Amnesty Report 11. Mai 2011

Südafrika 2011

 

Amtliche Bezeichnung: Republik Südafrika Staats- und Regierungschef: Jacob G. Zuma Todesstrafe: für alle Straftaten abgeschafft Einwohner: 50,5 Mio. Lebenserwartung: 52 Jahre Kindersterblichkeit (m/w): 79/64 pro 1000 Lebendgeburten Alphabetisierungsrate: 89%

Es wurde über Fälle von Folter und außergerichtlichen Hinrichtungen durch Polizeikräfte berichtet. Nach wie vor wurden zahlreiche Gewaltverbrechen an Frauen und Mädchen verübt, und es gab Anzeichen für eine Zunahme von traditionellen Praktiken, die ihre Rechte verletzten. Die Meldungen über schwere Fälle von Gewaltanwendung gegen lesbische Frauen, die wegen ihrer sexuellen Orientierung ins Visier genommen wurden, hielten an. Zwar gab es für HIV-positive Menschen einige Verbesserungen beim Zugang zu den Gesundheitsdiensten, doch stellte dabei die Armut insbesondere in den ländlichen Gebieten weiterhin ein wesentliches Hindernis dar. Massive Gewaltausbrüche führten dazu, dass Flüchtlinge und Migranten weiter unter Diskriminierung und Vertreibung litten. Menschenrechtsverteidiger waren in ihrer Arbeit nach wie vor Bedrohungen ausgesetzt.

Hintergrund

Die politischen Spannungen hinsichtlich der Ausrichtung der Wirtschaftspolitik und angemessener Lösungswege aus der Armut, Ungleichheit und Arbeitslosigkeit hielten im Jahr 2010 an. Es kam in diesem Zusammenhang zu langfristigen Streiks der Angestellten im öffentlichen Dienst und zahlreichen Protesten bei in Armut lebenden städtischen Gemeinschaften. Im April benannte Präsident Jacob Zuma einen 20-köpfigen nationalen Planungsausschuss (National Planning Commission) unter dem Vorsitz des ehemaligen Finanzministers Trevor Manuel zur Erarbeitung eines nationalen Entwicklungsplans und einer längerfristigen Perspektive für das Land. Das hohe Maß an Armut und Ungleichheit bei den Einkommen sowie die anhaltend schlechtere Stellung von Frauen und bestimmten ethnischen Gruppen wurden in dem im September abgegebenen Bericht zu den Millenniums-Entwicklungszielen eingeräumt. Im Oktober starteten Gewerkschaften zusammen mit zivilgesellschaftlichen Organisationen eine Kampagne für eine Wirtschaftspolitik, die soziale Gerechtigkeit und den Schutz sozioökonomischer Rechte fördert.

Folter und andere Misshandlungen

Es gab Berichte über Fälle von Folter und andere Misshandlungen an mutmaßlichen Straftätern im Gewahrsam der Polizei. Zu den nachweislich angewandten Methoden gehörten schwere Prügel, Elektroschocks und Erstickungsfolter, während das Opfer gefesselt oder sein Kopf mit einer Kapuze verhüllt war, sowie Todesdrohungen. Die Unabhängige Polizeiaufsichtsbehörde (Independent Complaints Directorate – ICD) berichtete, dass sie zwischen April 2009 und März 2010 fünf direkte Strafanzeigen wegen Folter und 920 Anzeigen wegen tätlicher Angriffe mit dem Vorsatz, schwere Körperverletzungen zu verursachen, erhalten habe. Wegen Hinweisen auf Folter wurden einige dieser angezeigten Fälle untersucht. Sieben der 294 Todesfälle, die sich im Polizeigewahrsam ereignet hatten, waren auf Folter zurückzuführen, 90 andere hingen mit "im Gewahrsam erlittenen Verletzungen" zusammen. Die ICD untersuchte auch 24 Strafanzeigen wegen Vergewaltigungen durch Polizeibeamte.

