.

Zusätzlich zu Artikel 18 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte, dessen Vertragsstaat Indonesien ist, wird das Recht auf Religionsfreiheit unter Artikel 28E und 28I der indonesischen Verfassung garantiert. Dennoch kriminalisieren die Blasphemiebestimmungen in den Paragrafen 156 und 156(a) des Strafgesetzbuchs "jede Person, die in der Öffentlichkeit ihre Gefühle absichtlich ausdrückt und an Aktivitäten beteiligt ist, die der in Indonesien vorherrschenden Religion feindlich gegenüberstehen und als Missbrauch und Beleidigung dieser Religion betrachtet werden".

Ahmad Mushaddeq und Mahful Muis Tumanurung sind zu fünf Jahren und Andry Cahya ist zu drei Jahren Haft verurteilt worden.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Gafatar wurde im Januar 2012 mit Gemeinden in 14 Provinzen in ganz Indonesien gegründet. Die Gruppe wurde jedoch im August 2015 von ihren Mitgliedern aufgelöst, weil es ihnen nicht gelungen war, eine Zulassung durch das Innenministerium zu erhalten. Am 29. Februar 2016 verabschiedeten der Generalstaatsanwalt, der Innenminister sowie der Religionsminister gemeinsam den Ministerialbeschluss Nr. 93/2016 und verboten den Glauben Millah Abraham, dem die ehemaligen Mitglieder von Gafatar anhingen.

Anhänger_innen von Millah Abraham sowie ehemalige Angehörige der Gafatar-Gemeinschaft waren wegen ihrer religiösen Überzeugung bereits zuvor Angriffen und Inhaftierungen ausgesetzt. Im Januar 2016 griff eine aufgebrachte Menschenmenge neun Häuser von Angehörigen der Gemeinschaft im Bezirk Menpawah in Westkalimantan an und steckte diese in Brand. Nach dem Angriff wurden mindestens 2.000 Angehörige der Gemeinschaft von lokalen Sicherheitskräften zwangsweise in vorübergehende Unterkünfte im Bezirk Kubu Raya sowie in der Stadt Pontianak in Westkalimantan und anschließend ohne vorherige Konsultation an verschiedene Orte auf der Insel Java verbracht. Im April 2008 wurde der Vorsitzende von Al-Qiyadah, Ahmad Mushaddeq, nach Paragraf 156(a) des Strafgesetzes für schuldig befunden und vom Bezirksgericht Süd-Jakarta wegen der Führung einer "ketzerischen Sekte" und der Behauptung, ein Prophet zu sein, zu vier Jahren Haft verurteilt. Im Juni 2008 wurden 21 Mitglieder von Al-Qiyadah vom Bezirksgericht Makassar der Blasphemie nach Paragraf 156(a) des Strafgesetzes für schuldig befunden. Im Juni 2015 verurteilte das Bezirksgericht Banda Aceh sechs Angehörige der Gafatar-Gemeinschaft in der Provinz Aceh wegen Religionsbeleidigung nach Paragraf 156(a) des Strafgesetzes zu vier Jahren Haft.

In Artikel 18 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte, zu dessen Vertragsstaaten Indonesien gehört, heißt es, dass dieses Recht die Freiheit umfasst, "eine Religion oder eine Weltanschauung eigener Wahl zu haben oder anzunehmen", und dass "niemand einem Zwang ausgesetzt werden [darf], der seine Freiheit, eine Religion oder eine Weltanschauung seiner Wahl zu haben oder anzunehmen, beeinträchtigen würde".

Amnesty International hat bereits zuvor an die indonesischen Behörden appelliert, alle Rechtsvorschriften und Bestimmungen, die über die nach internationalen Menschenrechtsnormen zugelassenen Einschränkungen der Rechte auf Meinungs- und Gedankenfreiheit sowie der Gewissens- und Religionsfreiheit hinausgehen, außer Kraft zu setzen oder entsprechend der internationalen Menschenrechtsverpflichtungen Indonesiens zu ändern.