Amnesty Report Uganda 24. April 2024

Uganda 2023

Vier Personen halten während einer Demonstration ein Banner vor sich, auf dem unter anderem steht: "Fight Uganda's Anti-Homosexuality Death Penalty Law".

Protestaktion gegen das Anti-LGBTI-Gesetz vor der ugandischen Botschaft in London während der Pride-Parade am 1. Juli 2023

Berichtszeitraum: 1. Januar 2023 bis 31. Dezember 2023

Die ugandischen Behörden schränkten die Rechte auf Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit auch 2023 stark ein. Der Präsident billigte ein Gesetz gegen Homosexualität, das eine weitere Kriminalisierung einvernehmlicher sexueller Beziehungen zwischen gleichgeschlechtlichen Personen mit sich brachte und für einige Straftatbestände sogar die Todesstrafe vorsah. Der geplante Bau der Ostafrikanischen Rohölpipeline gefährdete das Recht auf eine gesunde Umwelt. Am Mount Elgon wurden weiterhin rechtswidrige Zwangsräumungen im Namen des Umweltschutzes durchgeführt. In der Apaa-Region stellte die Regierung die Zwangsräumungen dagegen ein. Die Flüchtlingshilfe für die mehr als 1,6 Mio. geflüchteten Menschen in Uganda war stark unterfinanziert. 2023 kamen mehr als 130.000 neue Flüchtlinge ins Land. 

Hintergrund

Im März 2023 gab Muhoozi Kainerugaba, der Sohn von Präsident Museveni, auf X (vormals Twitter) bekannt, dass er 2026 bei den Präsidentschaftswahlen antreten werde, löschte den Beitrag jedoch später. Er startete dann die politische Mobilisierungskampagne MK Movement und setzte seine Präsidentschaftskandidatur fort. Präsident Museveni gab seine Absichten hinsichtlich der Wahlen nicht bekannt. 

Im August tellte die Wahlkommission den nationalen Strategieplan und die Roadmap für die Parlamentswahlen 2026 vor.

Ebenfalls im August 2023 stellte das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte (OHCHR) seine Tätigkeit in Uganda ein, nachdem die Regierung eine Verlängerung des Mandats im Land verweigert hatte. Das OHCHR hatte 18 Jahre lang mit der Zivilgesellschaft, Einzelpersonen und NGOs zusammengearbeitet und sich bei staatlichen Institutionen für die Förderung und den Schutz der Menschenrechte in Uganda eingesetzt. 

Recht auf friedliche Versammlung

Im Januar 2023 nahmen Polizeiangehörige in der Hauptstadt Kampala den Menschenrechtsverteidiger Bob Barigye fest, als dieser eine öffentliche Debatte zu Klimagerechtigkeit abhielt. Er wurde wegen "Behinderung eines Polizisten im Dienst" drei Tage lang auf der Wandegeya-Polizeiwache festgehalten und anschließend gegen Kaution freigelassen. Im Juni wurde er zusammen mit den Menschenrechtlerinnen Zarika Mutesi, Shamim Naruwada und Phionah Nalusiba erneut festgenommen, als sie gegen die Erdölfirma East African Crude Oil Pipeline Ltd. (EACOP) demonstrierten (siehe "Recht auf eine gesunde Umwelt"). Sie wurden auf die Polizeihauptwache von Kampala gebracht, wegen Anstiftung zur Gewalt angeklagt und am nächsten Tag unter Auflagen freigelassen.

Im April 2023 nahm die Polizei vor dem Parlament in Kampala zwölf weibliche Abgeordnete fest, als diese zum Innenministerium marschieren wollten, um dort eine Petition zu übergeben, die sich gegen die exzessive Gewaltanwendung richtete, mit der die Polizei mehrere von weiblichen Abgeordneten in ihren Wahlbezirken organisierte Treffen aufgelöst hatte. Erst nach einer Intervention der Parlamentspräsidentin wurden die Frauen, von denen einige bei ihrer Festnahme verletzt worden waren, einige Stunden später wieder freigelassen. 