Ein Gesetzentwurf, der der ICD eine von der Polizeigesetzgebung unabhängige gesetzliche Grundlage geben sollte, lag dem Parlament Ende 2010 noch zur Beratung vor. Im August forderten zivilgesellschaftliche Organisationen in parlamentarischen Anhörungen, in das Gesetz klare Verpflichtungen zur Untersuchung von Anzeigen wegen Folterung und Vergewaltigung im Gewahrsam sowie die obligatorische Berichterstattung durch die Polizei bei Kenntnis dieser Verstöße aufzunehmen. Ihre Empfehlungen wurden in einen abgeänderten Gesetzentwurf aufgenommen.

Trotz fortgesetzter Bemühungen der Südafrikanischen Menschenrechtskommission (South African Human Rights Commission) und anderer zivilgesellschaftlicher Organisationen wurde das Fakultativprotokoll zum UN-Übereinkommen gegen Folter von Südafrika nicht ratifiziert. Eine neue Version des Gesetzentwurfs, der Folter zu einem Straftatbestand macht, war zwecks Kommentierung im Umlauf, bis zum Jahresende jedoch noch nicht dem Parlament vorgelegt worden.

  • Im Mai 2010 wurde der Polizeibeamte Vinod Maharaj von Angehörigen der Polizeieinheit zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität und der Sonderpolizeieinheit The Hawks festgenommen und dem Vernehmen nach gefoltert. Berichten zufolge musste er Elektroschocks, Prügel, das Ziehen eines Fingernagels und Erstickungsfolter erdulden. Vier Tage nach seiner Festnahme wurde er unter der Anklage von Waffendelikten und Mord vor Gericht gestellt. Das Gericht wies die Polizei an, seine ärztliche Versorgung sicherzustellen, doch diese wurde ihm verweigert. Vier Tage später lieferte man ihn zu einer Notoperation in ein Krankenhaus ein. Zum Jahresende befand er sich in Untersuchungshaft; der Termin für das Verfahren stand noch nicht fest.

  • Im Juni 2010 hörte ein Rechtsanwalt, der sich mit einem Mandanten in der Polizeistation im Township Protea in Soweto beriet, aus einem angrenzenden Dienstzimmer Schreie. Dort wurde offensichtlich ein Mann Stromschlägen ausgesetzt. Als der Anwalt den Versuch unternahm, einige Polizeibeamte zu überreden, dagegen einzuschreiten, wurde er beleidigt, mit Gewaltanwendung bedroht und aufgefordert, die Polizeistation zu verlassen. Rechtsanwälten gelang es später, den Mann, der gefoltert worden war, sowie einen zweiten Gefangenen, der ebenfalls tätlich angegriffen worden war, ausfindig zu machen. Beide befanden sich unter Polizeibewachung im Leratong-Krankenhaus. Den Rechtsanwälten wurde der Zugang zu ihnen verwehrt. Vier Tage später holten Angehörige der Polizeieinheit zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität die beiden Männer aus dem Krankenhaus. Dem Vernehmen nach wurden beide erneut gefoltert, ehe man sie aufgrund von Anklagen wegen Raubüberfalls und Tötungsdelikten in Untersuchungshaft nahm. Einer der beiden wurde später freigelassen.

  • Drei als illegale Migranten verdächtigte Personen wurden in der Nähe der Grenze zu Lesotho festgenommen und in der Polizeistation Ladybrand tätlich angegriffen. Am 14. Juni 2010 bemerkte ihr Rechtsanwalt, dass sie Wunden im Gesicht und Blut auf der Kleidung hatten und einer der Gefangenen dringender medizinischer Versorgung bedurfte. Am darauffolgenden Tag genehmigten Beamte der Einwanderungsbehörde ihre Freilassung. Als der Anwalt und einer der Gefangenen versuchten, Anzeige wegen Körperverletzung durch die Polizei zu erstatten, wurden sie von einem Polizeibeamten auf der Polizeistation beleidigt, gestoßen und mit Gewaltanwendung bedroht. Als der Rechtsanwalt den Versuch unternahm, das Formular für einen gerichtsmedizinischen Bericht zu erhalten, soll derselbe Polizeibeamte ihm gegenüber mehrmals tätlich geworden sein und ihn gezwungen haben, die Polizeistation zu verlassen. Nach einer zügigen Untersuchung der Anschuldigungen durch die ICD beschloss der Leiter der Staatsanwaltschaft im September, zwei Polizeibeamte wegen tätlichen Angriffs strafrechtlich zu verfolgen.

