Mut braucht Schutz

Schwarz-Weiß-Fotografie einer Frau in Mitten einer Protestaktion, die ihre rechte Hand hochhält und laut ruft oder singt. Die umstehenden Menschen sind stark unscharf. In einem gelben Kasten auf dem Foto steht "Sie begibt sich in Gefahr. Ihr Mut braucht deinen Schutz.

Tag für Tag setzen sich Menschen weltweit für ihre Rechte und die Rechte anderer ein. Doch wer sich für Menschenrechte engagiert, wird zunehmend diffamiert, inhaftiert, durch repressive Gesetze an der Arbeit gehindert – manchmal sogar ermordet.

Von Sommer 2018 bis März 2021 setzten wir uns mit der "Mut braucht Schutz"-Kampagne für über 30 Menschenrechtsverteidiger_innen ein. Insgesamt wurden rund 400.000 ? Online-Appelle und über 50.000 Unterschriften gesammelt. Damit erreichten wir die Freilassungen zahlreicher inhaftierter Menschenrechtler_innen, die sich von den Bedrohungen nicht abschrecken ließen und weiterhin entschlossen  gegen Menschenrechtsverletzungen eintraten. So wurde  beispielsweise der chinesische Menschenrechtsanwalt Wang Quanzhang nach fast drei Jahren Haft ohne Kontakt zur Außenwelt im April 2020 frei gelassen. Auch die saudi-arabische Frauenrechtlerin Loujain al-Hathloul konnte nach 1001 Tagen im Gefängnis im Februar 2021 endlich wieder ins Haus ihrer Familie zurückkehren. Sie hatte Folter und andere Misshandlungen in Haft erlitten.  

Es sind Studierende, Frauen, Eltern und viele mehr, die gegen Folter, Vertreibung, Korruption, Diskriminierung und weiteres Unrecht kämpfen. Ihrem Einsatz ist es zu verdanken, dass Menschenrechtsverletzungen ans Licht kommen.

Wofür wir uns stark machen

Amnesty International forderte mit der Kampagne,

  • dass die internationalen Vereinbarungen zum Schutz von Menschenrechtlerinnen und Menschenrechtlern eingehalten und umgesetzt werden! Auch die deutsche Bundesregierung muss diese Richtlinien systematisch umsetzen.
  • dass Menschenrechtlerinnen und Menschenrechtler nicht durch restriktive Gesetze oder die willkürliche Anwendung von Gesetzen an ihrer legitimen Arbeit gehindert werden.
  • dass unschuldig inhaftierte Menschenrechtlerinnen und Menschenrechtler sofort und bedingungslos freigelassen werden.

Im Überblick: Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidiger in Bedrängnis

Wer sind Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidiger?

Menschenrechtlerinnen und Menschenrechtler setzen sich dafür ein, dass Menschenrechte eingehalten werden. Es sind Seniorinnen und Senioren, Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter, Umweltaktivistinnen und -aktivisten, Eltern, Studierende, Männer, Frauen, Queere und viele mehr, die unablässig gegen Folter, Vertreibung, Korruption, Diskriminierung und weiteres Unrecht kämpfen. Sie verfügen oft nur über geringe Mittel, nehmen aber mit viel Mut große Risiken auf sich, damit Menschenrechtsverletzungen geahndet werden.

Warum werden sie unter Druck gesetzt?

1948 verabschiedeten die Vereinten Nationen die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, die allen Menschen die gleichen Rechte zusprechen. Doch weltweit stellen immer mehr Staaten den Grundkonsens der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte in Frage. Nicht selten unter dem Deckmantel der "Terrorabwehr" oder der "Inneren Sicherheit" schränken sie beispielsweise die Rechte von Lesben, Schwulen, trans- und intergeschlechtlichen Menschen ein, machen Kritikerinnen und Kritiker durch fingierte Gerichtsverfahren mundtot, schließen unabhängige Medienhäuser, überwachen willkürlich Privatpersonen oder schränken das Recht auf Asyl ein. Auch Wirtschaftsinteressen können eine Rolle spielen, wenn sich Menschenrechtlerinnen und Menschenrechtler gegen große Infrastrukturprojekte und Umweltzerstörung einsetzen. Regierungen und auch manchen Unternehmen sind Menschen, die für ihre und die Rechte anderer eintreten, ein Dorn im Auge. Ihr Engagement wird systematisch erschwert, der Handlungsspielraum für ihr Engagement wird in vielen Ländern kleiner – sogar bei uns in Europa. In manchen Ländern werden Menschenrechtlerinnen und Menschenrechtler sogar ermordet.

Ist dieses Phänomen neu?