Ende August 2023 startete die Oppositionspartei National Unity Platform (NUP) ihren Wahlkampf und konnte zahlreiche Anhänger*innen mobilisieren. Im September reagierte der stellvertretende Generalinspekteur der Polizei mit einem landesweiten Verbot von Parteiversammlungen und anderen Aktivitäten der NUP. Die Behörden rechtfertigten dies damit, dass es zu Verstößen gegen die öffentliche Ordnung gekommen sei, u. a. zu Verkehrsunfällen, einer davon tödlich. Sie gaben an, die Veranstaltungen würden "dazu genutzt, zu Gewalt anzustiften, Sektierertum zu fördern, unrechtmäßige Aufrufe zur Absetzung der Regierung zu starten und verleumderische Aussagen gegen den Präsidenten zu veröffentlichen".

Am 15. September 2023 wurden die Studenten und Umweltschützer Benjamin Akiso, Wasswa Alex, Abdu Twaib Magambo und Kajubi Maktumin von der Polizei in Kampala wegen einer öffentlichen Protestveranstaltung festgenommen. Sie wurden sechs Tage lang wegen des Vorwurfs der Erregung öffentlichen Ärgernisses im Luzira-Gefängnis festgehalten, bevor das Gericht in der Buganda Road ihre Freilassung gegen Kaution anordnete. Ihr Verfahren war Ende 2023 noch anhängig.

Am 9. Oktober 2023 verhinderten Sicherheitskräfte eine Pressekonferenz von führenden Mitgliedern sowie Anhänger*innen der NUP in der Parteizentrale. 14 von ihnen, darunter der Generalsekretär David Lewis Rubongoya, der Parteisprecher Joel Ssenyonyi und der Wahlkampfbeauftragte Fred Nyanzi, wurden vorübergehend inhaftiert und anschließend bedingungslos wieder freigelassen.

Am 11. Oktober 2023 leitete die Polizei ein Ermittlungsverfahren gegen 59 Anhänger*innen der NUP aus den Städten Entebbe und Kajjansi sowie dem Stadtteil Kawempe in Kampala ein. Ihnen wurde gemäß dem Strafgesetzbuch rechtswidrige Versammlung und Anstiftung zur Gewalt vorgeworfen. Landesweit wurden Dutzende Mitglieder und Anhänger*innen der NUP festgenommen, weil sie gegen den Hausarrest ihres Parteivorsitzenden Robert Kyagulanyi (auch bekannt unter dem Künstlernamen Bobi Wine) protestiert hatten. Robert Kyagulanyi war nach einer Tournee durch Kanada und Südafrika am 5. Oktober 2023 bei seiner Ankunft auf dem Flughafen von Entebbe festgenommen worden. Er wurde von Sicherheitskräften zu sich nach Hause in Magere bei Kampala gebracht, wo er drei Tage lang unter Hausarrest stand. 

Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans- und Intergeschlechtlichen (LGBTI+)

Im Mai 2023 wurde das Gesetz gegen Homosexualität (Anti-Homosexuality Act 2023) erlassen. Das Gesetz sieht die Todesstrafe für den Tatbestand der "schweren Homosexualität" vor, der vage beschrieben wird als gleichgeschlechtliche sexuelle Handlung mit einer Person über 75 oder unter 18 Jahren, die entweder nicht einwilligt, nicht zur Einwilligung fähig ist oder bei der es sich um eine Person mit einer Behinderung oder psychischen Erkrankung handelt. Das Gesetz sieht außerdem eine lebenslange Freiheitsstrafe für einvernehmliche gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen und eine Höchststrafe von zehn Jahren Haft für versuchte gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen vor und stellt die "Förderung von Homosexualität" unter Strafe.

Nach Inkrafttreten des Gesetzes gab es Berichte über eine Zunahme von Gewalt und anderen Menschenrechtsverletzungen gegen LGBTI+. Die ugandische NGO Human Rights Awareness and Promotion Forum (HRAPF) verzeichnete zwischen Juni und Dezember 2023 insgesamt 379 Fälle von Gewalt, darunter die Vertreibung von Menschen aus ihren Häusern und Dörfern sowie tätliche Gewalt oder Gewaltandrohung.

Im August 2023 ordnete die Leiterin der Staatsanwaltschaft an, dass alle unter diesem Gesetz eingereichten Anzeigen gemeinsam mit einem schriftlichen Rechtsgutachten ihrem Büro vorzulegen seien, bevor eine Entscheidung über eine Anklageerhebung getroffen werden könne. Fünf Fälle von "schwerer Homosexualität" wurden jedoch bereits vor Gerichten in den Distrikten Kampala, Lugazi, Mbarara, Soroti und Wakiso verhandelt, während sich zwei der Angeklagten noch in Polizeigewahrsam befanden. Andere waren unter Auflagen freigelassen worden. Laut Angaben von HRAPF waren bis Ende 2023 mindestens 59 Personen wegen verschiedener Straftatbestände unter dem Gesetz angeklagt worden

Am 18. Dezember 2023 begann das Verfassungsgericht mit der Anhörung eines von lokalen Menschenrechtsgruppen eingereichten Rechtsmittels gegen das Gesetz.

Recht auf eine gesunde Umwelt

Am 24. Januar 2023 wurde dem Unternehmen EACOP Ltd., zu dessen Anteilseignern die Uganda National Oil Company, TotalEnergies EP Uganda, die China National Offshore Oil Corporation Uganda und die Tanzania Petroleum Development Corporation gehören, die Lizenz für den Bau einer Pipeline erteilt. Diese Pipeline (bekannt als EACOP) soll sich über 1.443 km von Kabaale (Distrikt Hoima) in West-Uganda bis zur tansanischen Halbinsel Chongoleani beim Hafen von Tanga erstrecken. Das Projekt sieht den Bau einer beheizten Pipeline mit einem Durchmesser von 61 cm für den Transport von Rohöl vor und setzte die Bewohner*innen Hunderter Dörfer in den Unterbezirken Kapapi und Kiganja dem Risiko weiterer rechtswidriger Zwangsräumungen aus (siehe "Rechtswidrige Zwangsräumungen"). Die Pipeline soll durch besiedelte Gegenden und Wildtierreservate, landwirtschaftliche Flächen und Wasserquellen verlaufen und gefährdet das Recht auf eine saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt.

Am 28. Februar 2023 wies ein französisches Zivilgericht eine Klage ab, die 2018 von sechs NGOs aus Frankreich und Uganda gegen TotalEnergies als Anteilseigner der EACOP Ltd. eingereicht worden war. Die NGOs hatten versucht, die Pipeline auf der Grundlage eines französischen Gesetzes zur Wahrung der Sorgfaltspflicht von Unternehmen aus dem Jahr 2017 zu stoppen. Das Gesetz macht multinationale Unternehmen für Umwelt- und Menschenrechtsrisiken haftbar, die sich aus ihren geschäftlichen Aktivitäten im In- und Ausland ergeben. Das Gericht wies die Klage aus verfahrensrechtlichen Gründen ab.

Unterdessen warteten zivilgesellschaftliche Gruppen aus Kenia, Uganda und Tansania bereits das dritte Jahr auf eine Entscheidung des Ostafrikanischen Gerichtshofs über die von ihnen eingereichte Klage, mit der eine einstweilige Verfügung zur Verhinderung der Pipeline erreicht werden sollte. Am 5. April 2023 entschied der Gerichtshof, die Urteilsverkündung auszusetzen, nachdem er u. a. vom Generalsekretär der Ostafrikanischen Gemeinschaft sowie von den Regierungen Tansanias und Ugandas Einwände angehört hatte, denen zufolge die Angelegenheit nicht in die Zuständigkeit des Gerichts falle (siehe Länderkapitel Tansania). Am 29. November wies der Gerichtshof die Klage als verjährt ab und argumentierte, dass das Verfahren im Jahr 2017 und nicht erst 2020 hätte angestrengt werden sollen. Die klageführenden zivilgesellschaftlichen Gruppen legten am 11. Dezember 2023 Rechtsmittel gegen die Entscheidung ein.

Rechtswidrige Zwangsräumungen

Am Abend des 10. Februar 2023 wurden fast 500 Familien in den Dörfern Waaki North, Kapapi Central, Waaki South, Runga und Kiryatete in den Unterbezirken Kapapi und Kiganja (Distrikt Hoima) von Sicherheitskräften rechtswidrig von ihren Grundstücken vertrieben, um den Bau von EACOP zu ermöglichen. Die Sicherheitskräfte brannten Häuser nieder, griffen Menschen an und plünderten ihr Eigentum, darunter Vieh und Erntegut. Zum Jahresende waren elf Dorfbewohner*innen, die sich gegen die Zwangsräumungen gewehrt hatten, festgenommen und wegen diverser Straftaten wie Diebstahl, Androhung von Gewalt und böswilliger Sachbeschädigung vor Gericht angeklagt worden. Darüber hinaus wurden mindestens sieben Aktivist*innen, die gegen den Bau der Pipeline protestiert hatten, festgenommen und später wieder freigelassen. Einige von ihnen verbrachten mehrere Monate in Haft.

Die Behörde Uganda Wildlife Authority (UWA) verletzte auch 2023 die Rechte der indigenen Gemeinschaft der Benet am Mount Elgon im Osten Ugandas, indem sie Menschen willkürlich festnahm, Häuser niederbrannte und Haustiere pfändete, die angeblich im Nationalpark von Mount Elgon herumgelaufen waren. Die UWA setzte diese Strategie auch dann noch fort, als bereits Verfahren gegen die Behörde wegen der rechtswidrigen Zwangsräumung der Benet vor dem Hohen Gericht in Mbale liefen. Ende des Jahres waren 29 Angehörige der Benet willkürlich festgenommen und so lange inhaftiert worden, bis sie eine Barkaution oder andere übermäßig hohe Bußgelder für die Freilassung ihrer Tiere gezahlt hatten. Insgesamt waren 190 Kühe und 260 Ziegen gepfändet worden. 

Im Februar 2023 setzte der Präsident eine von der Premierministerin angeordnete Räumungsmaßnahme aus, nach der alle Bewohner*innen des Dorfes Apaa (Distrikt Amuru) im Norden Ugandas das Gebiet bis zum 16. Mai verlassen sollten. Er begründete die Aussetzung mit dem noch laufenden Einsetzungs- und Genehmigungsprozess für den juristischen Untersuchungsausschuss, der die Regierung bei Entscheidungen zu Landkonflikten in Apaa beraten soll. Die Apaa-Region ist schon seit Jahrzehnten Schauplatz von Gebietsstreitigkeiten.

Rechte von Flüchtlingen und Migrant*innen

Uganda beherbergte Ende 2023 mit 1.615.162 Flüchtlingen und Asylsuchenden nach wie vor die größte Flüchtlingspopulation in Afrika. Mehr als 130.000 von ihnen kamen 2023 ins Land, die meisten aus der Demokratischen Republik Kongo und dem Südsudan, andere aus Somalia, Ruanda und Burundi. 

Die Flüchtlingshilfe des UNHCR war 2023 nach eigenen Angaben stark unterfinanziert – von den benötigten 343,4 Mio. US-Dollar (etwa 318,6 Mio. Euro) wurden weniger als 30 Prozent bereitgestellt. Im Jahr 2022 waren zumindest noch 45 Prozent des Finanzierungsbedarfs gedeckt.

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