  • Nach Ermittlungen durch die ICD und einer Anhörung im Rahmen eines polizeilichen Disziplinarverfahrens wurde der Chef der Polizeistation Sasolburg aus dem Dienst entlassen, weil er am 5. Februar in seinem Büro eine Praktikantin vergewaltigt haben soll. Sein Strafprozess war Ende 2010 noch nicht abgeschlossen.

Die Aufsichtsbehörde für den Strafvollzug (Judicial Inspectorate for Correctional Services) erhielt zwischen April 2009 und März 2010 mehr als 2000 Beschwerden von Häftlingen wegen Körperverletzung durch das Wachpersonal. Die Überbelegung der Gefängnisse war nach wie vor ein großes Problem; 19 von 239 Gefängnissen waren zu mehr als 200% ihrer Kapazität belegt, und die Haftbedingungen wurden als "schockierend menschenunwürdig" beschrieben.

Außergerichtliche Hinrichtungen

Im September 2010 stimmte das Kabinett einem Gesetzentwurf zur Änderung von Paragraph 49 des Gesetzes über Strafverfahren (Criminal Procedures Act) zu, der die Anwendung von Zwangsmaßnahmen während der Festnahme regelt. Die Änderungsvorschläge im Gesetzentwurf riefen in der Öffentlichkeit Befürchtungen hervor, dass sie den zur Festnahme befugten Personen erlauben würden, mit tödlicher Gewalt gegen einen Verdächtigen vorzugehen, der sich seiner Festnahme widersetzt oder zu fliehen versucht, wenn sie der Ansicht sind, dass durch die verzögerte Festnahme ein hohes Risiko für "zukünftige Todesfälle" bestehe. Die vorgesehenen gesetzlichen Bestimmungen würden sowohl Normalbürgern als auch Polizeibeamten die Anwendung tödlicher Gewalt auch in Situationen erlauben, in denen nach internationalen Menschenrechtsstandards Gewaltanwendung mit Todesfolge nicht zulässig ist.

Im November meldete die ICD, dass die Todesfälle im Polizeigewahrsam bzw. "infolge polizeilicher Maßnahmen" zwischen April 2009 und März 2010 um 6% auf 860 zurückgegangen seien. In der Provinz KwaZulu-Natal wurde jedoch im Vergleich zum Vorjahr ein Anstieg von 258 auf 270 Todesfälle verzeichnet. General Bheki Cele, Präsident der Nationalen Polizei, erklärte im Oktober gegenüber dem Parlament, dass die Gründe für die Zunahme der von der Polizei abgegebenen tödlichen Schüsse in den Gefahren, denen die Beamten ausgesetzt seien, sowie ihrer mangelnden Erfahrung lägen.

Gewalt gegen Frauen und Mädchen

Die weiterhin eingetroffenen Berichte über das hohe Ausmaß an Gewalt gegen Frauen und Mädchen gaben landesweit Anlass zur Besorgnis. Zwischen April 2009 und März 2010 wurden der Polizei mehr als 63500 Fälle von an Frauen und Kindern begangenen Sexualdelikten, einschließlich Vergewaltigung, gemeldet.

In dem Bericht eines parlamentarischen Ausschusses, der im Februar dem Parlament vorgestellt wurde, werden grundlegende Änderungen des Gesetzes gegen häusliche Gewalt (Domestic Violence Act – DVA) sowie der Richtlinien und der Praxis bei Polizei, Justiz und sozialen Trägern empfohlen. Die Empfehlungen waren ein Ergebnis der ausgedehnten Anhörungen zivilgesellschaftlicher Organisationen zu Mängeln bei der Umsetzung von gesetzlichen Vorgaben, durch die viele Betroffene keinen Zugang zu wirksamen Abhilfemaßnahmen hatten. Im November berichtete die ICD dem Parlament, dass nur ein Viertel der von ihr im vergangenen Jahr inspizierten 522 Polizeistationen den ihnen nach dem Gesetz gegen häusliche Gewalt obliegenden Pflichten in vollem Umfang nachgekommen seien. Fehlendes Verständnis der Polizei für die Anforderungen des Gesetzes, mangelnde Bereitschaft zur Disziplinierung derjenigen, die das Gesetz nicht anwandten, und das Versäumnis, Gewalttäter festzunehmen, waren dem ICD-Bericht zufolge die Hauptprobleme.

Entführungen und Zwangsverheiratungen von Mädchen, die mit der traditionellen Praxis Ukuthwala (Zwangsverheiratung minderjähriger Mädchen gegen Zahlung von sogenanntem Brautgeld) zusammenhingen, nahmen offenbar zu, insbesondere in ländlichen Gebieten der Östlichen Kap-Provinz.

  • Im August 2010 lehnte ein Amtsgericht in Willowvale in der Östlichen Kap-Provinz die Forderung eines Ehemanns nach Rückkehr seiner 17-jährigen Ehefrau oder Rückgabe des Brautpreises (lobola) ab. Die junge Frau, die von der Frauenrechtsorganisation Women’s Legal Centre rechtlich vertreten wurde, war 14 Jahre alt, als sie entsprechend einem alten Brauch verheiratet wurde.

Nach groß angelegten Veranstaltungen zur Durchführung von "Jungfräulichkeitstests" (virginity testing) verurteilten die Kommission für Geschlechtergleichheit (Commission for Gender Equality) und einige zivilgesellschaftliche Organisationen diese Tests als Verletzungen der Rechte auf Gleichheit, Würde und Intimsphäre sowie der Rechte des Kindes. Einige dieser Veranstaltungen waren von traditionellen Führern, die in der Provinz KwaZulu-Natal Regierungsgehälter beziehen, finanziell unterstützt worden.

Im März 2010 entschied das Gleichstellungsgericht (Equality Court) in Johannesburg in der von der NGO Sonke Gender Justice erhobenen Klage, dass der Vorsitzende des Jugendverbands des Afrikanischen Nationalkongresses (African National Congress – ANC), Julius Malema, das Recht der Frauen auf Würde verletzt habe. Seine auf einer Versammlung geäußerten Kommentare über Frauen, die eine Vergewaltigung zur Anzeige bringen, seien als Hassrede zu werten. Das Gericht ordnete an, dass sich Julius Malema öffentlich entschuldigen und ein Bußgeld an eine Organisation zahlen solle, die Opfer geschlechtsspezifischer Gewalt betreut. Dies tat er nicht und beantragte stattdessen im Oktober Urlaub, um gegen das Urteil Rechtsmittel einlegen zu können.

Das Parlament beriet über einen Gesetzentwurf zur Bekämpfung des Menschenhandels. Das Gesetz wurde bis zum Ende des Jahres nicht verabschiedet.

Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender-Personen

Es gab weiterhin Meldungen über Fälle schwerer Gewaltanwendung gegen lesbische Frauen oder Frauen, die für Lesben gehalten wurden. Bis Ende 2010 war nicht entschieden worden, ob die vorgeschlagene Gesetzgebung zur Kriminalisierung von Hassverbrechen die Opfer, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung angegriffen wurden, einschloss, wie es zivilgesellschaftliche Gruppen empfohlen hatten. Im Dezember unterstützte Südafrika die Wiedereinführung einer zuvor gestrichenen Passage in eine UN-Resolution, die Staaten dazu aufrief, die Tötung von Angehörigen von Minderheitengruppen zu ächten. Durch die Änderung werden auch Tötungen aufgrund der "sexuellen Orientierung" geächtet.