Es ist nicht neu, dass Regierungen auf Kosten der Menschenrechte gegen Kritikerinnen und Kritiker vorgehen. In den letzten Jahren haben die Repressalien gegen kritische Vertreterinnen und Vertreter der Zivilgesellschaft jedoch eine neue Qualität bekommen. Immer mehr Gesetze schränken die Arbeit von Nichtregierungsorganisationen ein und unterbinden das Engagement derjenigen, die sich für die Menschenrechte stark machen. Auch verwenden viele Regierungen existierende Gesetze missbräuchlich, um Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidiger zu kriminalisieren und sie damit von ihrer Arbeit abzuhalten. Hetzkampagnen zielen auf Kritikerinnen und Kritiker, unabhängige Medien werden verboten. Der Handlungsspielraum für die Menschenrechte wird immer kleiner. Zusammengefasst wird diese systematische Einschränkung einer kritischen Zivilgesellschaft auch als "Shrinking Space" (deutsch: schrumpfender Raum) bezeichnet.

Welchen Gefahren sind Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidiger ausgesetzt?

Menschenrechtlerinnen und Menschenrechtler weltweit nehmen mit viel Mut große Risiken auf sich, damit Menschenrechtsverletzungen geahndet werden. Um sie mundtot zu machen, werden sie in Schmutzkampagnen verleumdet und bedroht. Manchmal werden sie sogar ermordet. Die Tendenz ist leider steigend Der Staat schützt sie oft nicht effektiv, oder ist sogar direkt an Übergriffen beteiligt. Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidiger werden auch zur Zielscheibe von bewaffneten Gruppen, Unternehmen oder religiösen Gruppen. Täglich werden neue Angriffe gemeldet. 2016 wurden Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidiger in 94 Ländern bedroht, in 63 Ländern durch Schmutzkampagnen diffamiert, in 68 Ländern eingesperrt. Der Organisation Front Line Defenders zufolge wurden im Jahr 2017 312 Menschenrechtlerinnen und Menschenrechtler ermordet, mehr als je zuvor. Die Organisation geht davon aus, dass seit der Erklärung der Vereinten Nationen zum Schutz von Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidigern 3.500 von ihnen ermordet wurden. 

Welche Regelungen gibt es zum Schutz von Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidigern?

Gleich eine ganze Reihe von internationalen Vereinbarungen verlangen die Einhaltung der Menschenrechte und schreiben den besonderen Schutz von Menschenrechtlerinnen und Menschenrechtlern vor.

1998 verabschiedeten die Vereinten Nationen die Erklärung zum Schutz von Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidigern. Mit der Erklärung wurden erstmals internationale Standards für ihren Schutz geschaffen. Die Staaten werden aufgefordert, Menschenrechtlerinnen und Menschenrechtler und ihre Aktivitäten zu schützen.

Auf EU Ebene existieren Leitlinien zum Schutz von Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidigern. Diese definieren die Rolle der EU bei diesem Schutz und definieren praktische Instrumente zu der Frage, wie bedrohten Menschenrechtlerinnen und Menschenrechtlern geholfen werden kann. Im Vordergrund stehen enge Kontakte zu diesen und eine verstärkte Sichtbarmachung ihrer Arbeit in der Öffentlichkeit. Jedoch werden diese Vereinbarungen nicht systematisch umgesetzt.

Wie kann man Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidiger besser schützen?

Regierungen könnten Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidiger auf folgende Weise unterstützen:

(i) Indem sie die Legitimität der Arbeit der Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidiger anerkennen und unterstützen.

(ii) Indem sie dafür sorgen, dass Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidiger wirksam geschützt werden und die Schutzmechanismen effektiv umgesetzt und mit angemessenen finanziellen Mitteln ausgestattet werden.

(iii) Indem sie Programme leichter zugänglich machen und unterstützen, die Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidigern den Zugang zu den notwendigen Kenntnissen, Instrumenten und der Ausbildung gewährleisten, die sie für ihre Menschenrechtsarbeit brauchen.

(iv) Indem sie partizipative Ansätze ermöglichen, um sicherzustellen, dass Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidiger untereinander und in der Gemeinschaft, in der sie aktiv sind, vernetzt sind und Zugang zu den Entscheidungsträgerinnen und -trägern auf nationaler, regionaler und internationaler Ebene haben. Gleichzeitig muss die Sicherheit der Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidiger gewährleistet sein.

Was kann ich tun?

Zusammen können wir dazu beitragen, dass Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidiger in Sicherheit sind! Unterzeichne Petitionen zu ihrem Schutz und zeige dadurch, dass du hinsiehst, wenn sie in Gefahr geraten. Engagiere dich in einer Amnesty-Gruppe, werde Mitglied oder spende, um dauerhaft etwas für Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidiger zu tun!

Weitere Informationen zum Thema

Mutige Menschen, für die wir uns eingesetzt haben: