Amnesty Report 22. Mai 2013

Eritrea 2013

 

Amtliche Bezeichnung: Staat Eritrea Staats- und Regierungschef: Isayas Afewerki

Der Militärdienst war obligatorisch und wurde oft auf unbestimmte Zeit ausgedehnt. Ein militärisches Training für Minderjährige war ebenfalls zwingend vorgeschrieben. Zum Wehrdienst eingezogene Personen wurden zur Verrichtung von Zwangsarbeit eingesetzt. Nach wie vor waren Tausende gewaltlose politische Gefangene und andere aus politischen Gründen Inhaftierte unter entsetzlichen Bedingungen willkürlich inhaftiert. Folter und andere Misshandlungen waren an der Tagesordnung. Oppositionsparteien, unabhängige Medien oder zivilgesellschaftliche Organisationen waren verboten. Nur vier Religionen waren vom Staat zugelassen. Alle anderen waren untersagt, und ihre Anhänger wurden festgenommen und inhaftiert. Nach wie vor suchte eine große Zahl von Eritreern im Ausland Zuflucht.

Hintergrund

Die humanitäre Situation im Land war Berichten zufolge ernst, und die Wirtschaft stagnierte nach wie vor. Der Bergbau entwickelte sich positiv, da die bedeutenden Gold-, Kali- und Kupfervorkommen ausländische Regierungen und Privatfirmen anzogen. Dieses Interesse bestand trotz des Risikos der Mittäterschaft bei Menschenrechtsverletzungen durch den Einsatz von Zwangsarbeit in den Minen.

Die äthiopische Armee stieß im März 2012 zweimal nach Eritrea vor und gab erfolgreiche Angriffe gegen Lager bekannt, in denen Armeeangaben zufolge äthiopische bewaffnete Oppositionsgruppen Trainingseinheiten absolvierten. Äthiopien beschuldigte Eritrea, Rebellen zu unterstützen, die im Januar in Äthiopien eine Gruppe europäischer Touristen angriffen (siehe Länderbericht Äthiopien). Die Bewaffneten, die die Verantwortung für den Vorfall übernahmen, gaben an, keine Lager in Eritrea zu unterhalten.

Im Juli 2012 ernannte der UN-Menschenrechtsrat einen Sonderberichterstatter für Eritrea und reagierte damit auf "die anhaltenden, weit verbreiteten und systematischen Menschenrechtsverletzungen ... durch die eritreischen Behörden". Die eritreische Regierung lehnte die Ernennung als politisch motiviert ab.

Im Juli berichtete die UN-Überwachungsgruppe für Somalia und Eritrea, dass die Unterstützung Eritreas für Al-Shabab in Somalia zurückgegangen sei, Eritrea aber weiterhin bewaffnete Oppositionsgruppen der Nachbarländer, insbesondere aus Äthiopien, bei sich aufnehme. Im Bericht hieß es weiter, dass eritreische Beamte in den Handel mit Waffen und Menschen verwickelt seien.

Etwa Mitte des Jahres gab es Berichte, die darauf hindeuteten, dass die Regierung aus unbekannten Gründen Waffen an die Zivilbevölkerung ausgab.

Gewaltlose und andere politische Gefangene

In Eritrea befanden sich 2012 nach wie vor Tausende gewaltlose und andere politische Gefangene unter entsetzlichen Bedingungen in Haft. Unter ihnen waren Politiker, Journalisten und Menschen, die ihren Glauben praktizierten. Auch Personen, die sich dem Militärdienst entziehen, das Land verlassen oder sich ohne Erlaubnis frei im Land bewegen wollten, gehörten dazu. Einige gewaltlose politische Gefangene waren bereits über ein Jahrzehnt ohne Anklage inhaftiert.

In der Öffentlichkeit bekannte Gefangene durften keine Besuche empfangen, und in den meisten Fällen wussten ihre Familien nicht, wo sie sich befanden und wie es ihnen gesundheitlich ging. Die Regierung weigerte sich nach wie vor, Meldungen zu bestätigen oder zu dementieren, denen zufolge eine Reihe von Gefangenen in Haft verstorben war.

  • Laut Berichten sollen die Journalisten Dawit Habtemichael, Mattewos Habteab und Sahle Tsegazab, die seit ihrer Festnahme im Jahr 2001 willkürlich inhaftiert waren, in den vergangenen Jahren in der Haft gestorben sein. Die Regierung bestätigte diese Berichte jedoch nicht.

Religionsfreiheit

Lediglich den Mitgliedern der staatlich anerkannten Religionsgemeinschaften – der eritreisch-orthodoxen, der römisch-katholischen und der evangelisch-lutherischen Kirche – sowie Anhängern des Islam war es gestattet, ihre Religion auszuüben. Mitglieder verbotener Glaubensrichtungen waren weiterhin Festnahmen, willkürlichen Inhaftierungen und Misshandlungen ausgesetzt.

  • Im April 2012 wurden zehn Zeugen Jehovas im Zusammenhang mit dem Besuch eines Begräbnisses in der Stadt Keren festgenommen. Ende des Jahres befanden sich 56 Zeugen Jehovas wegen ihres Glaubens im Gefängnis.

Folter und andere Misshandlungen

Folterungen und anderweitige Misshandlungen von Gefangenen waren weit verbreitet. Gefangene wurden geschlagen, in schmerzhaften Positionen gefesselt und extremen Witterungsbedingungen ausgesetzt sowie über lange Zeiträume in Einzelhaft gehalten. Die Haftbedingungen kamen grausamer, unmenschlicher und erniedrigender Behandlung gleich. Eine große Anzahl von Gefangenen war in Schiffscontainern aus Metall eingesperrt oder in unterirdischen Zellen untergebracht, die sich vielfach in Wüstenregionen befanden, wo sie extremer Hitze und Kälte ausgesetzt waren. Die Gefangenen erhielten weder ausreichende Nahrung noch sauberes Trinkwasser. Häufig war die medizinische Versorgung unzureichend oder wurde den Gefangenen ganz verweigert.

  • Die Journalistin Yirgalem Fisseha Mebrahtu, die im Februar 2009 festgenommen worden war, wurde Berichten zufolge im Januar 2012 in ein Krankenhaus eingeliefert. Dort stand sie unter ständiger Überwachung und durfte keinen Besuch empfangen. Ihrer Familie wurde nicht mitgeteilt, warum sie in ein Krankenhaus verlegt worden war.

  • Der ehemalige Außenminister – ein Mitglied der G-15-Gruppe, zu der elf bekannte, seit 2001 willkürlich inhaftierte Politiker gehören – wurde Berichten zufolge im Juli wegen schwerer Krankheit in ein Krankenhaus eingeliefert. Eine angemessene medizinische Versorgung stand in Eritrea jedoch nicht zur Verfügung. Sein Schicksal war Ende 2012 ungewiss.

Es gab Berichte über eine Reihe von Todesfällen in Gewahrsam.

  • So soll im August 2012 der seit September 2008 inhaftierte Zeuge Jehovas, Yohannes Haile, im Me’eter-Gefängnis an den Folgen extremer Hitze gestorben sein. Er war seit Oktober 2011 unterirdisch eingesperrt gewesen. Drei weitere Gefangene befanden sich dem Vernehmen nach in einem kritischen Zustand. Ihr Schicksal war Ende des Jahres ungewiss.

Militärdienst

Der Militärdienst war für Frauen und Männer über 18 Jahren obligatorisch. Alle Schüler mussten das letzte Schuljahr im militärischen Ausbildungslager Sawa verbringen. Diese Maßnahme betraf schon Jugendliche im Alter von 15 Jahren. In Sawa litten die Minderjährigen unter den schlechten Bedingungen und harten Strafen für Regelübertretungen.

Der Militärdienst dauerte eigentlich 18 Monate, wurde aber häufig auf unbestimmte Zeit verlängert. Den Militärdienstleistenden wurden geringe Löhne gezahlt, die nicht zur Deckung der Grundbedürfnisse ihrer Familien ausreichten. Sie mussten häufig Zwangsarbeit in Regierungsprojekten, z.B. in der Landwirtschaft oder in privaten Firmen im Besitz des Militärs oder der Eliten der Regierungspartei, leisten. Die Strafen für Deserteure und Militärdienstverweigerer umfassten Folter und andere Misshandlungen.

Flüchtlinge und Asylsuchende

Tausende Eritreer verließen 2012 das Land, überwiegend um dem unbefristeten Militärdienst zu entgehen. Bei Versuchen, die Grenze nach Äthiopien zu überqueren, wurde weiterhin auf die Flüchtigen scharf geschossen. Auf der Flucht in den Sudan gefasste Personen wurden willkürlich inhaftiert und heftig mit Schlägen traktiert. Familienangehörige der Geflohenen mussten Geldstrafen zahlen oder wurden inhaftiert.

Für Asylsuchende aus Eritrea, die in ihr Heimatland abgeschoben wurden, bestand die akute Gefahr, willkürlich inhaftiert und gefoltert zu werden. Dennoch wurden zahlreiche Eritreer aus Staaten wie Ägypten, Sudan, Schweden, Ukraine und Großbritannien nach Eritrea zurückgeführt.

  • Am 24. Juli 2012 führte der Sudan neun Asylsuchende und einen Flüchtling nach Eritrea zurück. Sie waren von einem sudanesischen Gericht wegen illegaler Einreise schuldig gesprochen worden.

Menschenhandel

Der Bericht der UN-Überwachungsgruppe für Somalia und Eritrea vom Juli stellte fest, dass eritreische Beamte, darunter auch hochrangige Militärs, Waffenschmuggel und Menschenhandel durch kriminelle Netzwerke im Sudan und auf dem Sinai kontrollierten. Dem Bericht zufolge deutete der Umfang der Aktivitäten auf eine Beteiligung der eritreischen Regierung hin.

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