Recht auf Gesundheit – Menschen mit HIV/AIDS

Nach Schätzungen des UN-Programms zu HIV/AIDS (UNAIDS) waren 5,7 Mio. Menschen in Südafrika HIV-positiv. Bis Ende 2010 hatte sich die Zahl der AIDS-Patienten, die eine antiretrovirale Therapie (ART) erhielten, laut Angaben der Weltgesundheitsorganisation auf über 971500 erhöht. Mehr als ein Drittel lebte in der von der Epidemie am stärksten betroffenen Provinz KwaZulu-Natal. Die höchste HIV-Prävalenz war in dieser Provinz bei schwangeren Frauen festgestellt worden. Im März verabschiedete die Regierung neue HIV-Behandlungsrichtlinien, die eine frühzeitige Behandlung von schwangeren Frauen und Personen vorsehen, die sowohl mit HIV als auch mit Tuberkulose infiziert sind. Der Zugang zu einer Behandlung verbesserte sich in etlichen Provinzen, nachdem das Gesundheitsministerium in Zusammenarbeit mit NGOs und Gebern die Kapazität von Kliniken außerhalb von Krankenhäusern gestärkt hatte, um eine umfassende Behandlung und Versorgung zu gewährleisten. Armut, unzureichende tägliche Nahrungsaufnahme, unzuverlässige und kostspielige Transportsysteme und der Mangel an medizinischem Personal in den ländlichen Gebieten waren jedoch weiterhin die größten Hemmnisse bei der Inanspruchnahme medizinischer Versorgung.

Im März startete die Regierung eine Kampagne, um die Anzahl freiwilliger HIV-Tests zu erhöhen, und in KwaZulu-Natal förderte sie die männliche Beschneidung, um die HIV-Prävalenz zu reduzieren. Beide Programme wurden wegen der Überbetonung numerischer Ziele kritisiert. In einigen Fällen waren die Betroffenen vor der Einwilligung nicht umfassend informiert und beraten worden. Dem südafrikanischen AIDS-Rat (South African National AIDS Council) wurde mangelnde Führungsstärke bei der Überwachung der Umsetzung des nationalen strategischen Plans zu HIV und AIDS vorgeworfen.

Flüchtlinge und Migranten

Flüchtlinge und Migranten litten auch 2010 unter Verstößen gegen das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. In den ersten sechs Monaten des Berichtsjahrs wurden in fünf Provinzen mindestens 14 Fälle von gewalttätigen Angriffen und Geschäftsplünderungen registriert, die sich vorzugsweise gegen somalische und äthiopische Staatsbürger richteten. In etlichen Gebieten, darunter in Siyathemba/Balfour, Sasolburg und Middelburg, fanden umfangreiche Vertreibungen nichtsüdafrikanischer Staatsangehöriger statt. Der Polizeischutz erfolgte häufig nicht rechtzeitig oder war unzureichend, und die Opfer hatten Schwierigkeiten, zu ihrem Recht zu kommen und Entschädigung zu erhalten. In einigen Gebieten der Provinz Gauteng verhinderte die Zusammenarbeit zwischen höheren Polizeibeamten und Beobachtern des UN-Hochkommissars für Flüchtlinge (UNHCR) und zivilgesellschaftlichen Organisationen eine Eskalation der Gewalt.

Im Mai wurde Migranten und Flüchtlingen schriftlich und mündlich Gewalt angedroht, sollten sie bis zum Ende der Fußballweltmeisterschaft 2010 nicht ihre Geschäfte schließen und das Land verlassen. Im Juni wurde ein Interministerieller Ausschuss (Inter-Ministerial Committee – IMC) ins Leben gerufen, um die staatliche Reaktion auf die Vorfälle von Gewalt zu koordinieren. Obwohl nach dem 11. Juli eine größere Anzahl von Sicherheitskräften eingesetzt wurde, ereigneten sich in den Provinzen Westkap und Gauteng (darunter in Philippi East, Khayelitsha, Wallacedene und Kya Sands) mindestens 15 Angriffe auf Eigentum und Menschen – Hunderte wurden dabei vertrieben. Mitglieder des IMC stritten öffentlich ab, dass die Vorfälle einen ausländerfeindlichen Hintergrund gehabt hätten; im September bestätigte der Vizeminister für Soziale Entwicklung jedoch, dass Flüchtlinge und Migranten Opfer von "Hassverbrechen" geworden seien.

Im November verpflichtete das Urteil eines Strafgerichts der ersten Instanz die Banken dazu, die Personaldokumente von Flüchtlingen und Asylsuchenden zu akzeptieren, um ihnen die Eröffnung von Bankkonten zu ermöglichen. Dieser Schritt wurde von den Organisationen, die sich für die Respektierung der Rechte von Flüchtlingen einsetzen, begrüßt.

In mindestens zwei der von der Menschenrechtsorganisation Rechtsanwälte für die Menschenrechte (Lawyers for Human Rights) vertretenen Fälle ordneten die Gerichte die Freilassung von Bürgern aus Simbabwe und Somalia an, deren Inhaftierung widerrechtlich war und die dem Risiko der Abschiebung ausgesetzt waren. Das im September angekündigte Vorhaben des Innenministeriums (Ministry of Home Affairs), den Rechtsstatus tausender in Südafrika lebender Simbabwer zu regeln und ihr Abschiebungsmoratorium aufzuheben, weckte Befürchtungen über zukünftige Massenabschiebungen, da die Anträge innerhalb eines vorgegebenen Zeitraums eingegangen und bearbeitet sein mussten. Im Dezember erklärte der Minister, dass Simbabwer, die bis zum 31. Dezember eine Aufenthaltsgenehmigung beantragen würden, keine Abschiebung zu befürchten hätten. Laut offiziellen Angaben gingen bis zu diesem Stichtag über 250000 Anträge ein. Sicherheitspersonal wandte Berichten zufolge exzessive Gewalt gegen Simbabwer an, die vor der Dienststelle des Innenministeriums in Kapstadt darauf warteten, ihre Anträge zu stellen.

Menschenrechtsverteidiger

Das Verfahren gegen zwölf Anhänger der Bewegung für das Recht auf angemessenen Wohnraum Abahlali baseMjondolo, die unter der Anklage standen, für die im September 2009 in einer informellen Siedlung in der Kennedy Road in der Nähe von Durban ausgebrochenen gewalttätigen Ausschreitungen verantwortlich zu sein, begann im November. Eine Kronzeugin, die ihre frühere bei der Polizei gemachte Aussage mit der Begründung widerrief, sie sei erzwungen worden, erhielt Morddrohungen, nachdem die Medien einige Tage zuvor ihren Namen veröffentlicht hatten. Das Verfahren wurde auf Mai 2011 vertagt. Alle Angeklagten wurden gegen Kaution freigelassen.

  • Im Januar 2010 beantragten Einwohner einer Gemeinde in der Provinz Limpopo, die von Bergbauaktivitäten und der Unterdrückung ihrer Proteste durch die Polizei betroffen waren, beim Oberen Gericht eine Überprüfung des Pachtvertrags mit der Bergbaugesellschaft Anglo-Platinum. Die Antragsteller hofften auf ein Urteil, das feststellen würde, dass der Vertrag ohne vorherige umfassende Information und Berücksichtigung des Rechts der Gemeinschaft auf eine gerechte und angemessene Entschädigung geschlossen wurde. Das Gericht hatte sich bis Ende 2010 noch nicht mit dem Fall befasst.

  • Im August 2010 nahmen Angehörige der Hawks rechtswidrig den investigativen Journalisten Mzilikazi wa Afrika der Sunday Times fest, allem Anschein nach, weil er über ein mutmaßliches Mordkommando berichtet hatte, das Verbindungen zu hochrangigen Mitgliedern der Provinzregierung von Mpumalanga unterhielt. Sie beschlagnahmten sein Notebook, hielten ihn 24 Stunden lang an verschiedenen Orten in Haft und gewährten ihm erst dann Zugang zu seinem Anwalt. Nach Eingang eines Dringlichkeitsantrags ordnete das Hohe Gericht von Pretoria seine sofortige Freilassung an. Der Vorfall ereignete sich zu einer Zeit, als der ANC und die ihm angehörende Regierung verstärkten Druck ausübten, um die Medien und das Recht auf freie Meinungsäußerung mit Hilfe eines geplanten Mediengerichts (Media Appeals Tribunal) und eines drakonischen Gesetzes zum Schutz von Informationen stärker zu kontrollieren. Um dieser Entwicklung etwas entgegenzusetzen, riefen zivilgesellschaftliche Organisationen die Kampagne Right2Know für das Recht auf Information ins Leben.

Amnesty International: Missionen und Berichte

Delegierte von Amnesty International besuchten Südafrika in den Monaten März, August und November.

South Africa: Police negligence in xenophobic attack (AFR 53/003/2010)

South Africa: Grave concern at continuing violence against refugees and migrants (AFR 53/004/2010)

Human rights concerns in South Africa during the World Cup (AFR 53/007/2010)

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